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Eine „verrückte Idealistin“ in China |
Von Maike Schulte · 2015-07-23 · Quelle:Beijing Rundschau |
Stichwörter: verrückte;Idealistin; | Druck |
Die ehemaligen Mitarbeiter der chinesischen Botschaft Su Huimin und Gong Hehua erinnern sich im Gespräch mit der Beijing Rundschau an die Krefelderin Helma Seidel, die ihr gesamtes Vermögen in Hilfsprojekte für China investierte und dafür posthum mit dem Freundschaftspreis ausgezeichnet wurde.
Auch Minusgrade konnten sie nicht abschrecken: Helma Seidel in Henan, wo sie eine Schule gründen wollte (Fotos: privat)
Eine „verrückte Idealistin" in China Von Maike Schulte Die ehemaligen Mitarbeiter der chinesischen Botschaft Su Huimin und Gong Hehua erinnern sich im Gespräch mit der Beijing Rundschau an die Krefelderin Helma A. Seidel, die ihr gesamtes Vermögen in Hilfsprojekte für China investierte und dafür posthum mit dem Freundschaftspreis ausgezeichnet wurde.
Auf einem Botschaftsempfang in Bonn haben sie sich 1985 kennengelernt: das Ehepaar Su Huimin und Gong Hehua, die an der chinesischen Botschaft in Bonn arbeiteten, und die Krefelderin Helma A. Seidel, die aus einer wohlhabender Kaufmannsfamilie stammte, aber am liebsten die ganze Welt aus der Armut befreit hätte. Aus dieser Begegnung entstanden eine jahrzehntelange Freundschaft und zahlreiche Hilfsprojekte für China. Im Gespräch mit der Beijing Rundschau erinnern sich die beiden Chinesen an die ungewöhnliche Deutsche.
Energisch und zielstrebig war sie, mit Small Talk hielt sich Helma Seidel folglich schon bei ihrem ersten Treffen gar nicht lange auf. „Hoffnung" hieß das von ihr verfasste Gedicht, das die damals 65-jährige dem chinesischen Paar gleich beim Kennenlernen präsentierte, und diese Hoffnung setzte sie auf China, wie sie den beiden unmissverständlich klarmachte.
„Helma war nicht begeistert von der westlichen Gesellschaft, der Kapitalismus hatte für sie keine Zukunft, daher schaute sie nach Alternativen", erinnert sich die ehemalige Botschaftsmitarbeiterin. China war nicht die erste Station auf ihrer Suche nach einer besseren Gesellschaft. „Vorher hatte sie schon Kontakt zur Botschaft der Sowjetunion gesucht, sie war eine große Anhängerin von Gorbatschow und konsequente Gegnerin der USA, die ihrer Meinung nach nur die Welt beherrschen wollten", berichtet Gong weiter. Auf Reisen hatte sich Seidel selbst ein Bild von Russland und der DDR gemacht, dem Herkunftsland ihrer Großmutter. Aus beiden Ländern kehrte sie jedoch enttäuscht zurück.
Von Deng Xiaopings Politik fasziniert
Begeistern konnte sich die Krefelderin jedoch für die Reformpolitik Deng Xiaopings, sie war fasziniert davon, dass ein Riesenland wie China einen anderen Weg als der Westen versuchte. „Sie las viel und dabei fielen ihr die zahlreichen kritischen Chinaberichte in den Medien auf und sie begann, sich nach den Gründen dafür zu fragen", erzählt ihr chinesischer Freund Su. Auf der Suche nach Antworten las sie alles, was sie über Chinas Geschichte und den Sozialismus in die Finger bekommen konnte und suchte Kontakt zu Chinesen in Deutschland. Sie wurde Mitbegründerin der Krefelder Gesellschaft für deutsch-chinesische Freundschaft und zahlte 200.000 Mark aus eigener Tasche, um 20 chinesische Schriftsteller nach Deutschland einzuladen und ihnen zu zeigen, dass es dort weniger paradiesisch zuging, als oft angenommen. Darunter war übrigens auch Mo Yan, der spätere Nobelpreisträger für Literatur.
Persönlich eng befreundet war Seidel, die selber kein Chinesisch sprach, aber nur mit Su und Gong, sie lud die beiden in ihre Villa in Krefeld ein und besuchte sie während ihrer Reisen nach China. „Andere Freundschaften zu Chinesen gab es nicht, sie konnten sie nicht verstehen", erklärt Gong. Bei den gemeinsamen Treffen entstanden auch die zahlreichen Hilfsprojekte für China, die Deutsche sprudelte vor Ideen nur so über. China war in den 1980er Jahren ein ziemlich rückständiges Land mit einer riesigen Bevölkerung, der Handlungsbedarf war offensichtlich. „Helma hatte ständig neue Pläne, wie kann man China helfen könnte. China braucht Getreide, meinte sie, weil es eine so große Bevölkerung hat. Bei einer Hungersnot wäre das Land leicht unter Druck zu setzen, daher wollte sie die Landwirtschaft weiterentwickeln", erinnert sich die ehemalige Diplomatin.
Nicht alle ihre Ideen konnte sie jedoch in die Tat umsetzen. So scheiterten die Gründung eines SOS-Kinderdorfs und die Einführung von Kleinstkrediten für Frauen. Andere Projekte waren dagegen erfolgreich und werden bis heute weitergeführt. Dazu zählt ein Projekt gegen die fortschreitende Wüstenbildung in der Inneren Mongolei, einer Region, von der sie seit ihrer Kindheit fasziniert war. „Seit den 1950er Jahren arbeiteten Wissenschaftler der Chinesischen Akademie der Forstwirtschaft an der Wüstenbekämpfung. Helma unterstützte sie finanziell bei ihren Projekten."erklärt Gong.
Heute würdigt eine Gedenktafel vor Ort ihren Einsatz. Die Gleichberechtigung der Frauen lag ihr ebenfalls am Herzen, Bildung sollte Abhilfe schaffen, dafür initiierte sie die Gründung einer Mädchenschule. „Außerdem fürchtete sie angesichts der großen Kluft zwischen Arm und Reich soziale Unruhen, daher waren die Hilfe für Arme und Landkinder ein weiterer Schwerpunkt für sie", erläutert die ehemalige Diplomatin.
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