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China und die EU: Gemeinsame Entwicklung auf der Höhe der Zeit |
Von Cui Hongjian · 2024-01-03 · Quelle:german.chinatoday.com.cn |
Stichwörter: EU;China | Druck |
Wir leben in einer Zeit, in der unsere Welt tiefgreifende Veränderungen erlebt. In einer Zeit, in der die umfassende strategische Partnerschaft zwischen China und der EU bereits 20 Jahre auf dem Buckel hat. Heute unterhalten China und die EU über 70 Kooperations- und Dialogmechanismen. Der bilaterale Handel erreicht im Schnitt täglich 2,3 Milliarden US-Dollar und der Gesamtinvestitionsbestand übersteigt 250 Milliarden US-Dollar.
China und die EU sind zu Super-Dialogpartnern mit immensen Interessenschnittmengen geworden. Gleichzeitig sehen sich beide Seiten aber auch mit schwelenden Wirtschafts- und Handelskonflikten und schwindendem gegenseitigem politischen Vertrauen konfrontiert. Gemeinsam steht man vor Herausforderungen wie der Verschärfung regionaler und internationaler Krisenherde und der dringenden Notwendigkeit einer Reform des globalen Governance-Systems. In dieser zunehmend komplexen Situation müssen China und Europa in einigen grundlegenden Fragen klare Urteile fällen und die richtigen Entscheidungen treffen. Nur auf dieser Grundlage wird es auch weiterhin möglich sein, Hindernisse zu erkennen und erfolgreich zu überwinden, Konsens zu bilden und die Interessenschnittmengen zu erweitern, aus den erfolgreichen Erfahrungen der Vergangenheit zu lernen und stets am Puls der Zeit zu bleiben.
Dieses Luftbild, aufgenommen am 10. Juli 2023, zeigt OOCL PIRAEUS, eines der größten Containerschiffe der Welt, bei der Ankunft im Hafen von Piräus Griechenlands. (Foto: Xinhua)
Zunächst aber stellt sich die Frage, ob man die Beziehungen zwischen China und der EU weiter voranbringt oder sie stattdessen lieber zurückfährt. Diese Frage tangiert nicht nur die Interessen beider Seiten, sondern bestimmt auch in hohem Maße den Wandel der Weltlage. Kurzum: Es handelt sich um eine zentrale strategische Weichenstellung, die von beiden Seiten vorgenommen werden muss.
In den letzten 20 Jahren ging es für die chinesisch-europäischen Beziehungen im Allgemeinen bergauf. Zusätzlich zu den ständig wachsenden, greifbaren Wirtschafts- und Handelsvorteilen haben beide Seiten gemeinsam eine institutionelle Zusammenarbeit aufgebaut, die Treffen der Staats- und Regierungschefs sowie hochrangige Dialoge über Strategie, Wirtschaft und Handel, gesellschaftlich-kulturellen Austausch sowie grüne und digitale Themen umfasst, welche das gegenseitige Vertrauen kontinuierlich gestärkt und die Zusammenarbeit erweitert haben.
Allerdings haben die Veränderungen der Weltlage in den letzten Jahren dazu geführt, dass beide Seiten zunehmend miteinander „fremdeln“ und Missverständnisse in der gegenseitigen Wahrnehmung auf den Plan treten, die das gegenseitige Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen China und der EU beeinträchtigen. Beispielsweise wird die EU seit 2019 nicht müde, zur Beschreibung des China-Verhältnisses den Dreiklang des Partners, Wettbewerbers und systemischen Rivalen zu bemühen. Seither ist Europas Politik gegenüber China ins Wanken geraten. In Sachen Zusammenarbeit agiert die EU zunehmend zögerlicher, ja, in manchen Bereichen ist gar Konkurrenz an die Stelle von Kooperation getreten. Hält dieser durch Unberechenbarkeit und Instabilität geprägte Zustand in der EU an, drohen die Beziehungen einen Rückschritt zu erleben.
Zweitens stellt sich die Frage, ob die Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und der EU in Zukunft offen und kooperativ bleiben oder ob sie sich zu mehr Abschottung und in eine konservative Richtung entwickeln werden. Dies ist ebenfalls eine richtungsweisende Frage für die Entwicklungsaussichten beider Seiten und den Wohlstand beider Völker. Eine enge und gegenseitig vorteilhafte Wirtschafts- und Handelskooperation formte ursprünglich den Eckpfeiler der chinesisch-europäischen Beziehungen. Das enorme Handels- und Investitionsvolumen sowie die daraus resultierenden großen Beschäftigungsmöglichkeiten, von denen beide Seiten profitierten, waren ursprünglich der direkteste Ausdruck der gemeinsamen Interessen beider Seiten. Jedoch begann die EU im Zuge des geopolitischen Wandels, die Wirtschafts- und Handelskooperation mit China mehr und mehr zu politisieren und Sicherheitsfragen sukzessive in den Vordergrund zu rücken. „De-Risking“ wurde plötzlich zu einem Kernziel der Politik gegenüber China erklärt. Unter diesem Vorwand legt die europäische Seite China nach wie vor handelspolitische Schutzmaßnahmen, Investitionsprüfungen, Einfuhr- und Ausfuhrkontrollen sowie technische Beschränkungen auf, was die Zuversicht der Unternehmen beider Seiten in die Aufrechterhaltung und Ausweitung ihrer Zusammenarbeit untergräbt und einen Schatten der Unsicherheit auf Wirtschaft und Handel wirft, einen Bereich, der einst vor Dynamik und Vitalität nur so sprühte.
Und nicht zuletzt stellt sich die Grundsatzfrage, ob China und die EU auf der Grundlage von Unabhängigkeit und Selbstständigkeit gleichberechtigt zusammenarbeiten oder im Schatten der Abhängigkeit von anderen Großmächten wie den USA in Konkurrenz zueinander treten sollten. Auch dies ist eine Frage, auf die beide Seiten in Anbetracht der internationalen Lage eine klare Antwort geben müssen.
Auf der Internationalen Automobil-Ausstellung 2023 in München zeigen Besucher großes Interesse an einem BYD-Auto. (Foto: Zhang Fan/Xinhua)
Angesichts des Konkurrenzdrucks seitens der USA kämpft China unnachgiebig für die Wahrung seiner unabhängigen und selbstständigen Außenpolitik und sein Recht auf Entwicklung. Allerdings unterstützt die europäische Seite basierend auf einer sogenannten „Werteallianz“ im Umgang mit China gelegentlich die Vereinigten Staaten und kooperiert mit deren Politik, was in China für Irritation und Unzufriedenheit sorgt. Nach Ansicht Chinas ist dies nicht die Art und Weise, wie strategische Partner miteinander umgehen sollten, ganz zu schweigen davon, dass die EU als eine der größten Volkswirtschaften und einer der einflussreichsten Akteure der Welt eigentlich in der Lage sein müsste, sich stärker in Richtung der von ihr selbst aufgestellten „strategischen Autonomie“ zu engagieren, größere Unabhängigkeit in Bezug auf ihre eigene Entwicklung und Sicherheit zu zeigen und größeren Entwicklungsspielraum im Prozess der Entstehung einer multipolaren Weltordnung zu schaffen, ohne sich auf vermeintlichen externen „Schutz“ zu verlassen und das eigene Schicksal in die Hände der USA zu legen.
Nach vier Jahren Pause hat der 24. China-EU-Gipfel, der am 7. Dezember 2023 stattfand, den physischen Austausch wieder aufgenommen und klare Antworten auf die oben genannten Fragen geliefert.
Beide Seiten sendeten bei dem Treffen vor allem ein klares gemeinsames Signal für Kooperation statt Konfrontation. Das lässt darauf hoffen, dass die Beziehungen zwischen China und der EU auch in Zukunft gradlinig voranschreiten werden. In Anbetracht der veränderten Weltlage ist China davon überzeugt, dass die chinesisch-europäischen Beziehungen Auswirkungen auf Frieden, Stabilität und Wohlstand in der ganzen Welt haben werden.
„Solange China und die EU sich für Dialog und Zusammenarbeit entscheiden, wird keine Lagerkonfrontation entstehen; solange China und die EU sich für Frieden und Stabilität entscheiden, wird es auch keinen neuen Kalten Krieg geben; solange China und die EU sich für Öffnung und Win-Win-Situation entscheiden, besteht Hoffnung auf globale Entwicklung und Prosperität.“ Dies sagte Chinas Außenminister Wang Yi jüngst bei seinem Treffen mit den EU-Delegationen und den Botschaftern der EU-Mitgliedstaaten am 4. Dezember in Beijing.
Um ihrer großen Verantwortung gegenüber beiden Seiten sowie regional und weltweit gerecht zu werden, müssen China und die EU kontinuierlich ihr gegenseitiges Verständnis mehren und eine angemessene Politik betreiben. Bei seinem Treffen mit EU-Spitzenpolitikern betonte Staatspräsident Xi Jinping: China und die EU dürften einander nicht aufgrund unterschiedlicher Systeme als Rivalen betrachten, ihre Zusammenarbeit nicht aufgrund von Wettbewerb einschränken und sich nicht aufgrund bestehender Unterschiede auf eine Konfrontation einlassen. Damit wies Xi Jinping den chinesisch-europäischen Beziehungen klar die Richtung.
Zudem besteht zwischen beiden Seiten ein klarer Konsens darüber, die bestehenden wirtschaftlichen Herausforderungen durch eine weitere Öffnung in beide Richtungen anzugehen und die Wirtschafts- und Handelskooperation bei gleichzeitiger Kontrolle von Wettbewerb und Differenzen aufrechtzuerhalten. Beide Seiten haben gemeinsam bekräftigt, dass sie an einer Öffnung in beide Richtungen sowie an gegenseitigem Nutzen und gemeinsamem Gewinn festhalten werden. Tendenzen der Entkopplung und Entflechtung wolle man sich widersetzen und auf einer angemessenen Lösung von Differenzen durch Dialog und Konsultation bestehen. Die Treffen der Staats- und Regierungschefs sowie die hochrangigen Dialoge über Wirtschafts- und Handelsfragen haben bewirkt, dass die EU ihre Logik bei der Sicherheit der Liefer- und Industrieketten, dem fairen Wettbewerb, Überkapazitäten sowie der industriellen und technologischen Zusammenarbeit allmählich überdenkt. Zudem hat die EU nachdrücklich zugesichert, dass man keine Absicht habe, die derzeitigen Antisubventions-Untersuchungen gegen chinesische Produkte zu einem Handelskrieg eskalieren zu lassen. Es ist zu erwarten, dass eine kontinuierliche Umsetzung der Vereinbarungen aus den gemeinsamen Treffen sowie eine fortlaufende Optimierung des politischen Umfelds dazu beitragen werden, dass die enge Zusammenarbeit der beiden großen Wirtschaftsräume eine starke treibende Kraft für die nachhaltige Förderung der wirtschaftlichen Globalisierung und die anhaltende Erholung der Weltwirtschaft bietet.
Nicht zuletzt zeichnet sich zwischen China und der EU auch ein klarer Konsens darüber ab, die bilateralen Beziehungen in einer gleichberechtigten Partnerschaft von echter strategischer Bedeutung weiterzuentwickeln und zu festigen, die „nicht auf eine dritte Partei ausgerichtet, von ihr abhängig oder ihr unterworfen“ ist, wie es in offiziellen Dokumenten heißt. Als der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, im Oktober 2023 China zwecks hochrangigen strategischen Dialogs besuchte, forderte er China auf, Europa nicht als „strategischen Vasallen“ der Vereinigten Staaten zu betrachten und an die Unabhängigkeit und Autonomie Europas zu glauben.
Tatsächlich schätzt und entwickelt China die Beziehungen zwischen China und der EU seit langem aus der strategischen Perspektive von „zwei großen Kräften der Multipolarität, zwei großen Märkten, die die Globalisierung unterstützen, und zwei großen Zivilisationen, die sich für Vielfalt einsetzen“. China misst den Beziehungen zur EU von diesem strategischen Standpunkt aus große Bedeutung bei und entwickelt sie stetig weiter, wobei es in seiner Politik und seinem Handeln die europäische Integration und die strategische Autonomie Europas stets unterstützt hat.
Während die EU von China verlangt, sie auf Augenhöhe zu behandeln, muss die EU auch China aufrichtig respektieren und darauf hinarbeiten, dass China und Europa noch stärker aufeinander zugehen. Solange China und die EU an diesem strategischen Konsens festhalten, mit der Zeit Schritt halten und das gegenseitige Vertrauen weiter vertiefen, können sie den Wohlstand und die Stabilität Asiens und Europas gewährleisten und eine solide Grundlage dafür schaffen, dass die Welt, die sich derzeit inmitten von Chaos und Umbruch befindet, auf den Wandel mit Stabilität reagieren und dem Chaos mit Wandel begegnen kann.
*Der Autor ist Professor an der Akademie für regionale und globale Governance an der Fremdsprachenuniversität Beijing.
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