Beim Planen ihrer Großbritannienreise während der so genannten „goldenen Woche", den sieben freien Tagen zum Nationalfeiertag, hatte Ines Chou nicht nur die Einkaufsmeilen im Blick. Sie wollte vielmehr Geschichte und Kulturerbe der Insel kennenlernen.

Im Verlauf der „goldenen Woche", die jedes Jahr am 1. Oktober mit dem Nationalfeiertag beginnt, sind rekordverdächtige sechs Millionen chinesische Touristen ins Ausland gereist. Chou war eine davon. „In London gibt es eine ganze Menge Kulturdenkmäler und Museen, die keinen Eintritt kosten", sagte Chou, die während ihrer Reise das Britisch Museum, das Victoria and Albert Museum und das Royal Opera House besichtigte.

Angaben der China National Tourism Administration zufolge haben chinesische Urlauber allein auf Inlandsreisen im Verlauf der Woche umgerechnet mehr als 7,1 Mrd. Euro ausgegeben. Schon lange zählten Einkaufsstraßen in Hongkong, Südkorea und Singapur zu beliebten Urlaubszielen der Touristen vom Festland. Viele ausländische Einzelhändler mussten in jüngster Zeit allerdings Einbrüche in Kauf nehmen, da die derzeit auch in China schlechte Konjunktur den Appetit der Chinesen für Luxusgüter verringerte.

Fremdenverkehrsexperten verwiesen auf eine abenteuerlustige neue Generation chinesischer Urlauber, die eine neue Kultur erleben wollen. Mit seinen Stränden, historischen Basaren und Moscheen zähle Marokko heute zu den neuen favorisierte Reisezielen der Chinesen, erklärte Amrita Banta, Direktorin der Agility Research and Strategy.

Weitere neue beliebte Urlaubsziele seien überdies das Königreich Bhutan am Himalaya und antike Ruinen in Mexiko. 30 Prozent der Touristen, die in den ersten neun Monaten dieses Jahres die weltweit größte Tempelstadt Angkor in Kambodscha besucht haben, stammte aus China. Und das schwächelnde Pfund zog unlängst mehr chinesische Touristen auf die britische Insel. „Im Vergleich zum vergangenen Jahr hat das Pfund deutlich an Wert verloren - gegenüber dem chinesischen RMB schon mehr als zehn Prozent. Infolgedessen sehen wir einen starken Touristenzustrom aus China", sagte Robin Johnson, Marketing-Direktor bei VisitBritain.