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Ein neues Beziehungsmodell für China und die USA

Von Su Ge  ·   2015-09-14  ·  Quelle:Beijing Rundschau
Stichwörter: Beziehungen
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Der bevorstehende Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in den USA ist entscheidend für die bilateralen Beziehungen 

 

Das Metropolitan Museum of Art in New York ist auch bei chinesischen Touristen beliebt 

 

Ein amerikanischer Ingenieur testet in einer Produktionsanlage des chinesischen Autoherstellers BYD im kalifornischen Lancaster Ersatzteile für einen Elektrobus (XINHUA) 

 

 Bei einem Treffen mit US-Präsident Obama im Jahr 2012 erklärte Xi Jinping, damals noch Vizepräsident Chinas: "Das größte Tao ist auch das einfachste." Oder anders gesagt, der einfachste Weg ist manchmal der beste. Beim selben Treffen schlug Xi für China und die USA die Entwicklung eines neuen Beziehungsmodells vor. Im Folgejahr traf er sich, damals schon Präsident, erneut mit seinem Amtskollegen Barack Obama. Beide Regierungschefs beendeten das Treffen mit der Feststellung, dass eine Weiterentwicklung der bilateralen Beziehungen auf gegenseitigem Respekt und Nutzen sowie dem Abbau von Konflikten und Konfrontationen beruhen müsse.  

Negative Aspekte kommen wieder hoch 

Der Riss in der chinesischen-amerikanischen Beziehung ist in jüngster Zeit jedoch deutlicher geworden. Negative Aspekte stehen im Rampenlicht und sorgen für zunehmende Aufmerksamkeit in den Medien. 

Seit Beginn des 21. Jahrhunderts erlebt die Welt einen grundlegenden Wandel. Die zunehmende Globalisierung und Multipolarisierung hat das Machtgleichgewicht zwischen der größten Industrienation der Welt und der sich am schnellsten entwickelnden Nation verschoben. Die USA waren nach den Anschlägen vom 11. September in zwei teure und sich lange hinziehende Kriege im Mittleren Osten und Südasien verwickelt. Die Finanzkrise von 2008, die an der Wall Street ihren Anfang nahm, hat der amerikanischen Soft- und Hard-Power ebenfalls einen harten Schlag versetzt. 

Die internationalen Beziehungen stehen gegenwärtig an einem Wendepunkt. Die Industrieländer im Westen erleben einen relativen Niedergang, während die Wirtschaft der Schwellenländer national und international an Stärke gewinnt. China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und wird die USA voraussichtlich bald vom ersten Platz verdrängen. Aber ein altes chinesisches Sprichwort lautet: „Ein hoher Baum setzt sich dem starken Wind aus." 

Mit ihrer neuen Asien-Pazifik-Strategie hält der amerikanische Weißkopfadler Olivenzweige in der einen und ein Bündel Pfeile in der anderen Hand und übernimmt die Rolle der Weltpolizei. Zehn Jahre nach Beginn des neuen Millenniums blickten die USA mit Unwohlsein auf ihre Sicherheitsstrategie zurück. Sie entschieden sich zu drastischen politischen Veränderungen, zogen sich aus dem Irak und Afghanistan zurück und verlagerten ihren politischen Fokus in den Asien-Pazifik-Raum. Dass sie sich in erster Linie darauf konzentrierten, Probleme mit den aufsteigenden Schwellenländern abzuwehren, hatte jedoch nur zur Folge, dass die Unsicherheit in der Region zunahm, statt dass sich die Lage beruhigte. 

Die amerikanisch-chinesischen Beziehungen sind seitdem in einem instabilen Zustand. Die  bilaterale Kooperation in Wirtschafts- und Sicherheitsangelegenheiten hat sich durch die wirtschaftliche Umstrukturierung verschoben und zu neuen Problemen in den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen geführt. Die USA haben sich mit vollem Einsatz zum einen hinter die Transpazifische Partnerschaft (TPP) gestellt, eine Handelsvereinbarung mit 12 Ländern im Asien-Pazifik-Raum, der China nicht beigetreten ist, und zum anderen hinter die Transatlantische Handels- und Investment-Partnerschaft (TTIP), eine Vereinbarung, die mit der EU getroffen wurde.  

Ein dritter Faktor spielt ebenfalls eine Rolle. Das politische Umfeld beider Länder hat sich verkompliziert, daher treten externe Faktoren in den Vordergrund und beeinflussen die amerikanische Chinapolitik, in manchen Fällen bis zur Dominanz. Auch wenn die USA behaupten, dass sie bei Angelegenheiten in Ost- und Südostasien neutral bleiben, haben sie doch immer wieder Parteilichkeit gezeigt, was die bilateralen Beziehungen weiter untergräbt. 

In westlichen Medien wurde nüchtern darüber diskutiert, ob die chinesisch-amerikanischen Beziehungen am Rande einer Krise oder an einem Wendpunkt stehen. Manche vertreten die Ansicht, dass beide Länder der Thukydides-Falle nicht entkommen können, genau wie Athen und Sparta 411 v.Chr., als die aufsteigende Macht zum Rivalen der herrschenden Macht wurde.   

Angesichts dieser Herausforderungen müssen beide Länder erneut ihren Glauben daran festigen, dass ein neues Beziehungsmodell nicht nur notwendig, sondern auch realisierbar ist. Der Wunsch, die historische Rivalität zwischen einer etablierten und einer aufstrebenden Macht zu vermeiden, ist in der Tat einer der Beweggründe Chinas für die Entwicklung des neuen Modells. 

Notwendigkeit und Machbarkeit 

In einer Gedichtzeile des ehemaligen Vorsitzenden Mao Zedong heißt es: „Blicke weit in die Ferne (d.h. sieh in die Zukunft)". Das gilt auch für die chinesisch-amerikanische Beziehung, die trotz aller Reibungen historisch gesehen durch wechselseitige Vorteile und Kooperation definiert wurde. Die gegenwärtige Situation ist nicht so schlecht, wie von manchen Medien behauptet, denn es gibt den Willen und eine Basis zur Zusammenarbeit. 

Da sich Globalisierung und Multipolarisierung beschleunigen, kann kein Land gut allein zurechtkommen. Die internationale Gemeinschaft braucht mehr Zusammenarbeit. Die gemeinsamen internationalen und regionalen Interessen Chinas und der USA nehmen zu. 

Beide Länder wünschen sich ein friedliches und stabiles internationales Umfeld. Sie arbeiten regelmäßig bei zahlreichen Angelegenheiten, die Frieden und Entwicklung betreffen, zusammen. Dazu zählen beispielsweise die Atomprogramme im Iran und auf der koreanischen Halbinsel sowie die Probleme im Südsudan. Sie haben außerdem bei der  Eindämmung von Massenvernichtungswaffen, im Kampf gegen den Terrorismus, bei der Verfolgung grenzüberschreitender Straftaten sowie bei der Suche nach Lösungen für regionale Krisenangelegenheiten kooperiert. 

Trotz der neuen Probleme ist offensichtlich, dass die Erhaltung gesunder bilateraler Beziehungen mittels Dialog und Verhandlungen im Interesse beider Länder ist. Die Absichten und Erwartungen der chinesischen Führung in Bezug auf die Beziehungen zu den USA lassen sich am besten durch die jüngsten Anmerkungen von Präsident Xi beschreiben: „Wenn man kontinuierlich kleine Mengen Erde anhäuft, entsteht am Ende ein Berg. Feste und entschlossene Schritte hinterlassen deutliche Abdrücke auf dem Boden. Auf diese Weise sollten wir uns die Hand reichen und den Aufbau eines neuen Beziehungsmodells vorantreiben." 

Beim siebten Strategie- und Wirtschaftsdialog und bei der sechsten ranghohen Konsultationsrunde über Austauschmöglichkeiten im Juni tauschten beide Länder offen ihre Meinungen über Themen wie den Ausbau der Kooperation, den Aufbau interaktiver Beziehungen in der Asien-Pazifik-Region, den Umgang mit Unstimmigkeiten und sensiblen Themen sowie die Reaktion auf regionale Krisenthemen und internationale Herausforderungen aus. Die Ergebnisse der Treffen sind ermutigend und ein guter Auftakt für Präsident Xi Jinpings USA-Besuch im September. 

Auf der Suche nach einer gemeinsamen Basis 

Wie sich die chinesisch-amerikanischen Beziehungen entwickeln, wird nicht nur die beiden Länder beeinflussen, sondern auch den Frieden und die Entwicklung in Asien und der ganzen Welt. Unterwegs wird es die eine oder andere Unebenheit geben, aber das gegenseitige Interesse wird weiter wachsen. Beide Länder sollten mehr offene Dialoge führen und daran arbeiten, Vereinbarungen auf dem Papier in sichtbare Resultate zu verwandeln. Dies würde dem „neuen Modell für die Beziehungen zwischen führenden Mächten" eine substanzielle Bedeutung verleihen und sicherstellen, dass das Boot der bilateralen Beziehungen Hindernisse umschiffen und seinen Weg finden kann. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten folgende drei Aspekte im Mittelpunkt stehen:   

Erstens sollten beide Länder die bilateralen Beziehungen auf der Basis gegenseitigen Respekts handhaben. Als große Nationen mit unterschiedlichen innenpolitischen Situationen sollten China und die USA die strategischen Absichten des anderen objektiv und rational bewerten, Souveränität, territoriale Integrität, politische Systeme, Entwicklungswege, Kerninteressen und Anliegen des anderen respektieren und versuchen, seine kulturellen Traditionen und Denkweisen zu verstehen. Beide Länder sollten ihren Willen oder ihre Vorgehensweisen der anderen Seite nicht aufzwingen. Dies sind die Voraussetzungen und die Grundlagen für die Entwicklung einer gesunden und stabilen Beziehung. 

Zweitens sollten China und die USA in jeder Hinsicht den Austausch und die Kooperation vertiefen. Als Verbündete im Zweiten Weltkrieg und ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sind beide Länder Nutznießer und Verteidiger der gegenwärtigen internationalen Ordnung. China ist bereit, gemeinsam mit den USA diese Ordnung in eine gleichberechtigtere und vernünftigere Richtung zu steuern und diverse regionale und globale Herausforderungen zu bewältigen. 

Drittens müssen beide Länder neue Wege zur Kontrolle und Bewältigung von Meinungsdifferenzen finden. Es überrascht nicht, dass zwischen zwei Ländern in unterschiedlichen Entwicklungsstadien, mit unterschiedlichen sozialen Systemen, kulturellen Traditionen und wirtschaftlichen Interessen Uneinigkeiten und Missverständnisse vorkommen. Ein kluger Ansatz ist es, sich auf die langfristigen Vorteile zu konzentrieren und auf gleichberechtigte Dialoge und Verhandlungen zurückzugreifen. Beide Seiten sollten es nicht zulassen, dass ein einzelnes Thema oder eine einzelne Situation die Grundlage der stabilen Beziehungen untergräbt. Meinungsverschiedenheiten und sensible Themen sollten vielmehr auf konstruktive Weise gehandhabt und die Kerninteressen des anderen nicht verletzt werden. 

Bei Unstimmigkeiten über Wertvorstellungen können China und die USA durch Kommunikation das gegenseitige Vertrauen stärken und Verdächtigungen zerstreuen. Verhandlung ist die beste Lösung, beide Seiten sollten vorsichtig sein und Handels- und Wirtschaftsangelegenheiten nicht politisieren. Selbst strukturelle, unlösbare Konflikte müssen kontrolliert werden, um Fehlurteile zu vermeiden. Hier ist die Einrichtung eines Mechanismus zur Vermeidung von und zum angemessenen Umgang mit Krisen entscheidend, damit keine Fehler passieren, die sich von einem schwelenden Konflikt zu einer Konfrontation auswachsen können. 

Xi Jinpings bevorstehender Staatsbesuch wird ein weiterer Meilenstein der chinesisch-amerikanischen Beziehungen sein. Es ist der richtige Zeitpunkt, um den gegenwärtigen Ruf nach Frieden, Kooperation und Entwicklung erneut zu bekräftigen. 

China ist bereit, eine Beziehung zu den USA zu entwickeln, die auf gegenseitigem Respekt, Inklusion, wechselseitigem strategischem Vertrauen sowie intensivem Austausch und Kooperation beruht. Es ist davon überzeugt, dass dies für beide Länder und die Welt von Vorteil ist. Aber natürlich erfordert der Aufbau dieses neuen Beziehungsmodells, dass sich beide Länder in die gleiche Richtung bewegen. 

(Der Autor ist Präsident des Chinesischen Instituts für Internationale Studien) 

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