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Wohltätiges Engagement: Beamter vermittelt jungen Tibetern Wissen und Fähigkeiten |
Von Li Nan · 2023-05-18 · Quelle:german.chinatoday.com.cn |
Stichwörter: Tibet | Druck |
Zwischen 2016 und 2019 war Zhu Hongfei (links) als Freiwilliger in Tibet tätig. Hier ist der 44-Jährige Anfang April bei einem Wohltätigkeitskonzert in Guangzhou, der Hauptstadt der Provinz Guangdong, zu sehen.
Dreihundertsiebzig Kinderbücher - das waren die „Ticketeinnahmen“, die Hobbysänger Zhu Hongfei bei einem Wohltätigkeitskonzert am 8. April dieses Jahres generierte. Den Gig hatte er gemeinsam mit Freunden organisiert, und zwar in der Millionenmetropole Guangzhou, der Hauptstadt der Provinz Guangdong, wo er als Beamter arbeitet. Der Eintrittspreis für das Event: ein Kinderbuch als Spende. So war es in der Ankündigung ausgeschrieben.
Rund 400 Musikfreunde folgten dem Aufruf. „Jeder war eingeladen, eines seiner Lieblingsbücher mit einer handgeschriebenen Widmung mitzubringen. Die Bücher waren als Geschenke gedacht für Kinder in Tibet“, erklärt der 44-Jährige im Interview mit der Beijing Rundschau.
Zhu ist ein Mann mit vielen Talenten und ihn verbindet eine besondere Liebe für das Autonome Gebiet Tibet. Als Schriftsteller hat er bereits zwei Sachbücher über die Gegend veröffentlicht, als Bergsteiger erklomm er im Mai 2018 den Gipfel des Qomolangma, des höchsten Berges der Welt, der im Westen besser als Mount Everest bekannt ist. Wenn er in seiner Freizeit nicht schreibt oder klettert, arbeitet Zhu als Beamter, und zwar in Guangdong. Zuvor hatte man ihn für drei Jahre nach Tibet entsandt.
Praxisübung: Studierende der Berufsschule von Nyingchi im Autonomen Gebiet Tibet erproben am 23. Juni 2022 ihre frisch erworbenen Vermessungskenntnisse.
Eine Reise, die alles verändert
2008 reiste Zhu erstmals nach Südtibet, genauer gesagt in die Stadt Nyingchi. Ziel war eine 130 Kilometer lange Wanderung von der Stadt Pai in den Kreis Medog, der in den südlichen Ausläufern des Himalayas gelegen ist. Medog war damals Chinas letzter von der Außenwelt „abgeschnittener Kreis“. Erst im Jahr 2013 schloss man ihn an das Straßennetz an. „Ich war zum damaligen Zeitpunkt 28 Jahre alt und gerade von der Liebe und dem Leben enttäuscht“, erinnert sich Zhu zurück und lacht. Die viertägige beschwerliche Wanderung über schneebedeckte Berghänge und durch tiefe Wälder heilte sein gebrochenes Herz. Und er entdeckte eine neue Liebe: seine Leidenschaft für Tibet. Von da an suchte er nach einer Möglichkeit, dort zu arbeiten.
Als Beamter in der Abteilung für Personalwesen und soziale Absicherung der Provinz Guangdong erhielt Zhu 2016 die Möglichkeit, im Rahmen eines Programms der Zentralregierung drei Jahre lang als Freiwilliger in Tibet zu arbeiten, um der Region entwicklungsmäßig unter die Arme zu greifen. Anlass war die Einführung einer Politik zur stärkeren Unterstützung Tibets im Jahr 1994 durch die Zentralregierung. In deren Rahmen wurden die entwickelten Provinzen dazu ermuntert, bestimmte Städte und Kreise in Tibet im Zuge eines Partnerschaftsprogramms zu unterstützen. Guangdong war eine der entwickelten Provinzen, die sich an der Aktion beteiligte. Zhu wurde letztlich zum stellvertretenden Leiter der Abteilung für Personalwesen und soziale Absicherung in Nyingchi ernannt. „In Tibet zu arbeiten und etwas für die Region zu tun, war schon lange mein Traum“, sagt der heute 44-Jährige.
Während seiner Amtszeit in Tibet überzeugte Zhu die Regierungen von Guangdong und Nyingchi, eine öffentliche Berufsschule in Nyingchi einzurichten, die erste ihrer Art in der Stadt. „Der beste Weg, Tibet zu helfen, besteht meines Erachtens darin, für bessere Bildung zu sorgen. Der Region fehlt es noch immer an qualifizierten Arbeitskräften. Eine örtliche Berufsschule kann da Abhilfe schaffen. Sie ermöglicht es, junge Menschen vor Ort auszubilden, die keinen Zugang zu einer Hochschule haben“, sagt er.
Zhu übernahm eine federführende Rolle bei den Vorbereitungen zur Gründung der Schule, wirkte in allen Bereichen mit - von der Erstellung des Machbarkeitsberichts bis zur Beantragung der nötigen Mittel aus Guangdong. Im Juni 2020, ein Jahr nachdem er Tibet verlassen hatte, nahm die Facharbeiterschule in Nyingchi schließlich offiziell den Lehrbetrieb auf. Bisher hat die Schule 48 Workshops abgehalten, in den Bereichen Kochen, Hauswirtschaftslehre, ländlicher E-Commerce, Erste Hilfe sowie Vermessung und Kartographierung. Im Rahmen der Kurse wurden rund 2800 einheimische Arbeitskräfte geschult.
„Die Herausbildung eines lokalen Talentpools hat für die Entwicklung der Humanressourcen in Tibet oberste Priorität. Nur wer sich Tibet aufrichtig verbunden fühlt, wird letztlich dauerhaft zum Aufbau der Region beitragen“, ist sich Zhu sicher.
Stapelweise Spenden: Bei einem Wohltätigkeitskonzert in Guangzhou sammelt Zhu gemeinsam mit Freunden Bücher als Geschenke für tibetische Kinder.
Lesen für alle
Parallel dazu hat Zhu eine kleine Gemeinschaftsbibliothek eingerichtet. Er selbst sei eine echte Leseratte, gesteht er. Doch bei seiner Ankunft in Nyingchi im Juli 2016 musste er feststellen, dass es nur eine alte öffentliche Bibliothek in der Stadt gab, dazu einen einzigen Buchladen, der hauptsächlich Arbeitsbücher und Prüfungsvorbereitungsmaterialien anbot. „Das Leben in Nyingchi war wunderbar. Einziger Wehrmutstropfen war, dass es an öffentlichen Leseplätzen mangelte“, so Zhu.
„Ich beschloss daher, meine Unterkunft in eine Mini-Gemeinschaftsbibliothek zu verwandeln.“ Der Bücherwurm statte kurzerhand sein eigenes Wohnzimmer mit einem großen Bücherregal, einer Kaffeemaschine und einem Projektor aus. Anschließend lud er online alle Interessierten dazu ein, vorbeizuschauen. In dem Aufruf hieß es: „Jeder ist herzlich eingeladen, in meiner kleinen Gemeinschaftsbibliothek kostenlos zu schmökern, Kaffee zu trinken oder sogar zu übernachten, solange er oder sie bereit ist, etwas mit anderen in der Bibliothek zu teilen, sei es ein Buch, eine Geschichte, ein Lied oder das Angebot, die Bibliothek zu reinigen.“
Schon bald füllte sich Zhus Bücherregal mit mehr als 400 Büchern, die er entweder selbst angeschafft oder von Internetnutzern bzw. Besuchern geschenkt bekommen hatte. Die Bibliothek wurde bald zu einem Anlaufziel für Rucksacktouristen. „Es ist ein Ort, an dem Menschen Bücher, Musik und Liebe teilen können“, sagt der Mini-Bibliothekbetreiber. „Leider wurde meine kleine Bücherstube am 3. Juli 2019 geschlossen, dem Tag, an dem ich Tibet verließ.“
Die enge Verbindung bleibt ungebrochen
Trotz der großen Entfernung ist Zhus Liebe zu Tibet und den Menschen dort ungebrochen. Noch immer reist er jedes Jahr mindestens einmal in die Region. Das ist zu einem festen Ritual geworden. Aus dem Wunsch heraus, die Menschen auf der Hochebene weiter zu unterstützen, kam ihm die Idee zum eingangs erwähnten Wohltätigkeitskonzert mit Bücherspendenaktion. „Wir haben Rock und Folk gespielt. Und neben den Darstellern wurden auch alle Zuschauer dazu ermutigt, sich durch Improvisationen auf der Bühne einzubringen“, erzählt Musikliebhaber Zhu.
Die Bücherspendenaktion war ein voller Erfolg. Die Widmungen in den Büchern bewegten Zhu sehr. „Für tibetische Schüler ist jedes Buch ein echtes Geschenk, keine einfache Sachspende“, sagt er.
Neben den auf dem Konzert gesammelten Schriften erhielt Zhu auch Buchspenden von Studierenden der Shaoguan-Universität in Guangdong und von Mitarbeitern des Amerikazentrums der China International Communications Group (CICG). „Mein Ziel war es, bis Ende April 1000 Bücher zu sammeln. Sie alle werden an die Singpori-Grundschule im Bezirk Shuanghu gehen, um deren Bibliothek zu bereichern“, so Zhu.
Für die Zukunft hofft der junge Beamte, jedes Jahr ein Konzert zu organisieren und es zu einer einflussreichen Marke zu machen, um mehr Menschen zum Austausch von Büchern anzuregen. Die gesammelten Bände sollen dann jedes Jahr an eine ländliche Grundschule in einem anderen Teil Tibets gehen. „Vielleicht kann ich ja eines Tages sogar ein Konzert in einer dieser Grundschulen in Tibet organisieren“, so Zhus Wunsch.
Die Begeisterung soll anstecken
Auch versucht Zhu, seine Leidenschaft für Tibet an die nächste Generation weiterzugeben. Privat macht er das, indem er seinen Sohn Zhu Feng in seine Veranstaltungen mit Tibetbezug einbindet, darunter mehrere Reisen in die Region und die Mitarbeit beim Wohltätigkeitskonzert. Die große Begeisterung für Tibet des Papas hat sich sogar im Namen des Neunjährigen manifestiert. Sein Name ist ein Homonym für die Abkürzung des Berges Qomolangma im Chinesischen.
2018, dem letzten Jahr seiner Amtszeit in Tibet, wurde Zhu eingeladen, ein Buch über die Freiwilligenarbeit in der Gegend zu schreiben. Dafür fuhr er eigens durch alle 74 Bezirke Tibets und sprach mit über 600 Einheimischen und Freiwilligen. Ein Jahr später erschien sein Sachbuch „Plateau Driving: A Journey Through Tibet From Pastureland to Wasteland“ (Über die Hochebene: Eine Reise durch Tibet vom Weideland zum Ödland). Bisher gingen über 10.000 Exemplare davon über die Ladentheke.
In seiner Freizeit hält Tausendsassa Zhu heute auch Vorträge über Tibet. Er sprach bereits in einem Dutzend von Schulen und Buchhandlungen in Guangdong. „Ich tue dies zum einen, um das Buch bekannter zu machen. Zum anderen möchte ich auch Wissen über Tibet verbreiten“, sagt er. Die Geschichten, die er erzähle, handelten von Freiwilligen in Tibet, vom Bergsteigen auf dem Qomolangma und dem Dach der Welt.
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