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Transkulturelle Kommunikation fördert die psychische Gesundheit |
Von Ulrich Sollmann · 2024-01-19 · Quelle:german.chinatoday.com.cn |
Stichwörter: Psychologie;Gesundheit | Druck |
Die rasante wirtschaftliche Entwicklung geht oft mit einem enormen sozialen Wandel einher. Dieser hatzugleich enorme psychologische Auswirkungen auf die Menschen, auf Gesellschaft und Politik insgesamt. Die gesellschaftlichen Veränderungen wirken sich aus auf die sozialen Normen, die Familienstrukturen und das Wertesystem, sei es in Deutschland, sei es in China. Diese hiermit verbundenen Herausforderungen spiegeln das Spannungsgeschehen zwischen Tradition und Moderne. Daher bedarf die Berücksichtigung der psychologischen Dimension des Geschehens einer ganz besonderen Aufmerksamkeit. Passen sich Menschen und Kulturen, psychologisch gesehen, doch nur langsam an die wirtschaftlichen oder technologischen Entwicklungen an.
Ulrich Sollmann (erster von rechts) gemeinsam mit einer Delegation der Deutsch-Chinesischen Akademie für Psychotherapie (DCAP) beim Besuch einer TCM Klinik in Beijing im Jahr 2017 (Foto mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Sollmann)
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat bereits 1948 Gesundheit als einen Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens definiert und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen. Jegliches Bemühen im Gesundheitssystem aber auch in der Gesellschaft insgesamt zielt also notwendigerweise auch auf das psychische Wohlbefinden der Menschen.
China ist wirtschaftlich gesehen ist sehr erfolgreich. Doch der wirtschaftliche Wandel und die Urbanisierung in China bringen auch psychologische Herausforderungen wie Stress, Angst und Depressionen mit sich. Seit einigen Jahren gewinnt daher die Bedeutung der psychischen Gesundheit in der chinesischen Gesellschaft stark an Bedeutung. Die Entwicklung von psychologischer Beratung und Psychotherapie gehen einher mit psychologischen Dienstleistungen vor Ort, aber auch im Internet. In China werden immer mehr Fachleute ausgebildet, fachliche Expertise zertifiziert bzw. Krankenbehandlung sowie Gesundheitsförderung gesellschaftlich organisiert und gesetzlich verankert. Dies geschieht u.a. auch in enger Zusammenarbeit mit ausländischen Fachleuten wie z.B. der Deutsch-Chinesischen Akademie für Psychotherapie (DCAP). Als Mitglied der DCAP weiß ich um das engagierte Bemühen und die Expertise, welche sich in Zusammenarbeit seit mehr als 35 Jahren entwickelt hat (auch bekannt als Zhong de Ban).
Ulrich Sollmann nahm per Videolink an der elftenInternationalen Konferenz für Psychologie und Gesundheit teil, die im Juni 2023 in Chengdu stattfand. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Sollmann)
Zufriedenheit stellt gesellschaftlich und kulturell gesehen eine besondere Chance dar, sich mit dem Umstand vertraut zu machen, dass Menschen, Gesellschaften und Kulturen (auch) unterschiedlich sind. Dies stellt den Menschen und die Gesellschaft vor die Herausforderung, eine Balance zwischen (individuellen) Unterschieden und (gesellschaftlicher) Zugehörigkeit zu leben. Chinesische Studierende erleben dies besonders, wenn sie im Ausland studieren. Recht viele Studierende klagen aber auch über verschiedene psychische Schwierigkeiten.
Chinesische Studierende stellen die größte, internationale Population an deutschen Universitäten dar (außerhalb der EU). Die Studierenden machen dabei wichtige universitäre Erfahrungen und erleben sich zudem in einem völlig fremden, gesellschaftlich-kulturellen Kontext. Zusammen mit deutschen und chinesischen KollegInnen (unabhängig von der DCAP) haben wir daher eine Studie zur psychischen Verfassung von chinesischen Studierenden in Deutschland gestartet. Erste Ergebnisse der Studie liegen vor und sind publiziert (https://sollmann-online.de/wp-content/uploads/2022/03/16.pdf ). Weitere Ergebnisse erwarten wir im ersten Quartal 2024. Die ersten Ergebnisse bestätigen die Bedeutung der Berücksichtigung psychologischer Aspekte, die mit gesellschaftlichem Wandel, kulturellen Unterschieden einhergehen. Sie spiegeln auch, dass die Studierenden sich der Bedeutung bewusst sind, suchen gleichzeitig deutlich nach spezifischer, qualifizierter psychologischer Unterstützung. Sie sind neugierig auf die Erfahrung in der fremden Kultur, gleichzeitig stolz Chinese zu sein.
Ein Gruppenfoto der Teilnehmer am Jahrestreffen der Allianz Deutscher China-Gesellschaften e.V. in Düsseldorf am 25. November 2023 (Foto mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Sollmann)
Auch der psychischen Gesundheit der chinesischen Studierenden im Ausland schenkt die chinesische Regierung große Aufmerksamkeit. So wie beim letzten Jahrestreffen der Allianz Deutscher China-Gesellschaften e.V. 2023 in Düsseldorf wurde von offiziell-politischer Seite die Bedeutung der psychologischen Aspekte betont und bestätigt. Dabei unterstrich der Gesandte der chinesischen Botschaft aus Berlin die besondere Verantwortung, die man den chinesischen Studierenden gegenüber in Deutschland habe. So betonte auch ein hochrangiger Vertreter der Gesellschaft des chinesischen Volkes für Freundschaft mit dem Ausland (CPAFFC) das transkulturelle Bemühen bzw. die hiermit verbundene erforderliche Kunst vielschichtig, psychologisch mehrdimensional zu kommunizieren.
Transkulturell zu kommunizieren meint dabei (auch emotional) offen für sein Gegenüber zu sein, aus welchem Kulturkreis es auch immer stammen mag, ohne sich nur auf den eigenen kulturell geprägten Kommunikationsstil zu verlassen. Ich weiß selbst wie schwer und ungewohnt das vor allem bei Kommunikationsschwierigkeiten ist. Transkulturell zu kommunizieren meint daher auch sein Gegenüber verstehen zu wollen, sich in ihn reinzuversetzen, sozial sowie kulturell sensibel und empathisch zu sein. Man könnte diese Art von (transkulturellem) Dialog als die Kunst bezeichnen, gemeinsam zu denken. Gemeinsam und unterschiedlich zugleich.
*Ulrich Sollmann ist Diplomsozialwissenschaftler, Gast Professor an der Shanghai University of Political Science and Law (SHUPL), Executive Coach in Wirtschaft und Politik, Publizist, der regelmäßig beruflich tätig in China ist.
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