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Grün ist Gold: Umweltschutz und Aufforstung auf dem Dach der Welt

Von Li Guowen  ·   2024-01-18  ·  Quelle:german.chinatoday.com.cn
Stichwörter: Tibet;Xizang
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Tsayang ist waschechte Tibeterin. Die Dreißigerin lebt im Lugu-Wohnviertel im Stadtbezirk Chengguan von Lhasa. Ihr großes Hobby: Wandern. Nach Feierabend zieht es sie oft in den Dzongyab-Lukhang-Park hinter dem Potala-Palast. Dort schlendert sie mit Vorliebe unter den alten Weiden am Ufer des Longtan-Sees entlang und erfreut sich an den Mandarinenten und Rostgänsen, die sich im Park tummeln. Am Wochenende besucht sie das Lhalu-Feuchtgebiet, um Wasservögel zu beobachten und sich an der Schönheit des Potala-Palasts zu erfreuen, den man von hier aus gut sieht. Jüngst hat sie aber auch noch ein neues Ausflugziel für sich entdeckt: den Südberg-Park, auf Chinesisch Nanshan-Park. Dort schlängelt sich ein von Bäumen gesäumter Kulturpfad durch das Grasland und führt Besucher zum berühmten „Spiegelsee“, in dem man die Silhouette des Potala-Palastes erkennt. Am Wochenende erklimmt Tsayang oft den Gipfel des Nanshan, um von der Anhöhe aus die „heilige Stadt“ zu überblicken. 

   

Beliebtes Fotomotiv: Im „Spiegelsee“ im Nanshan-Park spiegelt sich der Potala-Palast wider. (Foto: Li Guowen)  

In zehn Jahren vom Ödland zur „Sauerstoffkammer“ 

Vor einem Jahrzehnt noch waren die rund 107 Hektar des Nanshan-Parks am Ufer des Lhasa-Flusses karges Ödland. Über das Grasland am Fuße des Berges fegten oft verheerende Sandstürme. Tsayang erinnert sich noch gut, wie zu Kindertagen solche Stürme übers Land wirbelten und dem Lugu-Wohnviertel zu schaffen machten. Nach dem Sturm war alles von einer dünnen Staubschicht bedeckt. 

KP-Mitglied Li Baoping arbeitet in der Forst- und Grünlandverwaltung von Lhasa. Zuvor war er im örtlichen Kreis Quxu tätig. In dieser Region, wo der Lhasa-Fluss und der Yarlung Tsangpo zusammenfließen, lag einst die Quelle der Sandstürme. Noch bis vor einem Jahrzehnt, erzählt Li, habe Quxu jedes Jahr von Ende Dezember bis Mitte April unter heftigen Sandstürmen gelitten. Sand und Staub seien entlang des Flusses bis nach Lhasa geweht. Heute passiere dies nur noch selten, sagt er. Abhilfe schafften neu gepflanzte Bäume und Wälder, die die Stadt heute vor Sandstürmen schützen. „Ökologische Sanierungsmaßnahmen und die Renaturierung der Fluss- und Gebirgslandschaften haben unser Lebens- und Arbeitsumfeld hier also positiv verändert“, sagt der Parteikader. 

Um Lhasa zu einer Ökostadt zu machen, ergriff die Regierung eine ganze Reihe von Maßnahmen. Der entscheidende erste Spatenstich fiel im Jahr 2008, als der erste Baum am südlichen Ende der Lhasa-Brücke gepflanzt wurde. 2011 startete das Institut für Wald- und Holzforschung des autonomen Gebiets ein Baumarten-Experiment. Die Ergebnisse dienten als wissenschaftliche Grundlage für die Saatgutauswahl zur Aufforstung des Nanshan-Berges. Ein Jahr später begannen die Planungen und Vorbereitungen für eine großangelegte Begrünung des Gebirges. 2018 weitete man die Anstrengungen auch auf den Nordberg aus, die Bergregionen um Lhasa also, um gezielt Schutzbarrieren im Norden der Stadt aufzubauen. 2021 fiel dann der offizielle Startschuss für das Begrünungsprojekt. Längst wird es dank seiner Erfolge als Modellprojekt im Autonomen Gebiet Xizang (Tibet) für den Schutz und die Wiederherstellung der Ökosysteme von Flusstälern gefeiert. 

Im Rahmen des Großprojekts zur Aufforstung des Nanshan-Berges habe man unterschiedliche Wälder für unterschiedliche Zwecke gepflanzt, führt Li weiter aus, beispielsweise Wälder zur Erhaltung von Boden und Wasser, ökologische Landschaftswälder und botanische Gärten. Am Anfang des Projekts hätten die zuständigen Experten mit Bepflanzungen in verschiedenen Höhenlagen und unter verschiedenen Bedingungen experimentiert. Mit Erfolg. Ein besonderer Durchbruch sei die erfolgreiche Bepflanzung von trockenen und halbtrockenen Gebirgsböden in Höhenlagen über 3900 Meter gewesen, sagt Li. 

Funktionär Luo Yunfei wurde einst zur Unterstützung der Arbeit an der Basis nach Xizang entsandt und war an den Aufforstungsaktivitäten vor zehn Jahren persönlich beteiligt. Er erinnert sich noch gut an die Baumpflanzaktion in Lhasa: Jedes Jahr zum chinesischen Baumpflanztag am 12. März seien alle Regierungsbeamten in Xizang mobilisiert worden, um mit gutem Beispiel voranzugehen und eigenhändig Bäume zu pflanzen. 2015 und 2016 hätten Beamte so Bäume an den Hängen des Nanshan-Berges gepflanzt. Für die Hangabschnitte, an denen die Überlebensrate der Setzlinge unter 80 Prozent lag, seien im darauffolgenden Jahr Nachpflanzungen vorgenommen worden. 

An der Begrünung des Südberges sei die gesamte Gesellschaft beteiligt gewesen. Neben den Regierungsbeamten in Xizang hätten sich auch die ethnischen Minderheiten der Hui und Yi aus Lhasa, Vertreter der tibetischen Minderheit aus den ländlichen und pastoralen Gebieten sowie Wanderarbeiter aus Sichuan, Gansu und anderen Provinzen des chinesischen Festlands beteiligt. Was die Geldmittel für die Aufforstung betrifft, habe man zusätzlich zur staatlichen Finanzierung auch Spenden von großen Mitgliedsunternehmen des Gesamtchinesischen Industrie- und Handelsverbands gesammelt, so Li. Darüber hinaus sei eigens eine App kreiert worden, mit der auch Privatpersonen online spenden konnten. 

Tashi, der als Gärtner im Nanshan-Park arbeitet, bestätigt uns, dass die Berghänge hier vor zehn Jahren noch ganz anders ausgesehen haben, nämlich völlig kahl. Heute dagegen ist das einst schroffe Bergland von sattem Grün bedeckt. In den letzten Jahren konnten sich die Bäume an den Hängen auf natürliche Weise vermehren. Heute sehe man sogar Wildtiere, sagt Tashi. Längst ist der Park ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen. Berichten lokaler Medien zufolge wurden am 18. Oktober 2022 Weißlippenhirsche, in China eine geschützte Tierart der Kategorie 1, am Ufer des Lhasa-Flusses gesichtet. Auf der Suche nach Nahrung streiften sie am Ufer entlang und erfrischten sich im Flusswasser. 

Laut Statistiken der Forst- und Grünlandverwaltung von Lhasa wurden allein 2022 insgesamt 1,37 Milliarden Yuan in das Projekt zur Begrünung der Nord- und Südberge investiert. Insgesamt wurden rund 9300 Hektar Gebirgsland aufgeforstet, darunter rund 6300 Hektar künstlich angelegte Wälder, zirka 630 Hektar Waldreservate, etwa 2400 Hektar durch allgemeine Aussaat angepflanzte Wälder und rund 46,7 Hektar per Flugzeug ausgesäte Waldflächen. Die daraus hervorgegangenen reichen Umweltressourcen sind für die Bürger von Lhasa zu einer Art „Naturimmobilien“ mit Glücksfaktor gereift. 

Neues Jahrzehnt: Grüner Gürtel soll Lhasa umgeben 

Spaziert man im goldenen Oktober durch den Nanshan-Park, sind die Hänge in ein herbstliches Blätterkleid gekleidet. Zwischen dem Grün blitzen hier und da kräftige orange-rote Farbtupfer auf. Wer den Pfad bis nach oben wandert, wird mit einer herrlichen Aussicht auf die malerische Landschaft belohnt. Der Lhasa-Fluss schlängelt sich gemächlich durch die Stadt, in der Ferne zeichnet sich majestätisch der Potala-Palast ab. Kaum vorstellbar, dass dieser traumhafte Park vor einem Jahrzehnt noch tristes Ödland war. 

Im nächsten Jahrzehnt will Lhasa das Projekt zur Begrünung der Berge fortsetzen. 2022 hat man hierzu einen entsprechenden Plan für die Jahre 2021 bis 2030 vorgelegt. Der Plan sieht Investitionen von rund 27,9 Milliarden Yuan vor und kommt 35 Gemeinden in neun Kreisen zugute. 

Bis 2030 will man eine Waldfläche von etwa 137.800 Hektar erschaffen, im Einklang mit der Natur und den örtlichen Gegebenheiten. Es soll insbesondere Durchbrüche in Schlüsseltechnologien geben. Bereiche unterhalb von 3900 Metern sind als Gebiete für die Anpflanzung von Hochwäldern ausgewiesen, in Höhenlagen zwischen 3900 und 4100 Metern sollen Büsche gepflanzt werden und oberhalb von 4100 Metern Waldreservate entstehen, was einen wissenschaftlich fundierten Handlungsleitfaden für eine effektive und geordnete Umsetzung des Begrünungsprojekts liefert. 

Die Fortsetzung des Projekts dürfte die Umwelt rund um Lhasa erheblich verbessern und die ökologischen Funktionen der Wälder in der Region merklich stärken. Nach Abschluss des Großvorhabens soll die neue Waldfläche 600-fach so groß sein wie die derzeitige Waldfläche des Nanshan. Die Wälder sollen in der Lage sein, jährlich zusätzliche 49,8 Millionen Tonnen Wasser zu speichern. Darüber hinaus werden auch rund 230.000 Tonnen Kohlenstoff pro Jahr gebunden, 193.000 Tonnen Sauerstoff freigesetzt und knapp 27.000 Tonnen Dünger produziert. Experten beziffern den ökologischen Wert auf 1,485 Milliarden Yuan pro Jahr. 

Das Projekt dürfte die Bauern und Hirten in Lhasa anspornen, sich an der Aufforstung zu beteiligen und so ihr Einkommen zu steigern. Und das wiederum dürfte den Glücksindex in der Region noch einmal heben. Somit kann man sagen, dass das Projekt einen dreifachen Nutzen hat, nämlich einen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Gewinn darstellt. Allein im Jahr 2022 packten ungefähr 500.000 Menschen bei den Begrünungs- und Aufforstungsarbeiten mit an. Das Einkommenswachstum, das durch das Projekt generiert wurde, beläuft sich auf 590 Millionen Yuan. 

Hochland für grüne Entwicklung 

Ein Jahrzehnt der Begrünung und Aufforstung in Lhasa ist nicht nur zu einem Querschnitt der ökologischen Entwicklung Xizangs geworden. Laut einer Mitteilung des Pressebüros des autonomen Gebiets stehen mehr als 50 Prozent der Landfläche Xizangs aktuell unter besonderem Schutz. Darüber hinaus gibt es in Xizang noch 47 Naturschutzgebiete verschiedener Art mit einer Gesamtfläche von 412.200 Quadratkilometern. Seit 2016 gelang es, jedes Jahr durchschnittlich 537.000 Arbeitsplätze im Bereich Umweltschutz zu schaffen. 12,6 Milliarden Yuan an ökologischen Kompensationszahlungen wurden geleistet. Immer mehr tibetische Städte und Kreise werden grüner, was den Menschen vor Ort mehr Lebensqualität bringt. 

Auch der größte See Xizangs, der Serling Tso, liegt in einem nationalen Naturschutzgebiet, und zwar im Norden des autonomen Gebiets, genauer gesagt an der Grenze des Kreises Xainza in der Stadt Nagqu. Umgeben ist der See von weiten Graslandschaften, die zahlreichen Wildtieren als Lebensraum dienen. In den letzten Jahren haben der Staat und die tibetische Regierung insgesamt 35,79 Millionen Yuan in das Ökoeffizienz-Ausgleichsprogramm für die Feuchtgebiete im besagten Naturschutzgebiet investiert. Man setzt in diesem Zusammenhang auf ein ausgeklügeltes System an Überwachungs- und Schutzmaßnahmen zur Sicherung der Artenvielfalt der Feuchtgebiete. Und das trägt Früchte: Heutzutage erhaschen Touristen in den Feuchtgebieten rund um den Serling Tso immer öfter einen Blick auf seltene Tiere wie die Tibet Antilope. 

Bereits 2014 startete Xizang das Aufforstungs- und Begrünungsprojekt in den Einzugsgebieten der „Zwei Ströme und vier Flüsse“, und zwar mit einem Budget von 30 Milliarden Yuan. Die Bezeichnung „zwei Ströme“ bezieht sich auf den Yarlung Tsangpo und den Nu, mit den „vier Flüssen“ sind der Lhasa-Fluss, der Nyangqu, der Yarlung sowie der Sengge Zangbo gemeint. Entlang dieser Gewässer leben in Xizang über 80 Prozent der Bevölkerung. 

Zwischen den Kreisen Gonggar und Sangri in der Stadt Shannan, welche sich im Einzugsgebiet des Yarlung Tsangpo befindet, hat die Vegetation das lokale Klima verändert. In den 1990er Jahren traten hier über 60 Tage lang Sandstürme auf. Heute kommt es nur noch an etwa sieben Tagen pro Jahr dazu. 

Xizang hat sich den Slogan der Regierung, dass grüne Landschaften von unschätzbarem Wert sind, aufrichtig zu Herzen genommen und das Konzept auch auf Schnee- und Eislandschaften übertragen. Auch in Zukunft will man hier Umweltschutz und ökologische Sanierung systematisch angehen, wobei verschiedene Landschaftsformen als ganzheitliches Ökosystem wahrgenommen werden, Berge, Flüsse und Wälder, Äcker, Seen und Wiesen, sowie auch Wüsten-, Eis- und Schneelandschaften. Dem Umweltschutz wird also eindeutig Vorrang eingeräumt und man setzt konsequent auf eine grüne Entwicklung. 2021 erließ die Regierung die „Verordnung zur Entwicklung eines nationalen ökologischen Zivilisationshochlands im Autonomen Gebiet Xizang (Tibet)“, die seither emsig umgesetzt wird. Damit konnten das Niveau des Umweltschutzes weiter gehoben und beim Schutz der Ökosysteme neue Fortschritte erzielt werden. Das beweisen auch die Zahlen: 2022 waren bereits 12,31 Prozent der Fläche Xizangs bewaldet. 

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