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Chefkonstrukteurin der chinesischen Trägerrakete: „Ich bin glücklich, zu Chinas Raumfahrttraum beizutragen“

Zhang Hui  ·   2022-07-04  ·  Quelle:german.chinatoday.com.cn
Stichwörter: Raumfahrt;China
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Kurz vor dem Start: Am 29. Mai wird die Trägerrakete vom Typ Langer Marsch 2F-Y14 vom technischen Bereich zum Startbereich überführt.  

Am 5. Juni um exakt 10:44 Uhr Beijinger Ortszeit war es soweit: Eine Trägerrakete vom Typ Langer Marsch-2F (kurz: LM-2F) wurde vom Satellitenstartzentrum Jiuquan im Nordwesten Chinas ins All abgeschossen. Sie brachte das Raumschiff Shenzhou 14 mit drei Taikonauten an Bord in den Orbit. Etwa 577 Sekunden später trennte sich das Raumschiff erfolgreich von der Rakete und trat in die vorgesehene Umlaufbahn ein. 

Es war der erste bemannte Raumflug in der Bauphase der chinesischen Raumstation und zugleich die neunte Startmission innerhalb von zehn Jahren unter der Leitung von Ingenieurin Rong Yi, der Chefkonstrukteurin der Trägerrakete vom Typ Langer Marsch-2F. 

100 Prozent Erfolgsquote dank 100 Prozent Einsatz   

Rong Yi kam im Jahr 1978 zur Welt. 2001 schloss sie ihr Studium an der Fakultät für Luft- und Raumfahrt sowie Werkstofftechnik der Universität für Landesverteidigungswissenschaft und -technik mit einem Bachelor ab. 2006 promovierte sie an der Fakultät für Luft- und Raumfahrt der Tsinghua-Universität. Danach trat sie als Postdoktorandin in die Chinesische Akademie für Trägerraketentechnologie ein und beschäftigt sich seither mit der Trägerrakete vom Typ Langer Marsch-2F. 

   

Rong Yi, Chefkonstrukteurin der Trägerrakete vom Typ Langer Marsch-2F, im Satellitenstartzentrum Jiuquan im Nordwesten Chinas  

„Egal wie wertvoll die Ladung anderer Raketen auch sein mag, ist sie doch ersetzbar. Doch die Ladung unserer LM-2F, nämlich die Astronauten und ihr Leben, sind unbezahlbar“, sagt Rong. 

Die Bezeichnung LM-2F bezieht sich auf eine große zweistufige Trägerrakete, die von der Chinesischen Akademie für Trägerraketentechnologie entwickelt wurde. Sie ist Teil von Chinas Drei-Schritte-Strategie für bemannte Raumfahrt. 

Am 21. September 1992 hat das Zentralkomitee der KP Chinas das Projekt beschlossen und den besagten Drei-Schritte-Plan festgelegt. Der erste Schritt bestand darin, ein bemanntes Raumschiff zu starten sowie ein unterstützendes experimentelles bemanntes Raumschiffprojekt aufzubauen und wissenschaftliche Experimente durchzuführen. Der zweite Schritt sollte in der Meisterung der Technologie für Außenbordeinsätze und Rendezvous-Manöver sowie dem Start eines kurzzeitig bewohnten Weltraumlabors bestehen. Der dritte Schritt sieht den Bau einer langfristig bemannten Raumstation vor.  

Seit ihrem Jungfernflug im Jahr 1999 kam die LM-2F bei allen Startmissionen für bemannte Raumschiffe und Zielflugzeuge seit der Shenzhou 1 zum Einsatz, mit einer Erfolgsrate von 100 Prozent. 

Bei bemannten Raketen seien Zuverlässigkeit und Sicherheit das A und O, sagt Rong. „In den frühen 1990er Jahren, als China mit der Entwicklung von LM-2F-Raketen begann, wurde die Zuverlässigkeit solcher Raketen allgemein auf etwa 0,90 geschätzt. Der Zuverlässigkeitsindex für die LM-2F aber lag schon damals bei 0,97“, erinnert sich die Ingenieurin zurück. 

Sobald Raketen dieser Bauart erst einmal ein gewisses Zuverlässigkeitsniveau erreicht hätten, sei es äußerst schwierig, dieses weiter zu steigern. „Wissen Sie, wie viel unsere Raketen bei jedem Flug zum Zuverlässigkeitsindex beitragen? Weniger als 1/10.000, ungefähr in der Größenordnung von 5/100.000. Sie können sich also vorstellen, wie schwierig es für unsere Raketenentwicklung ist, den Zuverlässigkeitsindex um sieben Prozent zu erhöhen. “ 

Im Vergleich zu anderen Raketen hebt sich die LM-2F-Rakete vor allem durch ihren besonderen Fluchtturm von anderen Modellen ab, der wie ein Blitzableiter auf der Spitze steht. „Der Fluchtturm ist eine wichtige Manifestation der Sicherheit bei bemannten Raketen. Wenn die Astronauten auf große Sicherheitsrisiken oder Ausfälle in der Rakete stoßen, kann der Fluchtturm die Astronauten aus der Gefahrenzone der Rakete bringen und so ihre Sicherheit gewährleisten“, sagt die Chefkonstrukteurin. 

Seit mehr als 20 Jahren wurden die Raketen der LM-2F-Reihe kontinuierlich verbessert. „Unsere gesamte Branche hat einen Arbeitsmechanismus, aus Geschehenem Lehren für ähnliche Situation zu ziehen. Sobald eine potentielle Gefahrenquelle bei einer Rakete entdeckt wird, melden wir dies auch an die Entwicklungsteams anderer Raketentypen. Alle beteiligen sich an der Fehleranalyse und scheuen keinerlei Anstrengungen, um das Problem zu lösen. So ist es uns gelungen, die Zuverlässigkeit der Raketen Stück für Stück zu erhöhen“, sagt Rong. 

Ehrenwerte Mission mit großer Verantwortung  

Als Chefkonstrukteurin und leitende Expertin der Chinesischen Akademie für Trägerraketentechnologie hat Rong Yi vollstes Vertrauen in die Raketen des Typs LM-2F. „Ob es um Zuverlässigkeit, Sicherheit, Tragfähigkeit oder Orbitalgenauigkeit geht – unsere Raketen nehmen bei all diesen Parametern eine weltweit führende Position ein“, lobt sie. 

Gleichzeitig plant und konstruiert China bereits Trägerraketen der nächsten Generation für bemannte Raumschiffe, die über eine größere Tragfähigkeit und stärkere Missionsanpassungsfähigkeiten sowie mehr intelligente Technik verfügen sollen. „Die Tragfähigkeit wird sich im Vergleich zur aktuellen Rakete, die bei 8,1 Tonnen liegt, verdoppeln. Der Smart-Faktor spiegelt sich hauptsächlich in der Möglichkeit zur Echtzeit-Online-Rekonstruktion und der Neuplanung bei unerwarteten Störungen während des Flugs. Dadurch wird die Rakete noch besser darin, ihre Aufgaben zu erfüllen, und ist zudem weniger störungsanfällig“, sagt sie. 

   

Ende April überwand das Entwicklungsteam der LM-2F die Auswirkungen der Pandemie und betrat den Startplatz in Schutzkleidung, um technische Fragen zu besprechen.  

In den letzten zehn Jahren haben Chinas Fortschritte und Durchbrüche auf dem Gebiet der bemannten Raumfahrt weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt. „Lassen Sie mich hier ein Beispiel geben: Um das Jahr 2016 haben alle drei Trägerraketen der neuen Generation unseres Landes, nämlich die kleine Trägerrakete Langer Marsch 6, die mittelgroße Trägerrakete Langer Marsch 7 und die große Trägerrakete Langer Marsch 5, in gerade einmal etwas mehr als einem Jahr allesamt ihren Erstflug absolviert. Drei erfolgreiche Jungfernflüge von neuen Raketen, jeweils mit technologischen Durchbrüchen, und das innerhalb so kurzer Zeit – das ist meines Wissens weltweit einzigartig“, sagt Rong. Die chinesische Ingenieurin führt diese Errungenschaften auf Chinas Systemvorteil zurück, alle Kräfte für große Vorhaben bündeln zu können, sowie auch auf Chinas Landesstärke und die tatkräftige Förderung und Unterstützung der Regierung für die Luft- und Raumfahrttechnik. 

Anlässlich des ersten „Tages der Raumfahrt“ am 24. April 2016 gab Staatspräsident Xi Jinping wichtige Anweisungen: „Die unendlichen Weiten des Weltalls zu erkunden, die Raumfahrtindustrie zu entwickeln, China zu einer starken Raumfahrtnation aufzubauen – das ist der Raumfahrttraum, den wir unermüdlich verfolgen“, sagte er. Der Raumfahrttraum und dessen Erfüllung seien letztlich nur die logische Konsequenz des Chinesischen Traums, so der Präsident weiter, was die Bedeutung der Raumfahrtindustrie voll und ganz demonstriert. „Unter dieser Losung und mit der Unterstützung der Bevölkerung im ganzen Land hat unser Raumfahrtwesen kontinuierlich neue Durchbrüche erzielt“, sagt Rong. 

Nach dem erfolgreichen Erstflug von Langer Marsch 5 im Jahr 2016 kommentierten einige ausländische Medien, dass das Verblüffendste an der chinesischen Raumfahrtindustrie nicht ihre großen Errungenschaften wie die bemannte Raumfahrttechnik seien, sondern die große Anzahl junger Wissenschaftler und Ingenieure. „Chinas Raumfahrtindustrie hat immer an dem Konzept festgehalten, sowohl technische Errungenschaften zu entwickeln als auch Talente zu fördern“, sagt Rong. Sie fügt hinzu, dass junge Menschen stets wichtige Aufgaben in großen Projekten übertragen würden, damit sie sich weiterentwickeln und wachsen könnten. 

Die Entwicklung der bemannten Trägerrakete sei eine ehrenwerte Mission, die aber auch große Verantwortung mit sich bringe, beschreibt Rong Yi ihr Arbeitsgefühl. „Chinas Raumfahrtprojekt ist wichtig und großartig, und es hat die Aufmerksamkeit der Menschen im ganzen Land auf sich gezogen. Daher ist es eine große Ehre, an dieser Mission mitzuwirken. Da die bemannte Trägerrakete die Sicherheit des Lebens der Astronauten gewährleisten muss, sind Zuverlässigkeit und Sicherheit immer unsere oberste Priorität. Die Verantwortung lastet entsprechend schwer“, sagt sie. 

2022 ist ein Schlüsseljahr für Chinas Raumfahrt, da in diesem Jahr der Bau der eigenen Raumstation abgeschlossen werden soll. Das Jahr fällt gleichzeitig mit dem 30. Jahrestag der Umsetzung von Chinas bemanntem Raumfahrtprojekt zusammen. Angesichts der anstehenden Aufgaben und Missionen zeigt sich Rong Yi hochmotiviert: „Wir werden weiterhin alles daran setzen, neue Durchbrüche in der chinesischen Raumfahrt zu erreichen und damit zu begeistern“, sagt sie zum Abschluss. 

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