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Ökolandwirtschaft in der Inneren Mongolei: Aus Ödland werden fruchtbare Reisfelder |
Von Wei Hongchen · 2024-02-21 · Quelle:german.chinatoday.com.cn |
Stichwörter: Innere Mongolei;Ökolandwirtschaft | Druck |
„Diese rund 67 Hektar waren früher auch ohne Schnee schneeweiß. Es handelte sich um alkalische, stark salzhaltige Böden“, erklärt uns Qiao Xu an diesem kalten Vormittag Ende Januar und deutet mit ausgestrecktem Arm auf das weitläufige Areal vor uns. Er ist Vizesekretär der Parteizelle von Xiaotanzi, einem kleinen Dorf in der Gemeinde Dalu. Sie gehört zum Jung-Gar-Banner in der Inneren Mongolei. „Wir haben große Anstrengungen unternommen, um den Boden fruchtbar zu machen“, sagt er. Mit Erfolg! Heute eigne sich die Bodenqualität für den Reisanbau, der hier gepaart mit Fisch- und Krabbenzucht betrieben werde, erzählt Qiao stolz. Im Sommer sei die idyllische Landschaft besonders faszinierend und locke zahlreiche Touristen an.
Schneebedecktes Ackerland: Im Winter sind die Reisfelder in Xiaotanzi mit Reisstroh bedeckt. (Foto: Yu Xiangjun)
Auf der Suche nach einem passenden Entwicklungspfad
Alkalische Salzböden sind quasi wie das Endstadium einer Erdkrankheit. Aufgrund ihres hohen Salzgehalts lässt sich kaum mehr etwas anpflanzen, selbst Gras nicht. Grund für die geologische Misere ist die Nähe des Dorfes zum Gelben Fluss. Denn das Flusswasser machte die Böden in der Vergangenheit vielerorts salzig, in unterschiedlichem Ausmaß. Als Folge brachen die Ernten ein. Die Landwirte warfen schließlich notgedrungen das Handtuch.
Doch wie sich herausstellte, hatte man anderswo im Land mit ähnlichen Problemen zu kämpfen - und bereits Lösungen gefunden. So etwa im Ort Sishilidian im Kreis Helan in Ningxia, 600 Kilometer von Xiaotanzi entfernt. Dort gelang es den lokalen Landwirten, auf alkalischen Böden am Ufer des Gelben Flusses Reis anzupflanzen, ja sogar einen Park für Landtourismus zu errichten. Umweltschutz ging dort Hand in Hand mit ökologischer Wirtschaft. Auch in Xiaotanzi wollte man nicht einfach die Hände in den Schoß legen und sich der Armut ergeben. Und so reisten Mitglieder vom Partei- und Dorfkomitee nach Sishilidian, um die Erfolge in Augenschein zu nehmen und aus den dortigen Erfahrungen zu lernen.
„Als ich sah, was die Menschen dort auf die Beine gestellt hatten, war ich baff. Es stellte sich heraus, dass es Wege gab, die Landwirtschaft trotz der widrigen Bedingungen wieder auf Kurs zu bringen“, erinnert sich Qiao Xu. Inspiriert von den Erfolgen in Sishilidian lud man Experten für eine Machbarkeitsstudie zum Reisanbau nach Xiaotanzi ein. Die Tests zeigten, dass die Böden in Xiaotanzi zwar alkalisch und stark salzhaltig waren, aber nur einen niedrigen Schwermetallgehalt und keinerlei Pestizidrückstände aufwiesen. Die Indikatoren für die Bodenqualität waren also grundsätzlich gut. Hinzu kamen die reichlichen Wasserressourcen der Region, gepaart mit gutem Klima, ausreichend Sonnenschein und guter Luftqualität - alles günstige Faktoren für den Reisanbau. Das Dorf beschloss daher, in die Fußstapfen von Sishilidian zu treten und nach einem ähnlichen Ansatz in den Reisanbau einzusteigen.
Von der Ökolandwirtschaft profitieren alle: Blick auf eine Schafherde, die am Rande der Reisfelder weidet. (Foto: Yu Xiangjun)
Reis anpflanzen auf versalzten Böden? Die Dorfbewohner waren anfangs skeptisch. Seit Generationen hatten sie vom Maisanbau gelebt. Sie hegten daher beträchtliche Zweifel und blockierten die Übertragung ihres Landes zunächst. Den beiden Komitees blieb nichts Anderes übrig, als Klinken zu putzen. Sie zogen von Tür zu Tür, um persönlich Überzeugungsarbeit zu leisten. Schließlich willigten die Landwirte doch ein, ihnen rund 76 Hektar brachliegende Böden und verlassene Fischteiche zu übertragen.
Bald wurde durch die gemeinsamen Bemühungen der Behörden der Gemeinde Dalu und der Firma Chengze Ecological Rice-Fish Farming and Green Tourism ein Reis- und Öko-Tourismuspark errichtet, der heute erfolgreich Reisanbau, Viehzucht und Tourismus integriert.
Laut Qiao Sheng, stellvertretender Generaldirektor des Tourismusparks, erstrecken sich der Reisanbau sowie die Fisch- und Krabbenzucht mittlerweile auf über 87 Hektar. Etwa 17 Hektar werden für andere Zwecke genutzt. Mithilfe von Gräben um die Reisfelder herum wird das Wasser des Gelben Flusses und damit auch das Salz abgeleitet, was den Salzgehalt der Böden deutlich verringert hat.
Zeit für die Krabbenernte: Mit der landesweit beliebten Delikatesse lässt sich in China viel Geld verdienen. (Foto zur Verfügung gestellt von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit des Parteikomitees von Jung-Gar)
Ein ökologisches Wirtschaftsmodell, das sich auszahlt
„Neben Reis werden auf den Feldern auch Fische und Krabben gezüchtet. Außerdem sind die Felder mit Fischteichen verbunden, woraus ein Modell von Reisanbau und Fischzucht entsteht“, erklärt uns Qiao Sheng. Alles sei zudem rein ökologisch, betont er. Man verwende ausschließlich organische Düngemittel. Süßwasserkrabben und Fische ernährten sich von Unkraut und Schädlingen. Zugleich machten sie den Boden lockerer und ihre Ausscheidungen dienten als Dünger. „Unsere Spezialität ist der Anbau von Bio-Reis. Unser Reis hat ganze Körner, ist weiß und süßlich im Geschmack. Er kommt die Verbraucher zwar etwas teurer zu stehen als herkömmlicher Reis, doch er verkauft sich gut.“ Die Nachfrage übersteige das Angebot, sagt der Unternehmer.
Xiaotanzi ist also eine erstaunliche Metamorphose gelungen. Einst salzige Böden sind fruchtbarem Ackerland gewichen, allerorts liegt der Duft von Reis in der Luft. Auch die Herzen der Dorfbewohner hat das Erfolgsprojekt mittlerweile im Sturm erobert. Im Jahr 2022 übertrugen die Menschen in Xiaotanzi weitere 11 Hektar Land an das zuständige Unternehmen. Innerhalb von nur zwei Jahren brachte man damit insgesamt 774 Personen von 258 Haushalten echte wirtschaftliche Vorteile. Insgesamt waren in der Vergangenheit 167 Hektar im Dorf von starker Versalzung betroffen. 100 Hektar davon wurden bereits übertragen und fruchtbar gemacht, 27 weitere Hektar sollen in Kürze folgen. Ziel ist es, dem gesamten Dorf Vorteile zu bringen.
Einer, der schon früh von den Neuerungen profitiert hat, ist Zhang Zhaozhao. Der 65-Jährige ist ein erfahrener Landwirt. Er hat nicht nur seine Salzböden an das Projekt übertragen, sondern im neuen Tourismuspark eine neue Anstellung gefunden, was ihm ein festes monatliches Einkommen verschafft. Früher brachten ihm Mais- und Kartoffelanbau nach einem Jahr harter Arbeit nur etwa 20.000 Yuan ein, umgerechnet rund 2600 Euro also. Heute beträgt sein Jahreseinkommen bis zu 60.000 Yuan (7700 Euro).
Der Reis- und Öko-Tourismuspark am Gelben Fluss: Die bessere Umwelt zieht zunehmend Touristen an. (Foto zur Verfügung gestellt von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit des Parteikomitees von Jung-Gar)
Malerische Reisfelder
Reisfelder sind in China auch ein Sinnbild für Kultur und Kunst. Und das machen sich die Verantwortlichen in Xiaotanzi clever zunutze. Liu Hui, stellvertretende Generaldirektorin des besagten Reis- und Öko-Tourismusparks am Gelben Fluss, sagt, dass es neben gewöhnlichem Reis hier in Xiaotanzi auch mehr als 7 Hektar grünen, roten, gelben, violetten, schwarzen und weißen Reis gebe. Mithilfe von digitalen Mitteln, Satellitenortungstechnik und manueller Pflanzung funktionieren die Verantwortlichen die Erde hier zur Leinwand um. Die unterschiedlichen Reispflanzen zeichnen so ein Naturgemälde. Im Juli und August färben sich die Reispflanzen dunkelgrün. Es ist die beste Zeit, um dieses Gemälde auf den Reisfeldern zu bewundern. Am besten geht das natürlich von oben, weshalb eigens ein Aussichtsturm und ein gläserner Pfad angelegt wurden.
Von oben wirkt es, als hätte die Natur riesige Gemälde sprießen lassen, die zum Beispiel Hirtenlandschaften zeigen. Die Reisbilder von Xiaotanzi sind längst eine Touristenattraktion in der Region. „Im vergangenen Jahr haben wir hier zwischen Juli und Oktober über 100.000 Besucher empfangen“, sagt Liu Hui. Eine Beliebtheit, die es über 70 Gästehäusern ermöglicht, zu florieren.
Aus der Vogelperspektive: Die Reisfeldmalereien des Reis- und Öko-Tourismusparks am Gelben Fluss. (Foto zur Verfügung gestellt von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit des Parteikomitees von Jung-Gar)
Für die Dorfbewohner ist der Reisfeldtourismus ein voller Gewinn. Der Park schüttet jedes Jahr eine Dividende an das Dorfkollektiv aus. Mittlerweile zieht es selbst viele junge Menschen, die einst zum Arbeiten in die Städte abgewandert waren, zurück in die alte Heimat. Der touristische Aufschwung ist zu einer kleinen Goldgrube für die Region geworden. Viele Heimkehrer werden hier unternehmerisch tätig.
So auch die 27-jährige Qiao Jia. Im März 2023 gab sie, trotz des Widerstands ihres Vaters, ihre sichere Anstellung bei einem Staatsunternehmen auf und kehrte nach Xiaotanzi zurück, um eine Gaststätte zu eröffnen. Mithilfe des Internets und eines ausgeprägten Marktgespürs kreiert die junge Gründerin heute Bauernmenüs aus regionalen Produkten, die bei Kunden in der Umgebung auf großes Interesse stoßen. Im vergangenen Jahr erzielte die junge Frau so einen Umsatz von mehr als 400.000 Yuan, rund 50.000 Euro. Obwohl sie ein Neuling ist, zeigt sie volles Vertrauen in das Entwicklungsmodell von Xiaotanzi. Nicht nur die Reisfelder sind in ihrem Heimatort mittlerweile golden, sondern auch ihre eigene Zukunft.
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