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Schlagfertige Powerfrauen: Wie Chinas Kungfu-Heldinnen das Netz erobern

Von Wang Ruying  ·   2024-08-09  ·  Quelle:german.chinatoday.com.cn
Stichwörter: Kungfu;Olympische Spiele
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Ende April dieses Jahres debütierte die Gruppe „Emei Kungfu Girls“ auf der vierten Konferenz für die Fortführung der Emei-Kampfkunst in der südwestchinesischen Provinz Sichuan. In ihren türkisen Uniformen wirbelten die jungen Chinesinnen über die Bühne und führten verschiedene Emei-Kungfu-Techniken vor. Die Performance traf den Nerv der Zuschauer und entführte das Publikum in die faszinierende Welt des Wushu, also der chinesischen Kampfkünste. Ein Mitschnitt des Auftritts ging im Handumdrehen im Internet viral, wurde millionenfach geklickt und geteilt. Auch Wang Wenbin, damaliger Sprecher des chinesischen Außenministeriums, likte das Video und teilte es über seine Kanäle, mit dem Lob: „Heldinnen wie aus chinesischen Martial-Arts-Romanen!“ 

   

Wie einem Martial-Arts-Roman entsprungen: In ihren türkisen Uniformen geben die jungen Heldinnen von „Emei Kungfu Girls“ verschiedene Dolchtechniken zum Besten (Foto zur Verfügung gestellt von Ling Yun)  

Warum „Emei Kungfu Girls“? 

Die Idee, eine Kungfu-Girlgroup zu gründen, entstand tatsächlich erst im Februar dieses Jahres. Beim Recruiting der passenden Mitglieder spielten die zwei Initiatoren Ren Gang und Ling Yun eine Schlüsselrolle. Ren Gang ist einer der bekanntesten Überlieferer des immateriellen Kulturerbes der Emei-Kampfkunst. Er hat auch den Vorsitz der Wushu-Vereinigung von Sichuan inne. Ling Yun ist eine seiner Schülerinnen. Ganz wie ihr Lehrmeister hat auch sie sich als Erbin des Emei-Wushu einen Namen gemacht. 

Die beiden Kungfu-Koryphäen sind echte Virtuosen des Emei-Wushu. Sie haben schon unzählige Kungfu-Schüler unterrichtet. Gleichzeitig sind sie stets auf der Suche nach neuen Ideen und Impulsen zur Weiterentwicklung der jahrtausendealten Kampfkunst. Ling erzählt uns: „Wir sind uns des Wertes der alten Kampfkunst bewusst und versuchen daher seit langem, das traditionelle Emei-Wushu mit modernen Elementen zu verbinden. In diesem Jahr kam uns dann schließlich die Idee zur Gründung einer weiblichen Kungfu-Truppe.“ 

Nach einem strengen Casting und intensivem Training war es dann soweit: die Kungfu-Gruppe der Generation Z war geboren. Auch die 25-jährige Ling selbst ist Teil der Truppe, neben acht weiteren Kungfu-Talenten. Die jungen Frauen stammen aus ganz verschiedenen Provinzen Chinas. Was sie verbindet: Sie alle bringen neben hervorragenden Tanz- und Kampfkunstgrundlagen großen Teamgeist und außergewöhnliche Performance-Fähigkeiten mit. Dieser Mix machte sie zu perfekten Kandidatinnen für die „Emei Kungfu Girls“. Bei den Aufführungen zeigt sich die besondere Energie der Truppe: Kraftvoll führen die Nachwuchskämpferinnen die Bewegungen des Emei-Boxen aus, schmissig schwingen sie die Schwerter beim Emei-Schwertkampf und fast anmutig wirkt es, wenn sie den Emei-Dolch wirbeln. Mit dieser gekonnten Mischung fangen die Frauen elegant und kraftvoll die Quintessenz des Emei-Wushu ein, nämlich eine harmonische Melange aus Härte und Sanftheit. 

Bei so viel Frauenpower und Grazie wundert es kaum, dass der erste Clip des Ensembles im Netz regelrecht gefeiert wurde. Die virtuosen Kampfszenen wecken bei vielen Chinesinnen und Chinesen fast nostalgische Gefühle, lassen sie wieder von Helden träumen wie in Kindertagen. Das spiegelt sich auch in den Kommentaren auf den Social-Media-Plattformen des Landes wider: „Superschön und supermutig diese Mädels“, schreibt da einer. Und ein anderer: „Held zu werden war der Traum meiner Kindheit“. „Das ist chinesisches Kungfu par excellence“, feiert ein anderer User die Gruppe. Ling rühren Kommentare wie diese sehr. Die 25-Jährige sagt: „Diese warmen Worte sind eine große Anerkennung für unsere harte Arbeit und eine große Ermutigung für uns, weiterzumachen. Wir hoffen, in Zukunft noch mehr Werke für das Publikum zu schaffen.“ 

Chinesisches Kungfu sei für sie nicht nur ein Sport, sondern auch ein Träger der Kultur, sagt Ling. „Jedes traditionelle Kulturgut muss auch immer in einem neuen Licht betrachtet werden. Ich hoffe, dass wir über die Emei-Kampfkunst auch das Interesse an anderen immateriellen Kulturgütern aus China wecken können.“ 

Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg 

Auf dem Weg, Chinas kulturelles Erbe ins neue Jahrtausend zu führen, sind die „Emei-Kungfu-Girls“ echte Pionierinnen. Sie waren schließlich die ersten, die eine rein weibliche Kungfu-Gruppe zur Fortführung des immateriellen Kulturerbes ins Leben riefen. Einige der Gruppenmitglieder studieren gar noch. Doch der Schweiß und die harte Arbeit zahlen sich aus: So haben sich die jungen Powerfrauen nicht nur die alte Kunst des Emei-Wushu angeeignet, sondern sie geben mit ihrer Willensstärke auch anderen jungen Frauen im Land ein Vorbild, spiegeln den Geist einer ganzen Generation. 

   

Li Nuofei (rechts) mit einer Trainingspartnerin in einem Tempel im berühmten Emei-Gebirge (Foto zur Verfügung gestellt von Ling Yun)  

Dabei sind die Kämpferinnen ein eingeschworenes Team. „Wir wohnen alle zusammen im Emei-Gebirge. Jeden Tag trainieren wir mindestens sechs Stunden im Hof, manchmal auch im Wald. Morgens steht ein zweistündiges Fitnesstraining auf dem Programm – Laufen, Stretching, Krafttraining. Beim Kampfsporttraining lernen wir dann verschiedene Techniken des Emei-Wushu wie Boxen oder die verschiedenen Schrittfolgen“, beschreibt Ling die tägliche Routine. Um ihren künstlerischen Ausdruck zu verbessern, haben die jungen Performerinnen zusätzlich Spezialtrainings in Reiten, Bogenschießen, Drahtseilakrobatik und Schauspielerei. Das verleiht ihren Performance-Skills den letzten Schliff. 

Das Emei-Wushu zu meistern, war eine schweißtreibende Angelegenheit. Der Weg zur Kampfkunstmeisterin ist steinig. Davon weiß Ling ein Lied zu singen. „Nach dem täglichen Training bin ich oft von blauen Flecken an Armen und Beinen übersät und total ausgepowert. Dann fällt es mir manchmal selbst schwer, die Arme zu erheben.“ Das jahrelange Training hat an ihrem Körper Spuren hinterlassen. Die Schwielen an ihren Händen zeugen von hunderten harten Trainingsstunden. Die dicken Fingerknöchel sind das Ergebnis des ständigen Schwingens wuchtiger Schwerter. Doch Ling trägt ihre Narben mit Stolz. „Das sind keine Verletzungen, das sind unsere Medaillen“, sagt sie augenzwinkernd. 

Gerade die jüngeren, noch unerfahrenen Teilnehmerinnen stellt das harte Training jedoch vor gewisse Herausforderungen. Li Nuofei, Studentin im dritten Studienjahr, verrät uns: „Aufgrund meines jungen Alters bringe ich im Vergleich zu meinen Mitstreiterinnen schwächere Grundlagen mit. Doch die Älteren nehmen mich stets an die Hand. Wenn ich etwas nicht gleich verstehe oder nicht korrekt ausführen kann, bringen es mir die anderen geduldig bei, bis ich es wirklich kann.“ 

   

Training macht die Meisterin: Neben Kampfkunst werden die jungen Frauen auch in Schauspielerei und traditioneller chinesischer Kultur unterrichtet (Foto zur Verfügung gestellt von Ling Yun)  

Zusammenhalt sei der Kerngeist des gesamten Teams, erklären die Nachwuchskämpferinnen im Interview. Egal, welche Schwierigkeiten es gebe, unterstütze und ermutige man sich stets gegenseitig. In den Pausen brächten einige Mitglieder den anderen das Tanzen bei. Außerdem werde beim Training auch immer viel gelacht. „Zwar ist das Training echt hart, aber es lohnt sich, weil wir alle sichtbare Fortschritte machen“, schwärmt Ling. Gerade diese tägliche gegenseitige Unterstützung sei es, die den Grundstein für den Teamgeist der Gruppe gelegt habe. Das Verständnis und Vertrauen, das im täglichen Training zwischen den Mitgliedern gewachsen sei, bilde letztlich den Schlüssel zum Erfolg auf der Bühne. 

„Neben den Kampfsportkursen ist auch Unterricht in Schauspiel und traditioneller chinesischer Kultur ein fester Bestandteil der täglichen Trainingsroutine“, erklärt uns Ling. „Wir Emei-Kungfu-Girls wollen nicht nur Meisterinnen des Kampfsports sein, sondern auch auf dem Feld von Kunst und Literatur glänzen.“ 

Von China auf die internationale Bühne 

Das Emei-Wushu stammt aus der Zeit der Frühlings- und Herbstperiode (770-476 v. Chr.), hat also tiefe historische und kulturelle Wurzeln. Emei-Wushu ist dabei die allgemeine Bezeichnung für die Kampfkünste, die ihren Ursprung in der Region des Emei-Gebirges haben und mittlerweile in ganz Sichuan, wenn nicht gar im gesamten Südwesten Chinas weit verbreitet sind. Mehrere große Bevölkerungsbewegungen in der Geschichte der Provinz haben zudem den Austausch und die Integration zwischen dem Emei-Wushu und anderen Kampfkünsten gefördert. Mittlerweile existieren mehr als 80 Schulen und Tausende verschiedene Stilrichtungen der Emei-Kampfkunst, was von der großen Offenheit dieser Wushu-Gattung zeugt. 2008 wurde das Emei-Wushu als eine der drei großen Strömungen des modernen chinesischen Wushu in die Liste des nationalen immateriellen Kulturerbes aufgenommen. 

   

Vor dem Louvre: Eine Emei-Heldin zeigt die Techniken ihrer Kampfkunst (Foto zur Verfügung gestellt von Ling Yun)  

Ling als Verantwortliche der Gruppe erklärt: „Wir hatten zwei Hauptziele bei der Gründung der Kungfu-Gruppe: Zum einen wollen wir den einzigartigen Charme des Emei-Wushu an die Öffentlichkeit bringen, um die Kultur- und Tourismusindustrie in Sichuan anzukurbeln. Zum anderen hoffen wir, durch die Nutzung moderner Medien diese Kampfkunst in alle Welt zu tragen und die Emei-Kungfu-Girls zu einer kulturellen Visitenkarte für chinesische Kampfkünste im Ausland zu machen.“ 

Im Juli dieses Jahres stand dann ein weiteres Highlight auf dem Programm: Die junge Kungfu-Gruppe flog nach Paris, um im Rahmenprogramm der Olympischen Spiele mit dabei zu sein und das Emei-Wushu im Ausland bekannter zu machen. Bei ihrer Parisreise drehten die jungen Heldinnen auch wieder neue Videoclips, in denen u.a. drei Szenen gezeigt werden: Emei-Schwerttechnik vs. Fechten, Wushu-Salto vs. Kunstturnen, Wushu-Hürdensprung vs. Hürdenlauf. Die Kurzvideos heben nicht nur den einzigartigen Charme des Emei-Wushu hervor, sondern demonstrieren dem ausländischen Publikum auch den Sportgeist der Gruppe. 

Für die Zukunft plant Ling, sich mit verschiedenen internationalen Kampfsportschulen kämpferisch zu messen und dabei Neues zu lernen. Zudem will sie die Aufführungen ihrer Kungfu-Girlgroup über unterschiedlichste innovative Formate wie Kurzsendungen, Mikroserien, Flashmobs und Realityshows einem breiten Publikum präsentieren. 

   

Emei-Wushu trifft Olympia: Die Kungfu-Girls bei einer Performance in Paris. (Foto zur Verfügung gestellt von Ling Yun)  

„Zudem werden wir neue Elemente wie Kalligraphie und traditionelle chinesische Malerei in die Aufführungen einbinden, um über das Emei-Wushu als Mittler ein noch facettenreicheres Bild der chinesischen Kultur zu zeigen. Unsere Kampfkunst dürfte das in Zukunft noch vielfältiger und lebendiger machen“, ist die 25-Jährige überzeugt. 

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