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China-Träume des am längsten in China lebenden Deutschen

Von Zeng Wenhui  ·   2015-09-14  ·  Quelle:Beijing Rundschau
Stichwörter: China-Träume
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Bald gab Kräuter beim Suhrkamp Verlag, ein Buch heraus mit einer Übersetzung von „Das Teehaus" sowie Erläuterungen zum Volkskunsttheater und Portraits von Schauspielern und Regisseuren. Gleichzeitig nahm er Verbindung auf zum Mannheimer Nationaltheater. Als Chinas Ministerpräsident Hua Guofeng Deutschland besuchte, wurde das von Kräuter initiierte Projekt „Teehaus", mit dem Mannheimer Nationaltheater als Partner, in das Kulturaustauschprogramm zwischen Deutschland und China aufgenommen. 1980 war es soweit: Das chinesische Drama mit rund siebzig Mitwirkenden wurde in vierzehn deutschen Städten aufgeführt – wobei Kräuter Abend für Abend für die Zuschauer und über Kopfhörer als deutscher Simultansprecher für alle Rollen fungierte. Die Schauspieler spielten, so Kräuter, „auf der deutschen Bühne trunken wie zuhause", die Aufführungen waren durchgehend erfolgreich, die Karten ausverkauft, Publikum wie Medien waren geradezu begeistert, denn: Auf einmal erschien das ferne, unbekannte China als ob ganz nah! 

Für Kräuter übrigens war es nach sechs Jahren Chinaaufenthalt der erste Deutschlandbesuch: Seine Haftstrafe war wenige Monate vor Beginn der Tournee vom Gericht für verjährt erklärt worden. 

Als Antwort auf die Tournee strengten sich Kräuter und das Mannheimer Nationaltheater an, das Drama „Der Bockerer" von Ulrich Becher und Peter Preses nach China zu bringen, die Geschichte eines einfachen Fleischhauers in Wien zur Zeit des deutschen Faschismus. Das Auswärtige Amt in Bonn und das Goethe-Institut waren gegen das Vorhaben, denn: „Der Bockerer" sei „nicht exportfähig". Wahrheit war, man wollte kein Stück präsentieren, das den deutschen Faschismus zum Inhalt hatte, und schlug stattdessen deutsche Klassiker vor. Aber das Nationaltheater und, nach Übersetzung, auch das Volkskunsttheater wollten unbedingt den „Bockerer". Es gebe klare äußerlichen Parallelen zwischen der Kulturevolution und Erscheinungen im deutschen Faschismus, und das sei für das chinesische Publikum zweifellos bedeutungsvoll, sagten die Chinesen. Die deutschen Klassiker seien großartig, man kenne sie, ein Stücke wie Der Bockerer" aber kenne man nicht.   

Schließlich kam „Der Bockerer" gegen allen Widerstand nach China – und wurde in Beijing und Shanghai mit grandiosem Erfolg aufgeführt! Das Publikum ging bei den Vorstellungen in einer Weise mit, dass Kräuter sich an die berühmte Beschreibung von der Uraufführung von Schillers „Räuber" in Mannheim erinnert fühlte! Es gab Szenen und Formulierungen auf der Bühne, die in den Zuschauerreihen Jubelschreie, laute Zustimmung, begeistertes Lachen hervorriefen und die die Menschen wahrhaft aus den Sitzen rissen, sie immer wieder zu spontanem Beifall veranlassten. Auf Drängen der Zuschauer wurde „Der Bockerer" mehrfach landesweit im Fernsehen übertragen – und fand am Ende auf diese Weise in China mehr Zuschauer als ganz Westdeutschland Einwohner hatte! Von offizieller chinesischer Seite wurde Kräuter bestätigt, der Auftritt des Nationaltheaters gerade mit diesem Stücke sei „nicht nur ein künstlerischer, sondern auch ein politischer Erfolg für Deutschland". Deutschland habe „ein ganz ungewöhnliches antifaschistisches Stücke aufgeführt, und der politische Erfolg für Deutschland ist vielleicht noch wichtiger als der künstlerische". 

Arbeit in Film und Fernsehen 

 

Kräuter bei der Produktion der Serie "Wüstenkinder" in der Wüste Taklamakan im Nordwesten Chinas (Foto von Uwe Kräuter)
 
Nach 1984 konnte Kräuters Vertrag mit dem Verlag nicht mehr verlängert werden. Überdies hatte er nach jahrelangem Umgang mit Presseartikeln, Interviews und Literatur länger schon die Absicht, sich in Zukunft weniger auf Texte, sondern auf Bilder zu konzentrieren, nämlich auf Film und Fernsehen. Zuerst, seine Idee, würde er einen Film machen wollen über seine Freunde, die chinesischen Künstler.

Es war Ende 1983, als er die Filmschauspielerin Shen Danping kennenlernte. Privates Kennenlernen zwischen Ausländern und Chinesen galt als höchst suspekt, als verboten, zumal das Kennenlernen, das in eine Liebesbeziehung münden könnte, und besonders problematisch, eigentlich unvorstellbar, wenn es sich um die Bekanntschaft zwischen einem ausländischen Mann und einer namhaften chinesischen Schauspielerin handelt. Also trafen sich die beiden, sich des Risikos schlimmer Strafe bewusst, nur insgeheim, manchmal geschützt durch die gleichzeitige Anwesenheit von besten Freunden, die in einer Ecke des Zimmers saßen, während die beiden Liebenden in einer anderen Ecke stundenlang miteinander flüsterten. Oder sie verabredeten sich auch zum Spaziergang auf dem Boulevard des Langen Friedens – und gingen dort wirklich gemeinsam spazieren, allerdings immer im Abstand von zehn Metern. Furchtlos in einer Weise, wie es nur innige Ehrlichkeit und die Echtheit der Gefühle hervorbringt, schworen sie sich, sie würden sich nicht trennen lassen, was auch geschehen würde. Die Berechtigung dazu schöpften sie aus dem hohen Recht der Liebe. 

 

 
 
Im Dezember 1983 verliebte sich Kräuter in die Filmschauspielerin Shen Danping. Zu der Zeit war eine Liebesbeziehung zwischen Chinesen und Ausländern strengstens verboten (Foto von Uwe Kräuter)
 

Die Geschichte von Uwe Kräuter und Shen Danping ist eine von Poesie und Romantik – ebenso vom Kampf in eine neue Zeit. Als sie die Heirat beantragten, die schließlich am 21. Juli 1984 genehmigt wurde, setzten allseits Gerüchte und Fragen ein. Denn es war das erste Mal, dass eine chinesische Berühmtheit einen Ausländer heiratete. Viele Jahre später sagte eine chinesische Journalistin zu Kräuter, und ihre Sätze mögen Einblick geben in die komplexe Gedankenwelt der damaligen Gesellschaft: „Wir kannten dich nicht, wir wussten nur von dir, und wir glaubten, du musst ein Prinz sein. Das ganze Land starrte auf euch. Unsere Gefühle angesichts dieses Ereignisses waren kompliziert... einerseits... irgendwie erfrischend... aber tiefer im Innern, und wenn wir unter uns Freunden darüber sprachen, war da auch eine Art von Angst... Wir waren verunsichert und wussten nicht, was solch ein Ereignis für die Zukunft bedeuten würde."

Mit der überraschenden finanziellen Investition von Bauern aus dem Kreis Luancheng, unweit der Stadt Shijiazhuang, die Geld angehäuft hatten und in der nun beginnenden Zeit nicht nur Landwirtschaft, sondern gleichzeitig Filmproduktion betreiben wollten, gelang es Kräuter, in Kooperation mit dem Youth Film Studio von der Beijing Film Academy, seinen ersten Film zu produzieren. Es war eine in der Gesellschaft wahrhaft beispiellose Kooperation: der Ausländer, die Bauern, das Filmstudio. Der Film präsentierte Kräuters Künstlerfreunde. Also bekam der Film den Titel „Meine Pekinger Künstlerfreunde". Darauf folgte der Schock: Das Kulturministerium erklärte, der Film werde nicht für den Vertrieb zugelassen, denn die verantwortliche Firma habe überhaupt nicht das Recht zur Filmproduktion! 

 

1986, bei der Herstellung von Kräuters erstem Film, der Kinoproduktion "Meine Pekinger Künstlerfreunde", in dem er seine außergewöhnlichen, zum Teil legendären chinesischen Freunde vorstellte (Foto von Uwe Kräuter)
 
Die Bauern waren klug, sie gaben nicht einfach auf. Sie stellten Kontakt her zu dem von Chinas Bauern sehr geschätzten Vize-Ministerpräsidenten Wan Li (1988-1993 Vorsitzender des Nationalen Volkskongresses). Er war bereit, sich den Film am chinesischen Regierungssitz Zhongnanhai persönlich anzusehen. Es war ein spannendes Ereignis. Am Ende der Vorführung applaudierte Li. Er sagte zwei Sätze. Der erste, trocken: „Der Film weist kein Problem auf." Dann der zweite, wobei Wan Li lebhaft nickte und lächelte: „Euer Film ist mit dem Herzen gemacht." Bald darauf wurde der Film vom Kulturministerium für den Vertrieb freigegeben und in ganz China gezeigt.

Das war der Beginn von Kräuters Filmarbeit. Seither produziert er Filme vor allem für das deutsche Fernsehen, Dokumentarfilme, fiktionale Miniserien, ebenso auch Mischformen aus Dokumentation und Fiktion. Kräuter führt das Joint Venture Unternehmen „Asia World Network Ltd", das zuständig ist für Consulting, Kulturvermittlung und vielseitige Filmarbeit. Als Repräsentant von deutschen Fernsehanstalten und Filmstudios hat Kräuter zahlreiche TV-Serien sowie Kinofilme in China in den Vertrieb gebracht. Das ZDF ist Kräuter bis heute dankbar, dass die bekannteste deutsche Serie „Derrick" landesweit im chinesischen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Die Chinesen liebten die Serie – und sahen alle zwei Tage nicht nur eine, sondern gleich zwei Episoden hintereinander im Programm! „Keiner, der nicht 'Derrick' sehen wollte," sagt Kräuter, „denn am nächsten Vormittag waren die Episoden vom Abend zuvor das vorrangige Gesprächsthema unter den Arbeitskollegen oder den Kommilitonen!" 

Grenzüberschreitung 

 

Uwe Kräuter im Interview (Foto von Shi Gang)

Wir fragen Kräuter nach seiner Beurteilung des Chinabildes, das man sich in Deutschland und im Westen macht. Für die Menschen, die selber nicht die Reise in das ferne Land machen können, sei es schwer, sagt er, eine Vorstellung zu bekommen. Denn das allseits präsente Chinabild sei maßgeblich geprägt von vorherrschenden politischen, ideologischen Interessen. Westliche Politiker, ebenso die Medien, würden gerne mit großer Kritik an China hervortreten. So sei das nun mal. Kräuter macht deutlich: „Aber die Tatsache, dass das Land in nur zwei Jahrzehnten über vierhundert Millionen Menschen aus der Armut befreit hat, und, weiter, in solch kurzer Zeit ebenso auf die Schaffung einer gewaltigen Mittelschicht von Hunderten Millionen verweisen kann, sollte Grund sein, dem Land gleichzeitig vehement und neidlos Lob auszusprechen."

China habe sich mit einer Rasanz entwickelt, wie kein anderes Land der Welt. Und dies, obwohl sich das Land mit Problemen auseinanderzusetzen habe, wie man es sich im Westen, „zumal im vergleichsweise doch sehr idyllischen Deutschland", gar nicht vorstellen könnte. Das verlange eigentlich Respekt. Doch im Westen sei man gerne überzeugt, so Kräuter, „allein unser europäisch-amerikanisches System sei das einzig richtige System. Solch bequemes, in Wirklichkeit unwissenschaftliches Denken wird in Asien häufig als anmaßende koloniale Haltung belächelt, aus einer Zeit also, die der weiße Mann eigentlich überwunden haben sollte. Wir dürfen ruhig ein wenig mehr Vertrauen in die Chinesen haben. Sie kennen ihr eigenes Land besser als so mancher von uns, der da mit erhobenem Zeigefinger herumstolziert. Ein Aufeinander-Zugehen, weniger Voreingenommenheit, mit der Absicht, sich gegenseitig zu helfen, wäre sicher im allgemeinen Interesse der Erhaltung des Friedens, wie auch im Interesse der Weltwirtschaft – und diente selbstverständlich der Förderung der deutschen Wirtschaft." 

Uwe Kräuters Fazit am Ende unseres langen Gesprächs: „Ich habe keine Minute bereut, dass ich damals nach China gegangen und all die Jahrzehnte geblieben bin, und empfinde es bis heute als besonderes Privileg, die Abläufe und Veränderungen hier mitzuerleben." Er ist fasziniert von seinem, wie er es bezeichnet, „Leben in der Grenzüberschreitung". Solch ein Leben erweise sich als maßlos, es offenbare immer wieder ungeahnte Seiten und stelle für ihn eine immense kulturelle Bereicherung dar. Es gelte nämlich zurechtzukommen mit zwei gesellschaftlichen Verständnisebenen, der von Ost und der von West. Dies beschreibt er in seinem Buch „So ist die Revolution, mein Freund" (Herder Verlag, Freiburg). „Das zu schaffen, die Balance zu finden," sagt Kräuter lachend, „ist nicht ganz leicht, aber es hat was." 

Natürlich brauche er auch immer wieder die Besuche und Gespräche in Deutschland. Manchmal fliegt er alleine, manchmal mit der ganzen Familie. Kräuter und Shen Danping haben zwei Töchter, Wei Dan Elisabeth und Anna Shan Shan, Elisabeth hat Germanistik studiert, spricht mehrere Sprachen und arbeitet im internationalen Hotelmanagement, Anna macht im nächsten Jahr den Schulabschluss, sie malt und macht Musik, ihr mögliches Studienfach ist noch nicht entschieden. 

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