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Die Österreichische Botschafterin im Interview: „Wir haben Interesse, die neuen Möglichkeiten zu nützen" |
Von Edith Stifter · 2015-09-11 · Quelle:Beijing Rundschau |
Stichwörter: Botschaft;Österreich | Druck |
Die Österreichische Botschafterin Irene Giner-Reichl (Bild: Österreichische Botschaft Beijing)
Der österreichische Präsident Heinz Fischer war das einzige westliche Staatsoberhaupt beim Bo'ao Asien Forum. Anlässlich des Staatsbesuches und des Abschlusses eines für Österreich sehr wichtigen Abkommens über den Import von österreichischem Schweinefleisch, bat die Beijing Rundschau die österreichische Botschafterin um ein Interview. Die Fragen wurden am 9. April 2015 beantwortet. Botschafterin Irene Giner-Reichl betont darin das gute Verhältnis zwischen China und Österreich und erklärt, dass Österreich an den Möglichkeiten der neuen Seidenstraße interessiert ist.
Beijing Rundschau: Sie sind nun seit über drei Jahren in Beijing. Was gefällt Ihnen hier am besten?
Irene Giner-Reichl: Die Vielfalt Chinas und die Lebensfreude vieler Frauen und Männer hier.
Wenn Chinesen Deutsch lernen wollen, sind sie in erster Linie auf Angebote aus Deutschland angewiesen. Österreichische Kultur ist in erster Linie durch sehr traditionelle Dinge, wie klassische Musik, Mozart usw. bekannt, wie z.B. der Opernball im Kempinski. Es scheint, dass diese Angebote auf eine eher wohlhabende Zielgruppe abzielen. Wie könnte die österreichische Kultur – durch mehr Formate und Inhalte – auch ganz „normale" Chinesen anziehen?
Für ein mittleres Land wie Österreich ist es eine Herausforderung in China überall präsent zu sein. Um einem großen chinesischen Publikum den Genuss österreichischer Kunst und Kultur zu ermöglichen, betreibt das Österreichische Kulturforum seit Oktober 2014 in Zusammenarbeit mit BAOFENG einen Internetkanal. Auf diesem können Freunde Österreichs in China österreichische Filmfestivals und Informationen über österreichische KünstlerInnen genießen, außerdem stehen Informationen über Österreich im Allgemeinen zur Verfügung. Ich kann Ihnen einen Blick auf http://www.baofeng.com/austria.html empfehlen.
Chinas und Österreichs diplomatische Beziehungen sind vergleichsweise lange etabliert und sehr gut. Chinas Wirtschaftsentwicklung ist in den Zustand der neuen Normalität eingetreten. Wie sehen Sie die neuen Grundlagen für Kooperationen sowie Handels- und Wirtschaftszusammenarbeit in dieser neuen Normalität? Sind Sie zuversichtlich für die Zukunft der chinesischen Wirtschaft?
China ist Österreichs zweitgrößter Absatzmarkt außerhalb Europas, unser wichtigster Handelspartner in Asien und eines der wichtigsten Zulieferländer weltweit. Unsere bilateralen Handelsbeziehungen erreichten 2014 mit einem Gesamtvolumen von erstmalig mehr als 10 Milliarden Euro einen neuen Rekordwert. Österreichische Unternehmen werden von ihren chinesischen Partnern vor allem für ihren hohen Qualitätsanspruch, ihre Innovationskraft und Flexibilität hoch geschätzt. Sie punkten weltweit mit maßgeschneiderten Lösungen und Produkten am Puls der Zeit und haben sich besonders in Nischensegmenten einen Namen gemacht. Wir sind überzeugt, dass dies Qualitäten sind, die zur Fortsetzung der positiven Entwicklung auch in den nächsten Jahren führen werden.
Gerade war der österreichische Präsident in China. Er war schon mehrmals zu Besuch in China und sein Verhältnis zu China gilt als sehr gut. Wie beurteilen Sie den diesmaligen Besuch?
Der Besuch von Bundespräsident Fischer, welcher unter anderem auch von Bundesminister Rupprechter (Land-, Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), Bundesminister Brandstetter (Justiz) sowie Wirtschaftskammerpräsident Leitl und Nationalbankpräsident Raidl begleitet wurde, kann als sehr erfolgreich bezeichnet werden. Der herzliche Empfang durch die chinesische Regierung ist unter anderem auch ein Zeichen für die exzellenten bilateralen Beziehungen.
Bei den sehr freundschaftlichen offiziellen Gesprächen in Beijing mit Präsident Xi Jinping, Premier Li Keqiang und dem Vorsitzenden des Nationalen Volkskongresses, Zhang Dejiang, wurden zahlreiche bilaterale und internationale Themen sowie Möglichkeiten der weiteren Zusammenarbeit angesprochen, u.a. in so aktuellen Bereichen wie Umwelttechnologie, Energieeffizienz, erneuerbare Energien oder Agrotechnologie, aber natürlich auch Wissenschaft und Forschung, Wirtschaft, Tourismus und Kultur. Im Rahmen des Besuchs wurden drei bilaterale Regierungsübereinkommen unterzeichnet, nämlich über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Landwirtschaft, über den Export von österreichischem Schweinefleisch nach China und über die Zusammenarbeit zur Einrichtung eines Ökoparks in Nantong in der Provinz Jiangsu, sowie 20 Firmenverträge und –abkommen mit einem Gesamtvolumen von rund 120 Mio. Euro. Im Anschluss an den Staatsbesuch in Beijing nahm Bundespräsident Fischer außerdem als einziges westeuropäisches Staatsoberhaupt an der Eröffnung des Bo'ao Forums teil. All das zeigt, wie gut unsere Beziehungen sind und stärkt uns gleichzeitig in unseren Bemühungen für den weiteren Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit.
Österreich hat seinen Antrag als Gründerstaat der Asiatischen Investmentbank für Infrastruktur (AIIB) gestellt. Bedeutet das, dass Österreich erkennt, dass es sich in einer multipolaren Welt neu orientieren muss? Welche Rolle kann Österreich als Gründerstaat spielen? Welche Erwartungen haben Sie für diese Bank?
Österreichs Wirtschaft ist export-orientiert. Rund 60 Cent in jedem Euro unseres Bruttonationalproduktes verdienen wir durch Exporte. Die Seidenstraßen führen von Asien bis ins Herz Europas, wo Österreich liegt. Wir haben Interesse, die neuen Möglichkeiten zu nützen, die diese Korridore des Infrastrukturausbaus und der Entwicklung bieten. Wir haben auch sehr viel Expertise betreffend die Länder Ost- und Südosteuropas; unsere Firmen können viel Mehrwert für chinesische Partner bei Kooperationsprojekten in diesen Ländern einbringen. Es ist daher nur logisch, dass wir als Gründungsmitglied an der Ausgestaltung der AIIB mitwirken wollen.
Sie haben lange im Bereich Umwelt und Energie gearbeitet. Das sind in China sehr wichtige Themen. Gibt es im Bereich der alternativen Energien eine Zusammenarbeit zwischen China und Österreich?
Österreich zählt weltweit zu den führenden Ländern bei der Entwicklung von umwelttechnischen Produkten und Anlagen und gehört zu den Marktführern im Bereich der erneuerbaren Energien. Viele dieser Unternehmen sind auch bereits seit mehreren Jahren erfolgreich auf dem chinesischen Markt aktiv, besonders in den Bereichen der Abwasser- und Abgasreinigung, der Wasser- und Trinkwasseraufbereitung, der Gewinnung von erneuerbaren Energien und im Recyclingbereich.
Wenn Österreicher ein Visum für China beantragen, bekommen sie es im Vergleich zu Chinesen, die nach Österreich wollen, relativ leicht. Ist es absehbar, dass sich diese restriktive Praxis ändert?
Soweit uns bekannt ist, stellt die Chinesische Botschaft in Wien Visa für Österreicher, bei Vorlage aller nötigen Unterlagen, ohne Probleme aus. Dasselbe gilt für chinesische Antragsteller bei uns. Da sowohl China als auch Österreich am Tourismus interessiert sind, kann nicht von restriktiver Visapraxis gesprochen werden. Die Österreichische Botschaft Beijing und das Generalkonsulat in Shanghai stellen pro Jahr insgesamt über 30 000 Visa an Chinesen aus.
Vor kurzem wurde das sogenannte Schweinefleischprotokoll unterzeichnet. Österreichs Landwirtschaftsminister sieht China auch als Absatzmarkt für Milchprodukte aus Österreich. Wie können beide Länder davon profitieren?
Laut jüngsten Schätzungen wird Chinas Import von Milchprodukten bis 2023 um knapp 48% steigen, für Österreich bietet der chinesische Markt daher interessante Absatzmöglichkeiten. Sowohl bei Milchprodukten als auch bei Schweinefleisch ist Österreich für die hohe Qualität von heimischen Produkten international bekannt. China ist ein Zukunftsmarkt, Lebensmittelsicherheit wird in diesem riesigen Markt immer wichtiger. Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen und sicheren Lebensmitteln steigt ständig. Mit österreichischer Qualität können wir die Konsumenten überzeugen. Unsere Vorreiterrolle in der biologischen Landwirtschaft und unsere gentechnikfreien Felder sind ein großer Vorteil im Wettbewerb mit anderen Ländern, die weit größere Mengen liefern können.
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