Mit deutscher Besserwisserei ins Unglück 

Wie gut jemand den Kulturschock absorbiert, hängt allerdings auch von individuellen Charakterzügen ab. "Wer auf „typisch deutsche" Eigenschaften wie Klarheit, Direktheit, Zeiteffizienz und Lösungsorientierung fixiert ist, wird große Probleme in Asien haben. Wenn zusätzlich die Überzeugung mitschwingt, dass man „denen nur die effektivste Methodik" beibringen müsse, wird man schon südlich der Alpen scheitern, geschweige denn in Asien", resümiert die Psychologin. Auch wer sich vom Ausland die Lösung all seiner Lebensprobleme erwartet, nach dem Motto: „Ich fange in Asien ein ganz neues Leben an", wird meist enttäuscht. 

Wer dagegen mit Neugier und Offenheit, nicht zu verwechseln mit Naivität, Humor und Selbstironie ausgestattet ist, kommt ihrer Erfahrung nach am besten klar. Geduld und eine hohe Frustrationstoleranz sind ebenfalls unabdingbar. „Wenn dann noch eine Art Urvertrauen in die Welt und die Menschen hinzutritt, idealerweise gepaart mit einem gesunden Selbstvertrauen, dann kann Asien viel Freude machen", meint Schwarze. 

Wichtig sei es, ein persönlich stimmiges Maß der Anpassung an die fremde Kultur zu finden. „Jeder Westler in Asien muss sich anpassen – denn er wird Asien nicht ändern. Aber die Dosis muss stimmen, denn Selbstverleugnung bringt wenig", weiß sie. 

Erfolgreiche Therapie per Skype? 

Wem das allein nicht gelingt und wer merkt, dass „Frust" den Alltag dominiert, der sollte eine professionelle Beratung erwägen. Wie das bei ihr abläuft, beschreibt Ursula Schwarze so: „Jede Online-Therapie oder psychologische Beratung beginnt mit einem kostenlosen Vorgespräch. Klient und Therapeutin lernen einander kennen, besprechen das Problem und mögliche Lösungsansätze. Fall der Klient sich für eine Arbeit mit mir entscheidet, vereinbaren wir einstündige Skype-Sitzungen, üblicherweise eine pro Woche." 

Schwarze führte schon 1999 eine Studie zum Thema Psychotherapie per Videokonferenz durch. Auch wenn  sich eine Sitzung per Skype von einer Therapiestunde in ihrer Berliner Praxis unterscheidet, ist sie aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung davon überzeugt, dass eine Online-Beratung genauso effektiv sein kann wie eine „klassische" Behandlung von Angesicht zu Angesicht. 

Aufgrund des geringen Angebots an westlich ausgerichteter Therapie in Asien ist die Online-Variante darüber hinaus oft die einzige praktikable Lösung. Sie bietet jedoch auch ganz eigene Vorteile: Klienten können in ihrer Muttersprache kommunizieren. „Viele empfinden es als zusätzlichen Vorteil, dass sie Skype-Sitzungen in ihrer gewohnten, privaten Umgebung und völlig diskret durchführen können", ergänzt Schwarze. 

In ihrer Arbeit folgt sie keinem festgelegten Rezept, es geht ihr um individuelle Gespräche mit ständigem Feedback. „Ich erlebe, wie sich mein Klient entwickelt, und er spricht mit mir über seine Fortschritte. Nach einiger Zeit mit wöchentlichen Sitzungen fährt der Klient die Frequenz herunter, und irgendwann nehmen wir in einer letzten Sitzung Abschied", berichtet sie. 

Es gibt jedoch Fälle, in denen diese therapeutische Beratung nicht ausreicht. Bei schweren psychischen Erkrankungen ohne die notwendige Unterstützung rät sie zur Rückkehr. „Auch wenn jemand sich zu verloren und hilflos fühlt, ist es hilfreicher, in die Heimat zurückzukehren, um die eigene Sicherheit wieder zu gewinnen und in Ruhe überlegen zu, wie es weitergehen kann", empfiehlt sie. 

"If I can make it there, I'll make it anywhere " 

Doch die meisten Expats sind ihrer Erfahrung nach trotz aller Probleme nach wie vor von Asien und China fasziniert. Auch wenn sie das Leben in der Fremde fordert und nervt, so wissen sie zu schätzen, wie sehr sich ihr Horizont dadurch erweitert. Viele haben auch das Gefühl, sich an der Speerspitze von Fortschritt und Zukunft zu befinden. „Fast alle meine Klienten in China sagen mir: „Ich bin zur richtigen Zeit am richtigen Platz – und nirgendwo in der Welt ist es spannender als in China." Und viele zitieren Frank Sinatra: „If I can make it there, I'll make it anywhere", sagt Schwarze. 

(Das Gespräch führte Maike Schulte) 

Info: www.screentherapy.com