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50 Jahre chinesisch-deutsche Beziehungen: Weit mehr als eine Wirtschafts- und Handelskooperation

Von Meng Hong*  ·   2022-09-22  ·  Quelle:german.chinatoday.com.cn
Stichwörter: Deutschland;Zusammenarbeit
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Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt für die chinesisch-deutschen Beziehungen stellt die Zusammenarbeit bei Heranbildung und Austausch von Talenten in den Bereichen Kultur, Bildung und Wissenschaft und Technologie dar. Schon zu Beginn der Ausrufung der Bundesrepublik Deutschland hat die Bundesregierung insbesondere den Wiederaufbau des Deutschen Akademischen Austauschdiensts (DAAD) und der Alexander von Humboldt-Stiftung als auswärtige Kulturmittler vorangetrieben. Seit Anfang der 1970er Jahre wird die Kulturdiplomatie als dritte Säule der Außenpolitik seitens der Bundesregierung intensiv gefördert. „Kultur für alle“ und „Bildung für alle“ wurden zu wichtigen Zielsetzungen beim Aufbau der „Kulturnation“ erklärt. Um das internationale Image Deutschlands als „Land der Ideen“ zu unterstreichen, hat die Bundesregierung inzwischen auch zunehmend mehr Wissenschaft und Medien in den Bereich der Kulturdiplomatie einbezogen. Dadurch hat sich die chinesisch-deutsche Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur und Bildung inhaltlich ständig erweitert. 

Um den bilateralen Austausch auf der akademischen Ebene zu fördern, wurde im Jahr 2002 neben dem wissenschaftlich-technischen Kooperationsabkommen und dem Kulturaustauschabkommen auch das „Chinesisch-Deutsche Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich“ unterzeichnet. 2006 folgte der strategische Dialogmechanismus für die chinesisch-deutsche Zusammenarbeit im Hochschulbereich. Im Rahmen der chinesisch-deutschen Regierungskonsultationen 2011 und 2012 hat man zudem Kooperationsmaßnahmen wie den Aufbau der chinesisch-deutschen strategischen Partnerschaft im Hochschulbereich, einer chinesisch-deutschen Kooperationsallianz für Berufsbildung und einer chinesisch-deutschen Innovationsplattform für Biowissenschaften besiegelt. Anlässlich des 45. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Volksrepublik und der Bundesrepublik wurde 2017 der hochrangige chinesisch-deutsche Dialog für gesellschaftlich-kulturellen Austausch ins Leben gerufen. 

Bezüglich des institutionellen Aufbaus übernahm das Goethe-Institut eine wichtige Vorreiterrolle, indem es bereits 1988 eine Außenstelle in Beijing errichtete. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands haben auch DAAD, parteinahe Stiftungen, Unternehmensstiftungen sowie Universitäten damit begonnen, Büros in China zu eröffnen. Im Gegenzug wurde 2008 das Chinesische Kulturzentrum in Berlin eingeweiht, nachdem die chinesische Regierung vier Jahre zuvor die Kulturdiplomatie in ihre Außenpolitik aufgenommen hatte. Zudem haben inzwischen mehrere chinesische Universitäten gemeinsam mit ihren deutschen Partneruniversitäten und weiteren Kultureinrichtungen Konfuzius-Institute bzw. -Klassenzimmer in Deutschland eingerichtet. 

In den Bereichen Wissenschaft und Technologie haben die Chinesische Nationale Stiftung für Naturwissenschaften (NSFC) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Jahr 2000 gemeinsam das „Chinesisch-Deutsche Zentrum für Forschungsförderung“ in Beijing errichtet. Darüber hinaus pflegen vier deutsche außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, darunter das Max-Planck-Institut und die Fraunhofer Gesellschaft, enge Kooperationen mit China. Im November 2016 veranstalteten die Chinesische Akademie der Wissenschaften und die Max-Planck-Gesellschaft die Exploratory Round Table Conference (ERTC), um strategische Kooperationen in den Bereichen Kernphysik, Radioastronomie, biophysikalische Chemie und Big Data auszuloten und anzustoßen. Trotz des Ausbruchs der Coronapandemie seit 2020 findet die ERTC online weiterhin regelmäßig statt. 

 

Am 1. Juli 2022 nahmen viele deutsche Besucher an der Eröffnungszeremonie des zweiten Chinafests in Frankfurt teil.  

In Bezug auf den Austausch und die Zusammenarbeit im Kulturbereich hat sich der Schwerpunkt der chinesisch-deutschen Kooperation von den Bereichen Sprache, Bildung, Musik, Malerei und Theater auf den interkulturellen Dialog und Austausch von Ideen und Konzepten ausgeweitet, was sich tiefgreifend auf den gesellschaftlichen Wandel und die kulturelle Bereicherung beider Länder auswirken sollte, wie es zum Beispiel im Rahmen der Programme „Deutschland und China – Gemeinsam in Bewegung“ (2007-2010), „Deutsch-Chinesisches Kulturjahr“ mit „Kooperation und Dialog“ als Schwerpunkt (2012) oder das „Deutsch-Chinesische Jahr des Jugendaustausches“ geschah. In den vergangenen Jahren hat sich die bilaterale Zusammenarbeit von Universitäten auf die Schulen, von Metropolen auf die verschiedenen Städte sowie von der staatlichen Seite auf die Nichtregierungsebene in beiden Ländern erweitert. Der Kreis der Teilnehmer an bilateralen Veranstaltungen hat sich ebenfalls weitgehend vergrößert. 

Gegenwärtig bestehen zwischen China und Deutschland mehr als 100 Partnerschaften zwischen Provinzen und Bundesländern sowie zwischen Städten und rund 750 Schulpartnerschaften. Die Zahl der chinesischen Studierenden in Deutschland wuchs von nur etwa einem Dutzend im Jahr 1974, als China erneut junge Menschen zum Studium ins Ausland entsandte, auf etwa 40.000 im Jahr 2020. Chinesische Studierende sind inzwischen die größte Gruppe von Auslandsstudierenden in Deutschland. Auch die Zahl deutscher Studierender in China ist von drei im Jahr 1973 auf knapp 5000 vor dem Ausbruch der Coronapandemie gestiegen. Es gibt darüber hinaus intensive Zusammenarbeit zwischen chinesischen und deutschen Hochschulen, wie beispielsweise bei der gemeinsamen Durchführung von Forschungs- oder Bildungsprojekten. Mehr als 150 Universitäten in China bieten heutzutage Germanistik-Studiengänge an, und es gibt im Gegenzug mehr als 30.000 Menschen in Deutschland, die Chinesisch lernen. 

Seit der Wiedervereinigung fungiert Deutschland nicht nur als entscheidender Motor der europäischen Integration und es gewinnt als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt auch bei der Global Governance zunehmend an Bedeutung. Als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates ist China nach mehr als 40 Jahren Reform- und Öffnungspolitik gleichzeitig zur weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft aufgestiegen, und es spielt wie Deutschland als „Gestaltungsmacht“ eine immer bedeutendere Rolle in den internationalen Angelegenheiten. Im Laufe der Jahre hat die umfassende Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland nicht nur die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Chinas und seine Integration in die Weltgemeinschaft maßgeblich gefördert. Sie trägt auch zur weiterführenden Entwicklung der deutschen Wirtschaft bei, insbesondere in Bezug auf seine rasche Erholung von der europäischen Staatsschuldenkrise. 

Die bilateralen Beziehungen zwischen China und Deutschland sind zweifellos neben dem Einfluss von der internationalen Lage auch unmittelbar eng an verschiedene inländische Faktoren wie die innenpolitische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung in den beiden Ländern gekoppelt. Während sich die Unterschiede zwischen China und Deutschland in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung allmählich verkleinern, ist die Verschiedenheit bezüglich des politischen Systems und der humanistischen Konzepte, was durch die differenzierte historische Entwicklung bedingt ist, nach wie vor groß. Die reibungslose Fortführung und der Ausbau der bilateralen interkulturellen Beziehungen hängen daher in Zukunft in großem Maße auch von den unermüdlichen Bemühungen der Regierungen und der Bürger beider Länder ab. 

Inmitten einer Reihe von aktuellen globalen Krisen, insbesondere hinsichtlich des militärischen Konflikts zwischen Russland und der Ukraine, ist es von großer Bedeutung, sowohl für China als auch für Deutschland aktiver aufeinander zuzugehen und intensiver nach gemeinsamen Handlungsmöglichkeiten zu suchen statt sich auf die Unterschiede zu fokussieren. Es ist erforderlich, sich gemeinsam dafür einzusetzen, den Weltfrieden wiederherzustellen und eine gemeinsame sichere Friedensarchitektur herzustellen. Es ist ebenso von großer Bedeutung, gemeinsam bei der Bekämpfung der Coronapandemie den wirtschaftlichen Aufschwung beider Länder voranzutreiben und die Klima- und Energiewende Schulter an Schulter zu fördern, um nicht zuletzt eine nachhaltige und friedliche Entwicklung der Welt sicherzustellen, welche der Menschheit zugutekommen kann. 

*Frau Dr. MENG Hong ist Germanistik-Professorin an der Chinesischen Renmin-Universität in Beijing. Sie ist ständiges Vorstandsmitglied der Chinesischen Forschungsgesellschaft für deutsche Geschichte und Vorstandsmitglied der Chinesischen Gesellschaft für Deutschlandstudien sowie Mitglied des Deutschland-Forschungszentrums der Renmin-Universität und des Sino-Europäischen Forschungszentrums der Qinghua-Universität in Beijing. Sie leitet derzeit das von der Renmin-Universität geförderte Forschungsprojekt über den „Deutsch-Chinesischen Dialog für den kulturell- gesellschaftlichen Austausch" (KYGJA2022009).  

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