Xie Wanju, erster Sekretär der Zweigstelle der Partei in einem abgelegenen Dorf in den Bergen Guangxis, hätte nie gedacht, dass eine Werbung auf WeChat für die Rekrutierung von ehrenamtlichen Freiwilligen ihn mit einem luxemburgischen Assistenten belohnen würde. Damals brachte ein Freund, der zu Hilfe in das Dorf kam, einen großen, blonden Ausländer mit. Bei dem Hünen namens Hansen Nico handelt es sich um einen pensionierten Polizisten aus Luxemburg.  

Nico Hansen und Xie Wanju bei der Arbeit.  

Zhadong ist ein armes Dorf in dem südwestchinesischen Autonomen Gebiet Guangxi der Zhuang-Nationalität. Die jungen Leute haben Zhadong verlassen, um in den Küstenstädten zu arbeiten – nur die alten Dorfbewohner sind geblieben. Xie Wanju will jedoch nicht aufgeben und arbeitet daran, den Lebensstandard der Dorfbewohner zu verbessern. Der Anbau von Passionsfrüchten soll es möglich machen.  

Als Hansen zum ersten Mal nach Zhadong kam, war er fasziniert von der Schönheit des Dorfes. „Am 25. März 2018 brachten mich Freunde nach Zhadong. Hier traf ich den ersten Sekretär Xie Wanju“, sagte Hansen gegenüber der Beijing Rundschau über die Reise, die ihn in die Berge Südwestchinas verschlug.  

Es war der Beginn eines Abenteuers, das ihn nun dazu gebracht hat, den Bewohnern eines abgelegenen Bergdorfes dabei zu helfen, Passionsfrüchte anzubauen. Dem Dorf fehlten die Arbeitskräfte, um mit dem Anbau zu beginnen.  

Als Hansen ankam, half er sofort den anderen Freiwilligen, die im Regen Stangen aufstellten und Seile zogen. Zu Xies Überraschung sagte Hansen am Abend des ersten, anstrengenden Arbeitstags, dass er weitermachen wolle. Er war beeindruckt von den Bemühungen der Dorfbewohner, sich selbst aus der Armut zu befreien. Deswegen traf er die Entscheidung, zu bleiben, um ihnen dabei zu helfen, ein besseres Leben, bessere medizinische Versorgung und Ausbildung genießen zu können. Er war tatsächlich ein Teil der Bergdorfgemeinschaft geworden. Da Hansen kein Chinesisch spricht, konnten Xie und er zunächst nur durch Gesten und Mimik miteinander kommunizieren. Doch bald schon wurden sie Freunde, weil sie das gleiche Ziel hatten. Ihre Leidenschaft für die Armutsbekämpfung hatte sie so sehr vereint, dass die Dorfbewohner oft scherzten, dass „Sekretär Xie jetzt einen ausländischen Assistenten hat“.  

Eines Abends, es regnete gerade sehr stark, rief Xie Hansen an, um herauszufinden, wie es den neuen Plantagen ging. Die Obstgärten waren überschwemmt. Ohne zu zögern gruben sie Wasserrinnen, um das stehende Regenwasser von der Plantage abzuleiten. Die Dorfbewohner, die zu Hause Schutz vor dem Regen gefunden hatten, sahen die im strömenden Regen arbeitenden Männer. Sie nahmen ihre Werkzeuge auf und schlossen sich ihnen an. Dank dieser gemeinsamen Anstrengung konnte der Schaden auf ein Minimum reduziert werden.  

„Auf den Feldern unter der sengenden Sonne zu arbeiten war nicht einfach. Manchmal sind die Verluste, die durch unberechenbare Faktoren wie Starkregen und Dürre verursacht werden, schmerzhaft. Aber die Dorfbewohner vertrauen uns, wir können sie nicht enttäuschen“, sagte Hansen. Um die Arbeitsbelastung der Dorfbewohner zu reduzieren, kaufte er Rasenmäher und Bohrmaschinen, die er aus eigener Tasche bezahlte. Zuvor lebten die Dorfbewohner von Mais und Sojabohnen, und das jährliche Pro-Kopf-Einkommen lag im Durchschnitt bei 2.000 Yuan (280 Euro). Dank der Passionsfrüchte können die Dorfbewohner jetzt mehr als 5.000 Yuan (700 Euro) pro Jahr verdienen – und somit die extremst Armut hinter sich lassen. 

Der Weg von Houfantun nach Zhadong vor und nach den Bauarbeiten.  

Was Hansen am meisten beunruhigte, war jedoch der schlechte Zugang zum Dorf. Als er zum ersten Mal hierherkam, waren fast die Hälfte der 14 Weiler des Dorfes nicht an das Straßennetz angeschlossen. Im Juni 2018 untersuchten die beiden Männer die Topographie der Berge. Vier Stunden am Tag wanderten sie auf und ab. Mit Hilfe der Behörden und dank der Begeisterung der Dorfbewohner sowie öffentlichen Spendengeldern konnten alle Weiler des Dorfes in weniger als zwei Jahren Arbeit an das Straßennetz angeschlossen werden. Seither ist es einfacher, die landwirtschaftlichen Produkte des abgelegenen Berggebiets auf die regionalen Märkte außerhalb des Dorfes zu transportieren. Ein weiterer Vorteil: Touristen können das kleine Dorf mit seiner schönen Landschaft nun besser erreichen. Aus diesem Grund hat man nun in Zhadong damit begonnen, die eigene Tourismuswirtschaft zu entwickeln. 

Eine Dorfbewohnerin plaudert mit Hansen. 

Hansen begleitet Xie oft zu den Dorfbewohnern. Er hilft ihnen immer und ist inzwischen ihr Freund geworden. Die Begeisterung, Ehrlichkeit, Sorgfalt und Einfachheit dieser Dorfbewohner gefällt dem Luxemburger. Er bewundert besonders die Hartnäckigkeit des ersten Sekretärs und seinen unermüdlichen Optimismus. „Kleines Problem! Es wird morgen erledigt sein!“ – so lautet Xies Devise. 

Nico Hansen hat die positiven Veränderungen des Dorfes in den letzten zwei Jahren hautnah miterlebt. Die meisten Lehmhäuser wurden in Ziegelhäuser umgebaut und Wasserreservoirs eingerichtet. Noch vor ein paar Jahren hätte Hansen nie gedacht, dass er nach seinem Ruhestand selbst an solch sinnvollen Projekten mitwirken könnte. 

„Ich hoffe auch, dass dank unserer Bemühungen mehr junge Menschen wieder ins Dorf zurückkehren, die Sache, die wir begonnen haben, fortsetzen und dem Dorf so eine Zukunft geben können“, sagte Hansen. 

Zhadong verfügt derzeit über 173 Haushalte mit insgesamt 597 Dorfbewohnern, von denen 288 (oder 91 Haushalte) arm sind. Nico Hansen ist optimistisch, dass sich alle Dorfbewohner bis Ende 2020 vollständig aus der Armut befreien und endlich ein besseres Leben führen können.