Chinas Kurierdienste entwickeln sich dank des Onlineshopping-Booms rasant. 

Zhou Dingfang, eine in Boston lebende Chinesin, vermisst in ihrer neuen Heimat viele Dinge aus ihrer alten Heimatstadt – das köstliche chinesische Essen, ihre Freunde und die chinesischen Produkte, die viel günstiger sind als in den USA. Vor allem aber vermisst die 32-Jährige die effizienten und kundenorientierten Kurierdienste in ihrer Heimat.  

„Ich vermisse die Anrufe der Jungs von den Kurierdiensten, die mir sagen, dass sie mit meinem Paket vor der Tür stehen. Ihr Service ist so flexibel. Man kann mit ihnen sprechen und die Lieferzeit so vereinbaren, wie es einem passt – und das alles völlig kostenlos. Sie arbeiten wirklich, wirklich hart, auch am Wochenende. Darüber hinaus kosten die Kurierdienste in China viel weniger als in den USA, und die Lieferung ist zudem noch viel schneller", sagte Zhou der Beijing Rundschau.  

Angetrieben durch einen seit Jahren anhaltenden „Online-Kaufrausch“ konnte Chinas Kurierdienstbranche in den letzten sechs Jahren ein exponentielles Wachstum erreichen – mit einer jährlichen Wachstumsrate von rund 50 Prozent.  

China überholte damit sogar die USA beim Volumen der Expresslieferungen und ist somit nach Angaben des Staatlichen Post Büros (SPB) seit 2014 Weltmarktführer.  Auch 2016 wurde in China mit mehr als 31 Milliarden Paketen – was einem Anstieg von 51,4 Prozent gegenüber 2015 entspricht – mehr ausgeliefert als irgendwo sonst. Der generierte Umsatz belief sich auf 397,4 Milliarden Yuan (51,7 Mrd. Euro), ein sprunghafter Anstieg von 43,5 Prozent. In der Branche sind derzeit mehr als zwei Millionen Menschen beschäftigt. 

Chinas Markt für Expresslieferungen machte im vergangenen Jahr über 40 Prozent des globalen Marktvolumens der Branche aus und trug etwa 60 Prozent zum weltweiten Wachstum des Sektors bei, heißt es in einem Bericht der Staatlichen Post.  

Express-Wachstum 

Der wachsende E-Commerce ist eine der wichtigsten, treibenden Kräfte hinter dem boomenden Markt für Expresslieferungen in China. Der Einzelhandel konnte 2016 über das Internet Waren im Gesamtwert von 4,19 Billionen Yuan (547,8 Mrd. Euro) verkaufen. Das waren 25,6 Prozent mehr als im Vorjahr und 12,6 Prozent des gesamten Einzelhandelsumsatzes im Land.  

Allein während des „Tags der Singles“ – dem größten Onlineshopping-Festival in ganz China – der jedes Jahr am 11. November gefeiert wird, wurden im letzten Jahr 350 Millionen Bestellungen aufgegeben. Das waren noch einmal sagenhafte 59 Prozent mehr als vor einem Jahr. Insgesamt wurden an diesem einen Tag 251 Millionen Pakete abgefertigt und zugestellt, etwa 52 Prozent mehr als im Vorjahr.  

Laut Han Ruilin, einem hohen Beamten des SPB, sei das schnelle Wachstum der Kurierdienste auf das Engste mit dem boomenden Onlineshopping in China verbunden, das zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Lebens großer Teile der chinesischen Bevölkerung geworden sei. 

„Die Kurierdienste und der E-Commerce ergänzen und fördern sich gegenseitig. Nur wenn diese beiden eine gegen- und beiderseitig vorteilhafte Beziehung haben, können sie ein gesundes Wachstum erreichen“, erklärte Han gegenüber der Nachrichtenagentur Xinhua.  

Im Februar hatte das SPB den 13. Fünfjahresplan (2016-20) für die Entwicklung des Marktes für Kurierdienste veröffentlicht, in dem vorgeschlagen wird, mehr als zwei chinesische Konglomerate aufzubauen, die international auch gegenüber ausländischen Platzhirschen wie UPS und FedEx wettbewerbsfähig sind. 

Laut dem Plan des SPB werden Chinas Kurierdienste im Jahr 2020 etwa 70 Milliarden Pakete pro Jahr ausliefern und damit einen Jahresumsatz von über 800 Milliarden Yuan (104,6 Mrd. Euro) machen, bei einer jährlichen Wachstumsrate von 27,6 (Lieferungen) bzw. 23,6 Prozent (Umsatz).  

Xu Yong, Chefberater bei dem Marktforschungsunternehmen CECSS Express Consulting, sagte, dass das Ziel problemlos erreichbar sei, da der Trend steigender Liefergebühren, die wachsenden Gesamteinnahmen der großen chinesischen Kurierdienste und ihre ehrgeizigen Expansionspläne in Übersee dabei helfen würden.