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Kleiner Ort mit großer Bedeutung – Chinas Toilettenrevolution zeigt Wirkung

Von Verena Menzel  ·   2018-11-20  ·  Quelle:China Heute
Stichwörter: Toilettenrevolution;China
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Es soll mehr „menscheln“ 

Seit Beginn der landesweiten Toilettenrevolution wurden allein im Kreis Zhengding 625 Waschräume neu errichtet bzw. komplett renoviert. Besucher können nicht nur die öffentlichen WCs an den verschiedenen Sehenswürdigkeiten im Kreis kostenlos nutzen, auch die Toiletten von Behörden und staatlichen Institutionen stehen Passanten offen. So ist es gelungen, dass es selbst an Wochenenden und Feiertagen, wenn sich manchmal bis zu 100.000 Touristen in Zhengding tummeln, keine Warteschlangen am stillen Örtchen gibt. 

Doch der Kreis sticht nicht nur durch seine hohe WC-Abdeckungsdichte hervor. „Uns war es wichtig, Toiletten als Serviceeinrichtungen noch besser an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen, sie menschlicher zu machen “, erklärt Zhu Zhihui, stellvertretender Leiter des Kultur- und Tourismusamtes des Kreises. 

Ein Schlüssel hierfür liegt auch im effizienteren Management der Anlagen, wozu unter anderem feste Zuständigkeiten zählen. Die Reinigungskräfte haben gezielte Schulungen durchlaufen, um Besuchern einen noch besseren Service zu bieten. Es gibt feste Reinigungspläne, die sicherstellen, dass auch zu Stoßzeiten weder Papier noch Seife ausgehen. 

Für alles gesorgt: In dieser Toilette gibt es eine kostenlose Handy-Ladestation neben der Sitzecke im Foyer. 

Zudem macht sich Zhengding auch die Errungenschaften des Internetzeitalters zu nutze. Alle öffentlichen Waschräume sind über die Navigations-App Baidu Maps, Chinas Pendant zu Google Maps, auffindbar und können von daher per GPS zielsicher angesteuert werden. 

Ein besonderes Kernstück, das mehr Benutzerfreundlichkeit bringen soll, formt die standardmäßige Einrichtung von Unisex-Toiletten bzw. „Begleittoiletten“. Während es andernorts höchstens Behindertentoiletten gibt, hat die Kreisverwaltung Zhengding in allen öffentlichen Waschräumen einen speziellen Raum eingerichtet, der all denjenigen offen steht, die ihre Geschäfte nicht alleine verrichten können und von Angehörigen begleitet werden müssen.

„Diese Toilettenräume sind zum Beispiel für Erwachsene mit Kleinkindern oder Senioren gedacht, denen Familienmitglieder beim Toilettengang helfen“, erklärt Zhu Zhihui. So stehe man als Vater beispielsweise nicht mehr vor der peinlichen Entscheidung, die Tochter entweder auf die Herrentoilette mitzunehmen oder selbst die Damentoilette betreten zu müssen. 

Teil einer Gesamtoffensive 

Bei den Besuchern jedenfalls scheinen die Verbesserungen am stillen Örtchen anzukommen, wie uns Reiseführer Zhang Yongbo, der die Aufwertung der Anlagen über die Jahre mitverfolgt hat, bestätigt. „Wir haben auch viele ausländische Besucher hier, vor allem aus Südkorea und Japan. Insgesamt bekommen wir viel positives Feedback bezüglich des Zustands der sanitären Anlagen“, sagt er. 

Dass es dem Kreis innerhalb nur weniger Jahre gelungen ist, seine sanitären Anlagen derart gut auf Vordermann zu bringen, hängt sicherlich auch damit zusammen, dass die Aktion in ein cleveres Gesamtkonzept eingegliedert wurde.

„Denn wenn sich etwas ändern soll, müssen erst einmal die nötigen Strukturen geschaffen werden“, sagt Tian Defeng, der Leiter der Abteilung für Medienberichterstattung des Amtes für Außenkommunikation des Provinzparteikomitees von Hebei. 

Die Verantwortlichen im Kreis haben sich dafür entschieden, Herausforderungen in unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Raumes parallel anzupacken. So stellte die Stadt beispielsweise kostenlose Parkplätze im gesamten Kreis zur Verfügung, um die Parksituation am Straßenrand zu entschärfen und mehr Ordnung in das Straßenbild zu bringen.

 

Wie geleckt: In den vergangenen Jahren wurde die Belegschaft der Stadtreinigung weiter aufgestockt, um das Stadtbild sauberer zu machen. 

Außerdem stockte sie die Belegschaft der Stadtreinigung auf und führte Bußgelder für Vergehen in Sachen wilder Müllentsorgung ein. Bei unserem Besuch wirken die Straßen und  Parkanlagen wie geleckt, immer wieder sind Fahrzeuge der Straßenreinigung zu sehen. 

Tian sagt: „Wichtig ist, einen Anfang zu machen und zu Beginn energisch durchzugreifen. Es ist ein Lernprozess, das Verhalten im öffentlichen Raum zu verbessern. Letztlich gilt: Je sauberer zum Beispiel die Straßen sind, desto höher ist die Hemmschwelle, Zigarettenstummel oder anderen Abfall einfach achtlos wegzuwerfen.“

Die Toilettenrevolution trägt jedenfalls bereits landesweite Früchte. Ende Oktober vergangenen Jahres zog die Regierung eine erste Dreijahresbilanz. Demnach wurden zwischen 2015 und 2017 landesweit 70.000 Toiletten neu errichtet bzw. umfassend saniert, 22,8 Prozent mehr als ursprünglich vorgesehen.

Nun soll das Aktionsprogramm von wichtigen Touristenorten schrittweise auf den Rest des Landes ausgeweitet und zunehmend von den Städten aufs Land getragen werden. Die nationale Tourismusbehörde hat angekündigt, bis 2020 mindestens 64.000 weitere Toiletten aufzuwerten. 

Toilettenwarnungen in deutschen Reiseführern könnten damit in Zukunft der Vergangenheit angehören. Meine persönlichen Warnungen an Besucher jedenfalls gehören es schon heute. Denn es hat sich tatsächlich viel getan in den vergangenen Jahren, was die Aufwertung des stillen Örtchens in China angeht. Vielleicht gibt es ja stattdessen bald einen Reiseführer der sehenswertesten und kuriosesten Klohäuser im Reich der Mitte, man darf gespannt sein. 

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