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Guochao – Der Trend zum China-Chic |
Von Zhao Yang · 2023-08-15 · Quelle:german.chinatoday.com.cn |
Stichwörter: Guochao;Kultur | Druck |
Guochao bedeutet wörtlich „nationale Welle“ oder „nationaler Trend“. Es handelt sich um einen neuen Verbrauchertrend in China, der auf die Vermarktung von Produkten mit chinesischen Kulturelementen setzt. Das Konzept kommt an und punktet vor allem bei der Generation Z.
Im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs besinnen sich einheimische Marken nämlich mehr und mehr auf traditionelle chinesische Kulturelemente. Ein Trend, der den Stolz der Chinesen auf die Errungenschaften ihrer Nation spiegelt.
Traditionelle Kulturelemente in ihre Produkte einfließen zu lassen – das ist zu einem Alleinstellungsmerkmal chinesischer Marken geworden, insbesondere bei Gang auf ausländische Märkte. Mittlerweile springen selbst ausländische Marken auf den Zug auf in der Hoffnung, so bei chinesischen Verbrauchern stärker zu punkten. Fashion, Alltagswaren, Smartphones und Autos – wer etwas auf sich hält, hat mittlerweile als Hersteller in China auch Guochao-Produkte im Sortiment. Mobiltelefone von Huawei oder Sportartikel der chinesischen Traditionsmarke Li Ning (benannt nach dem gleichnamigen chinesischen Olympiaturner) sind nur zwei Beispiele für Chinas aufstrebende heimische Marken. Sie sind zugleich Sinnbild des neuen kulturellen Selbstvertrauens im Reich der Mitte.
Bauklötze „Made in China“: Dieses Holzspielzeug des chinesischen Herstellers Muwan Shijia war vom 27. Januar bis zum 1. Februar 2018 auf der Nürnberger Spielwarenmesse zu sehen.
Bauklötze bauen den Erfolg
Die Spielzeugfabrik Chishi in Yunhe, einem Kreis in der ostchinesischen Provinz Zhejiang, war einst einer der ersten Holzspielzeughersteller auf dem chinesischen Festland. Der Betrieb ist ein Paradebeispiel für eine Industrie, die auf der Guochao-Welle zum Erfolg reitet. He Shouzhen, Gründer der Fabrik, begann 1973 mit der Fertigung von Holzspielzeug zu experimentieren. Heute, 50 Jahre später, floriert die Marke Muwan Shijia des Unternehmens. Mittlerweile wird die Fabrik von Hes Enkel He Bin geleitet. Er setzt sich für den Export innovativer Produkte ein, die klassisches Holzspielzeug mit traditionellen Kulturelementen verbinden.
Holzbau ist seit Jahrtausenden ein wichtiger Eckpfeiler der chinesischen Architekturgeschichte. Ein Schlüsselelement dabei ist die Zapfenverbindung, eine Technik, mit der zwei Holzstücke ohne den Einsatz von Nägeln ineinandergefügt werden. Muwan Shijia brachte eine Reihe von Holzklötzchen auf den Markt, die sich mithilfe von Zapfenverbindungen ineinander schieben lassen. Die Produkte haben im In- und Ausland eine große Fangemeinde gefunden.
„Länder wie Japan oder Südkorea verwenden chinesische Elemente in Animationsfilmen und kommerziellen Produkten, die im Westen große Erfolge feiern. Als die eigentlichen Erben der chinesischen Kultur können wir sicherlich noch mehr Inhalte zu diesem Trend beisteuern“, sagt He Bin. Traditionelle chinesische Architektur, Produkte mit chinesischer Farbgestaltung und andere Kulturelemente hätten seiner Meinung nach auch in anderen Ländern großes Potenzial. „Sie sind eine riesige Chance für die chinesische Spielzeugindustrie.“
Im vergangenen Jahr veranstaltete der Verband für Spielzeug und Kinder- und Jugendprodukte vier Messen. Mehr als 2000 in- und ausländische Unternehmen zeigten dabei über 5000 Marken und 500.000 Produkte.
Der Guochao-Trend spiegele ganz klar das Potenzial von „Made in China“, genauso wie chinesischer Marken, ja, einer Art „China Spirit“, findet Zeng Fanwen, geschäftsführender Direktor des Instituts für Kulturwirtschaft der Renmin-Universität. „Der Hauptgrund für den aktuellen Trend ist die Stärkung unserer nationalen Identität und unseres kulturellen Selbstvertrauens“, sagt er. „Guochao schöpft Inspiration und Kreativität aus der traditionellen chinesischen Kultur. Es ist damit eine Manifestation chinesischer Ästhetik und treibt die Verbreitung nationaler Marken voran.“
Die Entwicklung des Guochao-Geschäfts stütze sich letztlich auf Innovationen, technisch wie kulturell, aber auch bei Produkten und Marken. Und diese gäben neue Impulse für eine hochwertige Wirtschaftsentwicklung, sagt Zeng. Gleichzeitig verbinde Guochao die traditionelle Kultur mit dem modernen Lebensstil von heute. Der Trend sorge dafür, dass die alte Kultur wieder Teil des Alltags werde und ebne so einen neuen Weg für ein kulturelles Revival.
2014 brachte Muwan Shijia eine Serie von Bauklötzen heraus, die einige berühmte Städte und deren Wahrzeichen zeigen. Die Reihe erhielt auf der berühmten Nürnberger Spielwarenmesse eine Vielzahl von Bestellungen. Ende 2022 sorgte auch die Zapfenhüttenserie des Unternehmens für Aufsehen, die ebenfalls auf chinesischer Architektur basiert. He Bin sieht sich durch die jüngsten Erfolge bestätigt. Er ist überzeugt, dass Guochao der Schlüssel zum Erfolg für heimische Hersteller ist.
Muwan Shijia hat seine Nische gefunden und inzwischen weitere China-Produkte auf den Markt gebracht, unter anderem das Kongming-Schloss. Das Knobelspiel, das auf acht traditionellen chinesischen Kultursymbolen basiert, soll vor über 2000 Jahren von dem Chinesen Zhuge Kongming erfunden worden sein. Es gilt als Vorläufer des Zauberwürfels und traditionelles chinesisches Knobelspielzeug mit intellektuellem Anspruch. Ein weiterer Verkaufsschlager aus dem Hause Muwan Shijia ist ein Schachspiel mit chinesischen Fabelwesen als Figuren.
Die Produkte des chinesischen Holzspieleherstellers haben sich auf dem internationalen Markt mittlerweile einen Namen gemacht. „Wir versuchen zu zeigen, dass chinesische Marken, die unsere Kultur und Denkweise spiegeln, das Zeug haben, globale Märkte zu erobern“, sagt Unternehmer He.
Vorläufer des Zauberwürfels: Mit dem Kongming-Schloss, einem traditionellen Knobelspiel, haben sich die Menschen in China schon in alten Zeiten die Zeit vertrieben.
Die „Glücksräder“ von Montresor
Letztes Jahr erlebte eine weitere chinesische Marke einen kometenhaften Aufstieg. Montresor, Hersteller hochwertiger Kinderfahrräder, wurde aufgrund seiner umweltfreundlichen Materialien und seines unverwechselbaren Designs zu einem Bestseller auf Tmall, einer der größten chinesischen E-Commerce-Plattformen. Zhao Lanmin, Gründer der Marke, sagt, bei der Produkteinführung 2019 habe man im Inland jährlich gerade einmal 3500 Räder abgesetzt. 2022 sei die Zahl dann sprunghaft auf rund 110.000 Stück geklettert. In diesem Jahr sollen es sogar 200.000 werden.
Das Interesse der Kunden an Produkten mit China-Touch habe rasant zugenommen, bestätigt auch Zhao, insbesondere bei der jüngeren Generation. „Die traditionelle Kultur feiert in den letzten Jahren ganz klar ein Revival. Fernöstliche Elemente üben eine große Faszination auf junge Menschen in China aus“, sagt er. Zhaos Team wertete seine Produkte deshalb optisch auf, mit Hinguckern wie Bildern der Verbotenen Stadt oder buddhistischer Kunst aus den Dunhuang-Höhlen im Nordwesten Chinas. So will das Unternehmen der Kundschaft ein anderes visuelles Erlebnis bieten.
Seit vergangenem Jahr sind die Produkte von Montresor über Amazon auch in den USA zu haben. Im Juni nahm das Unternehmen zudem an einer Messe in Frankfurt teil, um den europäischen Markt zu erkunden.
Chinesische Fabelwesen statt Läufer, Turm und Springer: Ein von Muwan Shijia entworfenes Schachspiel enthält eine Reihe von Elementen aus chinesischen Legenden.
Die Macht der Generation Z
Befeuert wird der Hype vor allem durch die Generation Z. Sie hat sich zu einem Zugpferd für die Entwicklung nationaler Trendprodukte entwickelt. Chinas Jugend experimentiert mutig mit einheimischen Marken in verschiedenen Sektoren und hilft diesen auf diese Weise, sich einen Platz im umkämpften Markt zu sichern.
Zeng Fanwen von der Renmin-Universität sieht die Guochao-Welle als Teil einer historischen Mission. Der Trend spiele eine wichtige Rolle beim Aufbau des sogenannten doppelten Wirtschaftskreislaufes, ein neues Entwicklungsgefüge, auf das China setzt. Darin soll der riesige inländische Wirtschaftskreislauf die Hauptrolle spielen, während sich inländische und internationale Wirtschaft parallel als Doppelkreislauf gegenseitig fördern. Außerdem trügen die neuen Produkte und Marken dazu bei, Chinas Image in der Welt zu verbessern, so Zeng.
Obwohl Guochao den Unternehmen Entwicklungsmöglichkeiten und Vorteile beschert hat, sieht es sich auch mit Problemen wie Produkthomogenisierung und übermäßigem Marketing konfrontiert.
He Bin ist aber davon überzeugt, dass es in jeder Branche und jedem Segment zukunftsweisende Unternehmen geben wird, die die traditionelle Kultur im Ausland verbreiten. Er hofft, dass in Zukunft noch mehr Firmen auf originelle Designs und Innovationen setzen.
Damit Guochao auch weiterhin auf der Erfolgsspur bleibe, müssten Firmen auf mehr Qualität und bessere Inhalte setzen, sagt He. Auch sei es wichtig, in die Digitalisierung zu investieren. Im Digitalzeitalter könne man nur bestehen, wenn man mit digitalen Innovationen und digitalem Marketing punkte. Firmen müssten hierfür ihre Plattformen erweitern, sich auf dem heimischen Markt etablieren und gleichzeitig den Gang ins Ausland wagen. Ziel sei es letztlich, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und den Einfluss chinesischer Marken zu stärken.
Bei alledem dürfe man jedoch eines nicht aus den Augen verlieren, gibt Zeng zu bedenken: das Konsumerlebnis und die ästhetischen Vorlieben der Verbraucher. Es müssten zudem unabhängige Rechte an geistigem Eigentum geschaffen werden. „Und chinesische Unternehmen sollten noch besser darin werden, die Geschichte ihrer Markenentwicklung gut zu erzählen“, so Zengs Fazit.
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