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Mit deutscher Hilfe zurück an die Weltspitze? |
Von Marc-Stephan Arnold · 2017-06-20 · Quelle:Beijing Rundschau |
Stichwörter: Shenyang;BMW;Deutschland | Druck |
Modernste Technologie
Industrie 4.0-Anwendungen finden sich in dem neuen Werk in Hülle und Fülle. Das gesamte Produktionssystem ist miteinander vernetzt. Über eine Fahrzeug-Identifikationsnummer können jedem hier produzierten 5er-BMW einzelne Bauteile, Komponenten, Arbeitsschritte und Maschinen zugeordnet werden. Alle gesammelten Daten werden automatisch analysiert und stehen an jeder Arbeitsstation und bei jedem Produktionsabschnitt zur Verfügung. „Sehen Sie den Monitor da oben?“ Hauk deutet auf einen großen Flachbildschirm, der seitlich über einer Arbeitsstation hängt, an der einige Arbeiter gerade verschiedene Schrauben in einer Karosserie festdrehen. „So einer hängt hier über jeder Arbeitsstation. Die Arbeiter selbst können sehen, wenn etwas nicht stimmt. Gleichzeitig wird ein Vorgesetzter informiert, der dann auf seinem Tablet sehen kann, dass es an dieser Station ein Problem gibt. Er wird dann sofort hierherkommen, um bei der Lösung des Problems zu helfen. Der gesamte Vorgang wird vom Computer registriert, analysiert und mitsamt der Lösung des Problems festgehalten – und steht, sollte es nötig sein, allen anderen Arbeitsstationen zur Verfügung. Und zwar nicht nur hier, sondern auch an allen anderen BMW-Produktionsstandorten weltweit.“
Mit Industrieparks wie dem „China Germany Equipment Park“ will die Stadtregierung weitere deutsche Hightech-Unternehmen nach Shenyang locken.
Die Führung durch die Fabrik beginnt im Presswerk. Riesige Maschinen pressen hier Aluminiumbauteile in die jeweils gewünschte Form. „Das Pressen und Verarbeiten von Aluminium ist nicht ganz so einfach, da muss man sehr präzise arbeiten. Dafür haben wir diese Servo-Direktpresse, die das Aluminium dank 3D-Computersimulation und 10.000 Tonnen Druck in sehr hoher Qualität verarbeitet. Danach vermisst ein optischer Laserscanner jedes Teil und überprüft die Qualität. Einen Großteil der im Presswerk benötigten Energie gewinnen wir gleich wieder zurück“, erklärt Hauk mit leuchtenden Augen. Das Thema bereitet ihm sichtlich Freude. „Kommen Sie mit, ich zeig‘ Ihnen was. Aber halten Sie sich um Gottes Willen die Ohren zu, das wird richtig laut!" Mit einem breiten Grinsen huscht Hauk die Stufen einer Treppe hinunter, die in eine Art Keller zu führen scheint. Den wohl saubersten Keller, den ich je gesehen habe. Und wie von Hauk versprochen, wird es mit jeder Treppenstufe ein bisschen lauter. „Wir haben den lauten Teil der Produktion knapp zwei Stockwerke tiefergelegt, damit unseren Arbeitern nicht die Ohren wegfliegen“, schreit Hauk. Muss er auch, sonst würde ich aufgrund der zwei Zeigefinger, die Mittlerweile meine Gehörgänge blockieren, gar nichts mehr verstehen. Es ist wirklich unerträglich laut. „So laut ist es eigentlich in jeder Pressanlage“, schreit Hauk weiter. „Und hier gewinnen wir dann einen Teil der Energie zurück. Einen ziemlich großen Teil. Die Anlage ist um 30 bis 40 Prozent effizienter als jede andere, die man derzeit in China finden kann.“ Hauk deutet mit dem Finger auf eine Doppelreihe großer Schränke, die alle mit Blitzen und „Danger! High Voltage“-Aufklebern verziert sind. „Natürlich wird das alles von Computern überwacht, jede Änderung oder Schwankung wird registriert und analysiert, alle Daten werden gesammelt. Und alle gesammelten Daten stehen allen anderen BMW-Werken zur Verfügung, und umgekehrt. Das ist auch ein Teil der zukünftigen Smart Factory“, brüllt Hauk. Unser aus fünf Personen bestehendes Grüppchen muss von außen betrachtet ein recht lustiges Bild abgeben – wie wir da so dastehen, uns die Ohren zuhalten und uns gegenseitig anschreien. Der Gedanke lässt mich schmunzeln.
Automatisierung und die Beschäftigungsfrage
Kaum fünf Minuten später haben wir den wohl lautesten Teil der Produktion hinter uns gelassen und folgen Hauk in den nächsten, vielleicht noch beeindruckenderen Teil. Hier surren über 850 Roboter vor sich hin und führen mit absoluter Präzision die Aufgaben durch, die ihnen die Arbeiter zuvor einprogrammiert haben. Vor einigen Jahrzehnten hätten hier noch hunderte Arbeiter am Fließband gestanden und jeweils nur ein paar monotone Handgriffe gemacht, diese dafür aber mehrere hundert Mal am Tag. „Unsere Arbeiter programmieren jetzt lieber Roboter, anstatt diese monotonen Aufgaben selbst zu übernehmen“, sagt Hauk, als hätte er meine Gedanken gelesen. „Das ist eine wesentlich interessantere Arbeit, und auch eine größere Herausforderung. Wir wollen alle unsere Arbeiter mindestens 25 Jahre bei uns haben. Das ist unser Anspruch. Deshalb bieten wir ständig Weiterbildungen an. Wir automatisieren auch nicht sofort einfach alles, was theoretisch automatisiert werden könnte, sondern wir stellen uns immer die Frage: Wo könnten wir diese Arbeiter stattdessen einsetzen? Was müssen sie dafür können? Wenn man seine Arbeitskräfte rechtzeitig weiterqualifiziert, dann muss auch die Industrie 4.0 nicht zwangsläufig zu Arbeitsplatzverlusten führen, davon sind wir überzeugt.“
Maximilian Hauk, Vizepräsident Technische Planung bei BMW (Shenyang)
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