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Der Druck steigt in Chinas Immobilienmarkt

Von Marc-Stephan Arnold  ·   2016-11-08  ·  Quelle:Beijing Rundschau
Stichwörter: Immobilien;Immobilienmarkt;Entwicklung
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Die Preise für Immobilien steigen derzeit in vielen chinesischen Städten unaufhörlich. Die Zentralregierung versucht, dieser Entwicklung mit verschiedenen Regulationsmechanismen entgegenzuwirken. Doch die wohlhabenden Stadtbewohner kaufen immer weiter. 

Eine Wohnung gehört für Chinesen einfach zum Lebensentwurf dazu. Die eigenen vier Wände sind für die meisten einfachen Bürger des Reichs der Mitte das Investitionsziel Nummer eins,denn Immobilien gelten gemeinhin als die sicherste und wertstabilste Investition. 

Wer heiratet, der will auch eine eigene Wohnung haben – und das am besten sofort. Potenzielle Ehemänner beispielsweise werden oft auch nach dem Kriterium ausgesucht, ob sie schon eine eigene Wohnung haben. Und wenn das nicht geht, dann kaufen eben die Eltern dem Sohnemann eine Wohnung. Doch in den chinesischen Metropolen wie Beijing, Shanghai und Shenzhen – aber auch in vielen Großstädten auf Provinzebene – wird diese Voraussetzung für immer mehr Chinesen zu einem unerreichbaren Ziel. Die Immobilienpreise sind einfach zu hoch. 

Während die eigene Wohnung für „Normalsterbliche" zunehmend zum unerreichbaren Ziel wird, kaufen reiche Chinesen immer mehr Immobilien, da sie auf weiter steigende Preise spekulieren.Wieder einmal sind die Träume der einfachen Leute zu den Spekulationsobjekten der Reichen geworden. Die von letzteren immer weiter genährte Spekulationsblase ist jetzt an einem Punkt angelangt, an dem sie sowohl die chinesische Wirtschaft als auch den sozialen Frieden bedrohen könnte. Das ist der Grund, warum die Zentralregierung nun eingreifen und den Immobilienmarkt stärker regulieren will. Denn aufgrund der immer weiter steigenden Preise müssen chinesische Familien immer größere Kredite aufnehmen, um ihren Traum vom Eigenheim doch noch verwirklichen zu können. 

Dies hat bereits zu einer für das ganze Land unvorteilhaften Kreditstruktur geführt. 

Auswirkungen auf die Kreditstruktur 

Chinas Banken haben laut offiziellen Statistiken der Chinesischen Zentralbank (CZB) im laufenden Jahr bis Ende September Kredite in Höhe von 25,3 Billionen Yuan (3,4 Bio. Euro) an den Immobiliensektor vergeben. Das waren 25,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei flossen mehr als 7 Billionen Yuan (950 Mrd. Euro) an Immobilien- und Bauunternehmen, die damit neue Immobilienprojekte finanzierten – ein Plus von 7,6 Prozent gegenüber 2015. Über 17,9 Billionen Yuan (2,4 Bio. Euro) wurden an Privatpersonen vergeben, die damit Wohnungen kauften. Das waren satte 33,4 Prozent mehr als im Vorjahr. 

Laut dem Bericht der CZB steht der Immobilienmarkt derzeit für etwa 8 Prozent des gesamten chinesischen Wirtschaftswachstums. Er ist also nach wie vor einer der wichtigsten Motoren der Wirtschaft des Landes, und die Regierung muss immer aufpassen, dass sie ihn nicht abwürgt. Doch die unvorteilhafte Kreditstruktur und die massiv steigenden Wohnungspreise machen ein Eingreifen notwendig. 

Die Gegenmaßnahmen der Regierung 

Einerseits gibt es also in vielen großen chinesischen Städten so viele leerstehende Wohnungen, dass es mehrere Jahre der Urbanisierung brauchen würde, um sie alle zu füllen. Dennoch werden immer mehr Kredite aufgenommen und immer mehr neue Wohnungen gebaut. Auf diese Art und Weise sind in den Vororten der großen Metropolen Chinas schon ganze Geisterstädte entstanden: tausende moderne Neubauwohnungen, in denen so gut wie niemand wohnt. Andererseits aber sind die Preise so extrem hoch, dass viele junge Chinesen sich keine Wohnung mehr leisten können – wie kann das sein? 

Man könnte sagen, dass die in China im Allgemeinen sowieso schon sehr hohe Nachfrage nach Immobilien durch die Spekulation und Gier vieler Investoren zusätzlich beflügelt wird.Wohnungen sind zu reinen Spekulationsobjekten geworden, und die wohlhabenderen Chinesen kaufen, was der Safe hergibt. Und wenn der Safe nichts mehr hergibt, dann werden eben Kredite aufgenommen. Und wenn die Bank keinen Kredit mehr gibt, dann wendet man sich eben an eine „Schattenbank" oder den lokalen Kredithai. Auf dem Bankkonto möchte niemand sein Geld liegenlassen, denn die Zinsen sind niedrig. Man befürchtet, dass das Ersparte langsam von der Inflation aufgefressen würde. Eine Wohnung hingegen gilt zumindest in den größeren chinesischen Städten als ein Investitionsobjekt, dessen Wert niemals fallen kann. Chinesische Freunde erklärten mir dies so: „Immer mehr Leute ziehen vom Land in die Städte, und jeder, der in einer Stadt eine Wohnung hat, möchte bald in eine bessere Wohnung ziehen. Spätestens wenn das erste Kind da ist, wollen sie eine größere Wohnung in besserer Lage, am besten in der Nähe eines guten Kindergartens oder einer guten Schule. Deshalb wird die Nachfrage nach guten Wohnungen in Beijing, Shanghai und vielen anderen Großstädten niemals sinken, sondern immer weiter wachsen. Und selbst die schlechteren Wohnungen werden immer gebraucht – irgendwo müssen die neu Zugezogenen ja anfangen. Eine Wohnung zu kaufen ist in China die beste Geldanlage, die es gibt." Auch wenn man sich der Logik einer solchen Erklärung zunächst kaum entziehen kann, sollte doch diese Einstellung á la „die Preise werden niemals aufhören zu steigen" bei allen Investoren die Alarmglocken schrillen lassen! Wie oft schon hat genau diese Einstellung zu riesigen Crashs auf den weltweiten Märkten geführt. Auch dieses Mal könnte aufgrund des extrem heißgelaufenen Immobilienmarkts nun die Wirtschaft und sogar der soziale Frieden gleichermaßen bedroht werden, weswegen die chinesische Zentralregierung unter anderem die folgenden Gegenmaßnahmen eingeleitet hat: 

1) Erhöhung der Mindestanzahlung 

Wer in den größeren Städten eine Wohnung kauft, der muss inzwischen eine Anzahlung von etwa 35 Prozent leisten – eigenes Kapital, versteht sich. Die restlichen 65 Prozent kann man über einen Kredit der Bank zahlen. Will man eine zweite Wohnung kaufen, werden sogar 70 Prozent Anzahlung fällig. Die restlichen 30 Prozent dürfen von der Bank kommen. 

2) Einschränkung der Landvergabe 

Die Provinz- und Lokalregierungen wurden angehalten, weniger Land für große Immobilienprojekte bereitzustellen.         

3) Einschränkung der Kreditvergabe 

Die Banken wurden von der Regierung aufgefordert, weniger Kredite für Immobilienkäufer zur Verfügung zu stellen. 

4) Nur zwei Wohnungen pro Ehepaar 

Für diese Restriktion haben viele chinesische Paare schon eine „kreative" Lösung gefunden – sie ließen sich einfach scheiden! Denn das Zusammenleben in einer wilden Ehe ermöglicht es ihnen, bis zu vier Wohnungen zu kaufen. Als Reaktion darauf hat die Regierung wiederum eine Frist von sechs Monaten eingeführt, in der geschiedene Paare keine Wohnung kaufen dürfen. Die Idee dahinter: schon in sechs Monaten steigen die Preise auf dem chinesischen Immobilienmarkt so stark, dass es sich für die meisten Paare nicht mehr lohnt, sich scheiden zu lassen, weil sie sich die Wohnungspreise sechs Monate später schon nicht mehr leisten können. Leider leihen gerade solche Paare sich dann häufig Geld von anderen, privaten Quellen. 

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