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Kuh ohne Weide: Retrospektive Anselm Kiefers in Beijing

  ·   2016-11-21  ·  Quelle:Radio China International
Stichwörter: Ausstellung;Kultur;Beijing
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Eine Kuh wie Pasiphae braucht viel Luft zum Atmen und Ruhe zum Grasen. Ihre Betrachter benötigen Raum, um alle Dimensionen ihrer Erscheinung erfassen zu können. In der Ausstellungshalle der Zentralen Akademie der Bildenden Künste (CAFA) in Beijing wirkt sie deplatziert, eingepfercht inmitten der dicht an dicht gehängten Bilder der ersten großen Retrospektive des Künstlers Anselm Kiefer in China.

Lange freute sich die chinesische Künstlerszene auf diese Ausstellung im Winterquartal 2016, die ein Höhepunkt des Jahres sein sollte. Seit den 1980er Jahren gilt Anselm Kiefer in China als wichtiges Vorbild. Mit seiner enormen Schaffenskraft durchbrach er das Primat der Bewegungen des Pop-Art, des Minimalismus und der abstrakten Kunst, um auf persönliche Weise zum figürlichen Darstellen in der Tradition der Historienmalerei zurückzukehren. Stilistische Vorlieben teilte er mit seinem Mentor Joseph Beuys. So verwendete Kiefer in vielen seiner Werke Blei, Asche, Stroh, Tonerde, angebranntes Holz und Stofffetzen, um Bildräume für historische, mythologische und politische Themen zu schaffen. Oftmals provozierend sprach er damit auch gesellschaftlich tabuisierte Themen an. Vor allem der Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands und mit modernen Konzepten der Nation stieß in China auf großes Interesse.

Über nahezu zwei Jahre hinweg bereiteten sich die Organisatoren auf Kiefers Ausstellung in Beijing vor. Immerhin mussten nahezu 90 großformatige und mitunter „bleierne" Exponate eingeflogen werden. Doch stießen die Kuratoren auch auf große Schwierigkeiten innerhalb des Vorbereitungsprozesses, insbesondere im Hinblick auf die Kommunikation mit dem Künstler selbst. Einen Tag vor der Ausstellungseröffnung meldete sich der 71-jährige Kiefer unerwartet aus Frankreich mit scharfer Kritik an den Organisatoren, insbesondere an der Hamburger Kunstfirma Bell Art Center und den Kuratoren des Ludwig Museums in Koblenz, die mit der chinesischen Seite in Kontakt gestanden hatten. Kiefer bemängelte, er sei nicht in den Vorbereitungsprozess der Ausstellung eingebunden gewesen. Auswahl und Hängung der Bilder erschienen willkürlich und planlos. Er fühle sich als Künstler übergangen, weshalb die Ausstellung folglich nicht eröffnet werden dürfe.

Die Organisatoren auf chinesischer Seite betonten die vertragliche Rechtmäßigkeit der Ausstellungsvorbereitungen, zudem seien hohe Summen investiert worden, um die Exponate nach China zu bringen und sie in angemessenem Rahmen aufzustellen, weshalb die Ausstellung wie geplant durchgeführt werde. Der Tag der Vernissage verzeichnete dann auch einen großen Besucherandrang, doch schien die Stimmung gedrückt und angespannt. Stark besetztes Sicherheitspersonal, Zurückhaltung in der Eröffnungsrede und verstohlenes Geflüster vor den großartigen Werke Anselm Kiefers machten den Besuch zu einem höchst bizarren Erlebnis, immer mit dem schlechten Gewissen im Nacken, dass man gerade selbst mit dem Museumsbesuch einen ausdrücklichen Wunsch des Künstlers missachtete.

Aus objektiver Sicht bestätigen sich die Kritikpunkte, die Kiefer am Vortag vorgebracht hatte: Die Exponate präsentierten sich dicht an dicht auf nur einer Etage der CAFA in einer weitläufig konzeptfrei erscheinenden Hängung. Was sucht die Kuh Pasiphae im Durchgangsbereich platziert in ihrem Glaskasten? Kiefer selbst kommentierte einst dieses Werk: „Eine Kuh ist nicht eine Kuh. Es gibt nichts, was nur so an und für sich bleiben kann. Zu einem Bild gehört immer, dass es in Bezügen steht. Es ist eine Eröffnung." Bezüge, genau dies schien es zu sein, woran es der Ausstellung mangelte. Auch die freundlich zur Bilderläuterung angebotenen QR-Codes konnten da nicht weiterhelfen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 8. Januar 2017 im Museum der Zentralen Akademie der Bildenden Künste in Beijing zu sehen.

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Adresse: BEIJING RUNDSCHAU Baiwanzhuanglu 24, 100037 Beijing, Volksrepublik China


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