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Kluge Köpfe braucht das Land

  ·   2017-11-17  ·  Quelle:German.people.cn
Stichwörter: China;Stadt-Land-Gefälle
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Im Rahmen des Programms zugelassene Studenten sind von Studiengebühren befreit und erhalten während der Vorlesungszeit einen monatlichen Zuschuss von 600 Yuan (80 Euro). Nach dem Abschluss müssen sie eine Zeit lang in Regionen mit Lehrermangel gehen.

Im Jahr 2010 wurde vom Bildungs- und vom Finanzministerium gemeinsam das staatliche Programm zur Ausbildung von Lehrkräften für die Primar- und Sekundarstufe initiiert.

Das Programm bietet Dorflehrern aus Zentral- und Westchina die Möglichkeit auf Kosten des Staates an Auffrischungskursen oder kurzen Fortbildungen an Chinas besten Hochschulen teilzunehmen.

Laut Bildungsministerium wurden 2012 vom Staat 2,7 Billionen Yuan (346 Milliarden Euro) für Bildung ausgegeben, erstmalig mehr als 4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Zahl steigt seitdem stetig an, im letzten Jahr wurden 3,8 Billionen Yuan (487 Milliarden Euro) bzw. 5,2 Prozent des BIP in Bildung investiert.

Die steigenden Investitionen bedeuten, Schüler auf dem Land müssen nicht länger Angst haben, dass während des Unterrichts der Putz von der Decke bröckelt und Internetzugang oder multimediagestützte Lehre sind an vielen Schulen auch keine Besonderheit mehr.

„Wenn man jetzt übers Land fährt, ist es schön zu sehen, dass Schulen immer die besten Gebäude haben”, meint Andrea Pasinetti, Gründer und Geschäftsführer von Teach for China.

Trotz der besseren Infrastruktur herrsche in einigen ländlichen Regionen allerdings immer noch starker Mangel an Lehrkräften, meint Wang vom 21st Century Education Research Institute.

„Der Mangel an qualifizierten Lehrkräften führt dazu, dass wohlhabendere Eltern ihre Kinder zur Schule in die nächstgelegene Kreis- oder Großstadt schicken, durch die sinkenden Schülerzahlen wird der Lehrermangel aber nur schlimmer, weil Lehrer dann auch in die Stadt gezogen werden, das ist ein Teufelskreis.”

 

Schülerinnen der Xinhe-Grundschule in der Pause. [China Daily] 

Vorteile auf beiden Seiten 

Andrea Pasinetti, der die italienische und US-amerikanische Staatsbürgerschaft hat, gründete im Jahr 2008 nach amerikanischem Vorbild Teach for China. Auf Chinesisch heißt die Organisation „Meili Zhongguo”, also „schönes China“.

Teach vor China hebt sich von anderen gemeinnützigen Bildungsorganisationen ab, weil es bei den Freiwilligenprogrammen nicht nur um Hilfe in eine Richtung geht. Stattdessen sind die zweijährigen Programme bei Teach for China so gestaltet, dass sowohl Schüler als auch die entsendeten Lehrkräfte was davon haben.

Liu Pengze ist Direktor der Beijing Lead Future Foundation, einer nichtstaatlichen Organisation, die den Großteil der Gelder für Teach for China bereitstellt. Liu meint, Freiwilligenprogramme im Bildungsbereich seien keine Neuheit in China, es gebe zum Beispiel schon länger das Hope Project und auch andere Initiativen, aber meistens sollen Lehrkräfte zeitlich unbegrenzt an Schulen in ländlichen Regionen gebunden werden.

„Der ungleiche Zugang zu guter Bildung ist das Ergebnis von Urbanisierung, aber man kann jetzt nicht erwarten, dass talentierte Lehrkräfte in wenig reizvolle, abgeschiedene Regionen gehen und ihr Leben lang dortbleiben.”

Bevor sie zum ersten Mal Unterricht geben können, muss jeder Freiwillige von Teach for China an einem Kurs teilnehmen, der vier bis sechs Wochen dauert. In dem Kurs werden grundlegende Lehrmethoden, betriebswirtschaftliche Kenntnisse und regionale Besonderheiten vermittelt. Die Kursteilnehmer müssen das Gelernte in Übungsstunden auch direkt anwenden. Während der Fortbildung bekommen die Freiwilligen monatlich 2200 Yuan (220 Euro), nach der Entsendung an die Schule gibt es dann 2800 Yuan (360 Euro) pro Monat.

Die Bezahlung sei zwar niedrig, aber die Freiwilligen profitieren noch anders von dem Programm, so Pasinetti. „Kaum ein Arbeitgeber betraut neue Mitarbeiter mit wichtigen Aufgaben und lässt sie direkt größere Verantwortung übernehmen, aber auf dem Land sind unsere Freiwilligen in jeder Klasse selbst die Chefs.”

He Liu meint, seine Erfahrungen als Freiwilliger in Dazhai halfen ihm eine systematische Denkweise zu entwickeln, die ihm immer noch nütze: „Die Lehre ist zielgerichtet und kommt nicht ohne klare Planung aus. Das hat meine Denkweise verändert und ich zehre noch heute in meinem täglichen Leben davon.”

Nachhaltigkeit 

Erhebungen von Teach for China zeigen, dass das zweijährige Programm viele Freiwillige dazu motiviert im Bildungsbereich zu bleiben. „Vor der Entsendung wollen nur 6 bis 7 Prozent im Bildungsbereich bleiben, aber nach dem Programm sind es 70 Prozent”, glaubt Liu Pengze.

Damit liegt er fast richtig. Laut Teach for China bleiben mehr als 50 Prozent der Freiwilligen nach ihrer Lehrtätigkeit auf dem Land im Bildungsbereich oder fangen bei anderen gemeinnützigen Organisation an.

Bei der Beijing Lead Future Foundation und Teach vor China ist im Moment schon ein neues Projekt in Planung. Das Projekt heißt Meili Xiaoxue, auf Deutsch „schöne Grundschule”, und soll ehemaligen Freiwilligen von Teach for China die Möglichkeit bekommen sich weiter zu engagieren.

Bei dem Projekt geht es darum, dass teilnehmende Schulen zwar den lokalen Bildungsbehörden unterstellt bleiben, die Verwaltung der Lehre aber an die Beijing Lead Future Foundation und Teach for China übergeben.

„Wir haben jetzt zwei solche Schulen, für uns sind das zwei Labore. Wir wollen neue Ansätze für Bildung auf dem Land entwickeln, die dann in anderen Teilen Chinas Anwendung finden können”, erklärt Pasinetti.

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