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Grüner Gewinn: Naturschutz im Panda-Nationalpark zahlt sich doppelt aus |
Von Xia Yuanyuan · 2023-07-21 · Quelle:german.chinatoday.com.cn |
Stichwörter: Ya'an;Panda | ![]() |
Zhang Jiliang und Wang Youliang stammen aus der Stadt Ya'an in Sichuan, genauer gesagt aus dem Kreis Baoxing. Der 12. Mai dürfte den Männern noch lange in Erinnerung bleiben. Denn an jenem Tag begegneten die beiden bei ihrer Arbeit im Wald auf 2700 Metern Höhe in Liangzigou, dem Quellgebiet des Qingyi, wilden Pandabären.
„Eines der Tiere labte sich gut drei Minuten am Flusswasser, bevor es sich in Richtung unseres Verstecks aufmachte“, erinnert sich Zhang Jiliang lebhaft. Um das Tier in seinem natürlichen Habitat nicht zu stören, suchten die beiden Waldarbeiter schlussendlich das Weite.
Kurz zuvor war der Überwachungs- und Schutzstation des örtlichen Riesenpanda-Nationalparks in Baoxing bereits ein besonderer Coup geglückt. Erstmals war es gelungen, Bilder eines Großen Pandas in freier Wildbahn per Drohne einzufangen.
Mensch und Natur im Gleichgewicht: Diese Neubauten im traditionellen Stil fügen sich harmonisch in die Flusslandschaft des Dadu ein. (Foto: Liu Yong)
In Ya'an, der Heimatstadt und Wiege des Großen Pandas, ist es längst keine Seltenheit mehr, den pelzigen Gefährten in freier Natur zu begegnen. In der Region, in der einst die ersten Riesenpandas entdeckt wurden, befinden sich heute ausgedehnte Schutzreservate, die es 2006 sogar in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbes schafften. Hier liegt auch das Kerngebiet des örtlichen Riesenpanda-Nationalparks. In allen acht Kreisen (Bezirken) der Stadt findet man Spuren der Bambus vertilgenden Bären in ihrem natürlichen Habitat.
Dass die Bären mittlerweile immer häufiger gesichtet werden, ist ein klares Zeichen für die Verbesserung des Lebensraums der Tiere. Dahinter verbergen sich enorme Anstrengungen. In Yan’an setzt man den Schutz der Ökosysteme und die grüne Entwicklung mittlerweile an erste Stelle.
Günstiger Lebensraum
Ya'an liegt auf dem 30. nördlichen Breitengrad und ist ein Naturparadies, das mit üppigem Bergland, Schluchten, Wasserfällen und reichlichen Niederschlägen gesegnet ist. „Die guten Naturressourcen sind sicher die größte Stärke der Region“, sagt Liu Jie, Chefingenieurin des Umweltbüros der Stadt. Als wichtiger Teil der ökologischen Barriere am Oberlauf des Jangtse und als zentrales Wasserschutzgebiet ist Ya'an als „Lunge der Region“ und „Genpool für Flora und Fauna“ bekannt. Der Waldanteil liegt hier bei knapp 70 Prozent.
Die einzigartige natürliche Umgebung gefällt auch den pelzigen Nationalmaskottchen. Laut der im Jahr 2015 veröffentlichten vierten Riesenpanda-Zählung leben hier mittlerweile wieder 340 Pandabären in freier Wildbahn, was 18 Prozent der gesamten Wildpopulation in China entspricht. Der Ort ist heute also eine der pandareichsten Städte bzw. Präfekturen des Landes.
Im Dezember 2016 hatte die chinesische Regierung das Pilotprojekt zum Aufbau eines Nationalparks zum Schutz des Riesenpandas abgesegnet. Das gab den Startschuss für die höchste Schutzstufe für Pandabären und ihr Habitat. Am 12. Oktober 2021 wurde der Nationalpark dann offiziell eingeweiht. Mit einer Gesamtfläche von rund 27.000 Quadratkilometern erstreckt er sich über die Provinzen Sichuan, Shaanxi und Gansu. Heute sind gut 40 Prozent der Verwaltungsbezirke von Ya'an, also mehr als 5900 Quadratkilometer Landfläche, dem Riesenpanda-Nationalpark zugeordnet. Allein der Teil des Parks in Ya'an umfasst 70 Verwaltungsdörfer in 22 Gemeinden der Kreise Baoxing, Tianquan, Lushan, Yingjing und Shimian. Die Stadt ist damit in vielen Bereichen führend, unter anderem in Bezug auf die den Tieren zugewiesene Fläche sowie die Anzahl der Gebirge und Kreise im Park.
Um die Pandabären in freier Wildbahn besser zu schützen, wurde der Nationalpark in Kernschutzgebiete und Zonen unter allgemeiner Kontrolle unterteilt. Sie werden nach strengen ökologischen Standards verwaltet, die eine unterschiedlich strenge Kontrolle der menschlichen Aktivitäten innerhalb und in der Nähe des Schutzgebiets vorsehen. „Das bedeutet auch, dass wir die traditionellen Methoden zur Erschließung und Nutzung der Bergressourcen reformieren mussten“, unterstreicht Liu.
Da das Land nun für Pandas reserviert ist und die ökologischen Grenzen nicht überschritten werden dürfen, stellt sich die Frage: Wo bleibt da der Raum für wirtschaftliche Entwicklung? Und: Wie lässt sich der Widerspruch zwischen ökologischem Schutz und Industrieentwicklung lösen?
„Wirtschaftsentwicklung dient letztlich dem Leben der Menschen, genauso wie der Umweltschutz. Im Prozess des Wandels und Fortschritts sollten die Menschen stets an erster Stelle stehen. Nur wenn die Menschen davon profitieren, trifft die Errichtung eines solchen Nationalparks auf Zustimmung“, sagt Chefingenieurin Liu.
Dank besserer Umwelt kamen und kommen immer wieder neue Geschäftschancen auf, die den Einheimischen greifbare Vorteile bringen. Fakt ist: Ya'an ist es im Laufe der letzten Jahre gelungen, ein harmonisches Miteinander von Mensch und Natur zu verwirklichen, das für beide Seiten einen Gewinn darstellt.
Grün bringt Geld
In der Gemeinde Longcanggou im Kreis Yingjing sprießt im Mai der Bambus meterhoch in den Himmel. Der örtliche Bambuswald hat eine Fläche von über 200 Hektar. Das 2780-Seelen-Dorf Wannian liegt im Nordwesten von Longcanggou, direkt am Südeingang des Panda-Nationalparks, nur etwa 20 Kilometer vom Kernschutzgebiet entfernt. Kohleabbau, Holzeinschlag und die Erzeugung von Strom aus Wasserkraft bildeten einst das wirtschaftliche Rückgrat des Ortes, wie früher in den meisten Dörfern Ya'ans. Der übermäßige Raubbau dieser Rohstoffe fügte der örtlichen Umwelt jedoch schwere Schäden zu. Das machte dringend eine ökologische Wende erforderlich.
2017 startete Sichuan das Pilotprogramm des Nationalparkmechanismus für den Riesenpanda. Knapp die Hälfte der Fläche des Kreises Yingjing, genauer gesagt 48,7 Prozent, ist heute Teil des Nationalparks. Auch das Dorf Wannian gehört dazu. Das Wasserkraftwerk, Kohleminen und Holzverarbeitungsfabriken – all diese Anlagen wurden im Einklang mit den Anforderungen des ökologischen Schutzes im Dorf nach und nach geschlossen. Dadurch büßten viele Einheimische ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage ein. Es blieb nur der Wegzug aus dem Gebirge.
Auszeit vor schöner Naturkulisse: Diese Touristen genießen die Maitage auf einem Bauernhof in der Nähe des Nationalparks im Kreis Baoxing. (Foto: Yu Xiangjun)
„Anfangs verstanden viele Dorfbewohner die Zusammenhänge nicht. Zumal sie die Schuld bei den Pandas suchten, die vermeintlich mit den Menschen um Nahrung konkurrierten“, erinnert sich Bi Han, der erste Sekretär der Dorfparteizelle von Wannian. Eine Lösung musste her, sprich: neue Industrien und ein neuer Entwicklungsweg.
Die Bambusindustrie ist nun der erste Schritt auf diesem neuen Weg. Bambussprossen, die überall im Landkreis Yingjing zu finden sind, gehören zu den Lieblingsspeisen der Großen Pandas. Früher hatten die Dorfbewohner keine Ahnung, was sie mit den Pflanzen anfangen oder wie sie sie pflegen sollten. Das Einkommen aus dem Sprossenanbau fiel entsprechend gering aus. 2017 dann lud das Dorf Agrarexperten ein, um gemeinsam mit den Dorfbewohnern versuchsweise 33 Hektar Bambuswald anzupflanzen. Nach mehr als dreijährigem Wachstum stand im Jahr 2021 die erste Ernte an.
Laut Tao Yonghu, stellvertretender Sekretär der Dorfparteizelle von Wannian, liefert jedes Mu (0,07 Hektar) Bambuswald mehr als 700 Kilogramm frische Bambussprossen. „Derzeit liegt der Marktpreis bei 6,4 Yuan (rund 90 Cent) pro Sprossenkilo. Auf einem Mu Anbaufläche lassen sich also fast 5000 Yuan erwirtschaften“, rechnet er vor. Das entspricht rund 620 Euro.
Ende 2021 begann das Dorf mit der zentralen Erschließung einer Bambusplantage. Die Dorfbewohner erhalten nun einen Anteil am Gewinn, der auf ihrem Boden erwirtschaftet wird, und zusätzlich 200 Yuan (24,8 Euro) pro Mu und Jahr als Landnutzungsgebühr. Dafür wird ihr Land der Wirtschaftsgenossenschaft des Dorfes übertragen, die den Menschen später nach dem Verkauf des Bambus eine Dividende auszahlt. Heute ist mehr als die Hälfte der Dorfbewohner am Bambusanbau beteiligt.
Laut Bi belief sich das kollektive Einkommen des Dorfes 2021 auf 238.000 Yuan (rund 29.500 Euro), 2022 waren es schon 640.000 Yuan (79.000 Euro). In Zukunft will man umweltfreundliche Bambusverarbeitungsbetriebe einführen, um das Einkommen der Landwirte weiter zu steigern und den Mehrwert der Bambusindustriekette zu erhöhen. Geplant sind außerdem eine Selbstpflücker-Plantage für Bambussprossen und langläufige Wanderwege für Touristen. So will man den örtlichen Tourismus ankurbeln.
„Wir wollen, dass aus Ressourcennehmern Ressourcenschützer werden. Früher haben wir hier in Yingjing Steine verkauft, heute verdienen wir unser Geld mit ökologischen Produkten“, sagt Yang Chenglin, stellvertretender Büroleiter für Öffentlichkeitsarbeit des Parteikomitees des Kreises Yingjing.
Viel Platz unter dem Öko-Dach
Der Große Panda gilt als Aushängeschild für den weltweiten Artenschutz. Ihn zu schützen, bedeutet letztlich aber den Schutz ganzer Lebensräume. Auch andere Arten finden nämlich Unterschlupf unter diesem „ökologischen Dach“.
Im Ya’an-Bereich des Nationalparks trifft man nun häufig unter Schutz gestellte Tiere wie Takine, Goldstumpfnasenaffen und Temminck-Tragopane an. Auch seltene Fischarten wie die Karpfenarten Schizopygopsis Baoxingensis und Gobiocypris Rarus, die viele Jahre als verschwunden galten, tauchen wieder auf.
Wieder mehr Nachwuchs: In der Bifengxia-Pandabasis leben die Tiere geschützt in ihrem natürlichen Habitat. (Foto: Cao Shengli)
Den Bewohnern von Ya’an, die zunehmend in den Genuss der ökologischen Dividenden des Naturschutzes kommen, wird mehr und mehr klar, dass der Schutz der biologischen Vielfalt den Schutz der Menschheit selbst bedeutet. Heute engagieren sich viele freiwillig im Bereich des Umweltschutzes.
So wie Hu Tailun. Er lebt im Dorf Fazhan in der Gemeinde Longcanggou, wo die Jagd seit Generationen eine Familientradition ist. Früher jagte Hu oft Vögel in den Bergen, aber nach der Einrichtung des Nationalparks verließ er mit seiner Familie das Reservat. Dank der Bemühungen der örtlichen Regierung, das Umweltbewusstsein der Menschen zu schärfen, setzte bei Hu allmählich ein Sinneswandel ein. Heute betreibt er in seinem Haus ein Gasthaus und arbeitet nebenbei als Vogelführer. Er begleitet chinesische und ausländische Touristen bei der behutsamen Beobachtung und dem Fotografieren seltener Vögel in Longcanggou, stets mit einem Auge auf den Umweltschutz.
„Umweltschutz und Wirtschaftsentwicklung harmonisch zu verbinden, das geht. Ya'an hat das eindrucksvoll bewiesen“, zieht Liu Jie Bilanz. Der Schutz des Großen Pandas sei allerdings ein langwieriger Prozess. Heute gelten die Tiere zwar nicht mehr als vom Aussterben bedroht, sondern nur noch als leicht gefährdet. Ziel sei es aber letztlich, dass Pandas eines Tages ganz von der List der gefährdeten Arten verschwinden, so Liu. „Ya'an wird den Pandaschutz energisch fortsetzen. Und im Zuge dessen werden wir auch unsere Erfahrungen beim Erhalt der biologischen Vielfalt mit der Welt teilen.“
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