Ein katholisches Paar aus Tibet setzt die alte Missionarstradition der Weinherstellung fort .

Lusheng mit ihrem Sohn Li Yongsheng bei der Arbeit in ihrem Weingewächshaus in Lhasa (Palden Nyima) 

An einem Tag Anfang Mai glitzern ein Becher Rotwein und ein paar Tassen mit süßem und schwarzem Tee auf dem Tisch eines katholischen Paars aus Lhasa, der Hauptstadt des Autonomen Gebiets Tibets, in der Morgensonne. Diese drei Getränke, spiegeln gleichzeitig drei unterschiedliche Kulturen der Region wider.   

Bei Tibet denkt man normalerweise sofort an den Tibetischen Buddhismus und die Bön-Religion. Das Paar mit den chinesischen Namen Lusheng und Huasheng gehört jedoch zur winzigen Minderheit der Katholiken. Der auffälligste Gegenstand in ihrem Wohnzimmer ist eine Christus-Statue mit einem Khadak, einem tibetischen weißen Schal. 

"Tibet ist ein Ort mit unterschiedlichen Religionen und ethnischen Gruppen. Ich glaube, nur hier kann man eine Jesusfigur mit einem weißen Khadak sehen", scherzt die 54-jährige Lusheng. 

Täglich kümmert sie sich um die kleinen Rebstöcke (Palden Nyima)

Lusheng und ihr Ehemann stammen aus dem Kreis Markam  im Südosten Tibets, nah an der Grenze zu den Provinzen Sichuan und Yunnan im Südwesten Chinas. Tsakhalo, die Heimatstadt des Paars, war eine der ersten und letzten tibetischen Stationen auf der Chama Gudao(茶马古道), der Alten Tee-Pferde-Straße, einem Netz aus Handelsstraßen, die Sichuan, Yunnan und Guizhou mit der Region Bengalen in Indien verband.   

Aufzeichnungen zufolge kamen katholische Missionare im 18. Jahrhundert in dieses Gebiet und gründeten anschließend Tibets erste und einzige katholische Kirche, errichtet in tibetischem Stil. Nach Lushengs Angaben gaben französische Priester Mitte des 18. Jahrhunderts die Kunst  des Weinanbaus und der Weinherstellung an die katholischen Nonnen weiter. 

"Meine Großmutter war eine Nonne, die ihr Leben lang Weinreben angebaut hat und ich will in ihre Fußstapfen treten", erklärt Lusheng.