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Amerikanischer Physiker widmet sein Leben der Erforschung der chinesischen Schrift |
Von Li Qing · 2021-05-07 · Quelle:Beijing Rundschau |
Stichwörter: Schriftzeichen;Kultur;China | Druck |
Richard Sears wuchs in einer kleinen Stadt im US-Bundesstaat Oregon auf, in der die meisten Menschen aus Europa stammten. 1972 kaufte er ein One-Way-Ticket und flog ins ferne Taiwan, um Chinesisch zu lernen, obwohl er zu dieser Zeit nichts über das Land und dessen Kultur wusste.
„Nachdem mir aufgefallen war, dass nur sieben Prozent der Weltbevölkerung Englisch, aber zwanzig Prozent Chinesisch sprechen, habe ich beschlossen, die chinesische Sprache zu erlernen“, sagt der 70-Jährige, der jetzt in Nanjing in der ostchinesischen Provinz Jiangsu lebt.
Dies war der Beginn von Sears Geschichte, Chinesisch zu lernen und sich mit China zu verbinden. Fast fünf Jahrzehnte nach seinem ersten Abenteuer hat sich der ehemalige Physiker und Computeringenieur aus dem Silicon Valley zu einer Internet-Berühmtheit entwickelt, der es eine Herzensangelegenheit ist, die chinesische Kultur zu fördern.
Wandel verfolgen
Sears betrachtet die chinesische Schrift als ein Wunder in der Geschichte der Menschheit, da sie die einzige alte Schrift sei, die noch auf der Welt verwendet werde. Mit 22 Jahren begann er Chinesisch zu lernen und machte beträchtliche Fortschritte beim Lesen und Sprechen, konnte aber erst im Alter von vierzig Jahren Chinesisch schreiben.
Als er anfing, die chinesischen Schriftzeichen zu lernen, die auf Chinesisch Hànzì genannt werden, schien es ihm besonders schwierig, sich an deren komplizierte Struktur zu erinnern. Er konnte keine Beziehung zwischen ihrer Gestalt und ihrer Bedeutung entdecken.
Richard Sears am 23. April in Nanjing bei einer Kalligraphie-Übung (Foto: Yin Kang)
Sears verfolgt die Entwicklung vom ursprünglichen Piktogramm zu den heutigen modernen vereinfachten Schriftzeichen und ist fasziniert von den Geschichten hinter jedem Zeichen. Wenn man sie vergleiche, erhielte man Hinweise darauf, woher sie stammten, sagt er.
Ein Geschenk an China
1994 hatte Sears einen schweren Herzinfarkt, der ihn dazu zwang, darüber nachzudenken, wie er den Rest seines Lebens verbringen sollte. Vor diesem Hintergrund begann er, eine Datenbank über Orakelknocheninschriften und andere Stile alter chinesischer Schriftzeichen zu programmieren und aufzubauen. Er verbrachte sieben Jahre, um die Zeichen in alten chinesischen Büchern zu scannen, und startete 2002 schließlich auf der Grundlage dieser Datenbank seine Website Chinese Etymology (hanziyuan.net). Es handelt sich dabei um eine kostenfreie Website in englischer Sprache, die einen Einblick in die Ursprünge der chinesischen Schrift bietet, und die Aussprache gängiger Wörter im Standardchinesischen und Kantonesischen offeriert.
Nachdem ein Blogger die Website auf der chinesischen Social-Media-Plattform Weibo empfohlen hatte, stieg die Zahl der Besucher im Jahr 2011 auf 600.000 pro Tag. Sears wird wegen seiner Arbeit von den Chinesen liebevoll „Onkel Hànzì“ genannt und ist über Nacht in China zu einer Internet-Berühmtheit geworden. Bislang wird die Website kontinuierlich aktualisiert. Sears finanziert die Website selbst, abgesehen von einigen Spenden.
Um Kindern beim Lernen Spaß zu vermitteln, arbeitet er neuerdings mit Shiwangme.com, einem in Nanjing ansässigen Unternehmen, das sich auf „erweiterte Realität“ (augmented reality, AR) spezialisiert hat, zusammen, um ein Paket mit 108 Karten herauszubringen, die Animation mit AR kombinieren und damit in sehr lebendiger Weise den Wandel eines chinesischen Schriftzeichens von Orakelknocheninschriften zum vereinfachten Zeichen vor Augen führen.
Darüber hinaus fördert er auch die chinesische Schriftkultur, indem er Videos auf Bilibili, einer bei jungen Internetnutzern beliebten Video-Sharing-Plattform, produziert. Seit Oktober letzten Jahres hat er 29 Videos hochgeladen, die sein Alltagsleben und seine Schriftzeicheninterpretation demonstrieren. Die Videos haben ihm über 120.000 Abonnenten eingetragen, und das beliebteste seiner Videos wurde fast 2,4 Millionen Mal angesehen.
Ständiges Zuhause
Früher musste Sears jedes Mal zwischen China und den USA hin und her reisen, wenn sein Touristenvisum abgelaufen war. Er wollte aber länger in China bleiben, um mehr über die chinesischen Schriftzeichen zu erfahren. Am 23. Dezember 2020 erhielt der Mann, der fast fünfzig Jahre lang Chinesisch lernte, ein besonderes Weihnachtsgeschenk - eine Aufenthaltserlaubnis für China.
Richard Sears mit einem seiner Hunde in Nanjing (Foto: Yin Kang)
Er war überglücklich, weil er dachte, dass es „schwierig ist, für Leute wie mich, die über sechzig Jahre alt sind und keinen Doktortitel haben, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen“. Jetzt kann er die gleichen Möglichkeiten wie die Chinesen bei der Ein- und Ausreise genießen.
„Nanjing ist ein sehr schöner Ort zum Leben“, sagt er. „Wir haben hier eine sehr schöne Gegend mit Gärten und Parks, wo ich viele Dinge tun kann, zum Beispiel mit meinen Hunden spazierengehen“, so Sears.
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