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Chinas Seegrenzen verstehen |
Von Greg Austin · 2016-01-22 · Quelle:Beijing Rundschau |
Stichwörter: Meeresgrenze;Macht;Marine;Ordnung;Aktivitäten | Druck |
Greg Austin
Chinas jüngste Aktivitäten an seinen Meeresgrenzen haben zu wachsenden Befürchtungen geführt, dass es seine Macht auf Kosten anderer erweitern will, da es mittlerweile über eine mächtigere Marine verfügt. Die Kernidee dieser Vorstellung ist, dass Chinas Aktivitäten expansionistisch und aggressiver als noch vor 20 oder 30 Jahren sind, weil es einen neuen Drang zur Ausweitung seines Territoriums verspürt bzw. weil es sich mit seiner neu gewonnenen Bedeutung in einigen Meeresgebieten wichtig machen will, um die regionale Ordnung neu zu definieren.
Es ist aber auch eine andere Interpretation möglich, die stärker den Tatsachen entspricht und weniger finsterer Natur ist. Chinas Meeresgrenze wurde in den fünf Jahrhunderten, seit 1609 erstmals die Idee der Meeresgrenzen formuliert wurde, zum größten Teil nie festgelegt. Chinas primäre Motivation liegt demnach darin, die Inselgebiete, die es als sein Eigentum betrachtet und die die Nachbarländer versuchten zu besetzen, zu verteidigen.
Die regionale Ordnung, wie sie durch ein ausgewogenes Verhältnis von wirtschaftlicher und militärischer Macht zwischen Japan und China sowie zwischen dem chinesischen Festland und Taiwan definiert wird, ist durch Chinas friedlichen Aufstieg bereits neu geschrieben worden und jeder zusätzliche Nutzen, der aus der Kontrolle der vom Reich der Mitte beanspruchten kleinen Inselgebiete im Südchinesischen Meer erwächst, wäre nur marginal. Für China besteht das Hauptanliegen an seiner Meeresgrenze in der erfolgreichen Wiedervereinigung vom chinesischen Festland und Taiwan, das sich am Nordende des Südchinesischen Meers befindet. Auch wenn China den Streit um die Nansha-Inseln als „Kerninteresse" beschrieb, weil es Hoheitsgebiete betrifft, ist dies kaum als Neuigkeit zu bewerten, sondern nur eine Bestätigung des Offensichtlichen. Das wichtigere Merkmal, das Chinas Politik seit Jahrzehnten antreibt, ist gleichgeblieben, wie ein Berater der chinesischen Regierung 1996 bemerkte: Der Streit ist „geringen Ausmaßes und regional begrenzt".
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts waren Kolonialmächte wie Großbritannien, Frankreich, Japan und die Vereinigten Staaten an der Ausformung von Einflusssphären bzw. faktischer Souveränität (so etwas wie „Konzessionen") über Enklaven chinesischer Landgebiete involviert, so dass China mit seiner schwachen Seemacht keinerlei Priorität auf die Geltendmachung oder den Schutz seiner Meeresgrenze legte.
Erst seit einem Abkommen mit Frankreich, dass 1887 die Seegrenzen zum französischen Protektorat Tonkin festlegte, begann China aktiv damit, eine Meeresgrenze zu markieren und zu verteidigen. 1895 wurde China dann in Folge eines kleineren Krieges zwischen beiden Ländern gezwungen, Taiwan und dazugehörige kleinere Inseln an Japan abzutreten, eine weitere Bestätigung der damaligen chinesischen Schwäche an seiner Seegrenze. Erst mit dem Sieg über Japan im Jahr 1945 war China wieder in der Position, seine Seegrenze frei von ausländischer militärischer Bedrohung, Invasion oder Besatzung zu definieren und zu verteidigen, einschließlich rund um Taiwan.
Die Gelegenheit war nur von kurzer Dauer, denn das Land versank erneut im Bürgerkrieg, der zu einem dauerhaften Stillstand im Hinblick auf die Seegrenzen führte. 1949 war der Sieg der Kommunisten noch lückenhaft und die Regierung der Kuomintang konnte sich auf Taiwan einrichten.
Angefangen mit Kanada im Jahr 1970 begannen bedeutende Westmächte, die die taiwanesische Obrigkeit weiterhin anerkannten, ihre diplomatische Anerkennung in Richtung Volksrepublik China zu verlagern. Dies hat nach internationalem Recht die unvermeidliche Folge, dass alle territorialen Rechte der Republik China aus der Zeit vor 1949 einem vereinten China (geführt von der einzig anerkannten Regierung) erhalten bleiben. Von besonderer Bedeutung ist, dass diese Rechte den Anspruch auf die Nansha-Inseln, der sich 1946 durch die Besetzung der Insel Taiping manifestierte, miteinschließt. Das chinesische Festland und Taiwan erheben fast identische Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer.
Die gegenwärtigen Streitigkeiten um Seegebiete gehen dem Machtzuwachs Chinas voraus und steigern seine Marinekompetenzen. Jegliche Annahme, dass China seine maritimen Ansprüche ausgeweitet habe, weil es sich nun mächtiger fühle, lässt sich nicht aus Fakten herleiten. Eins der vielen Dinge, die sich im Zusammenhang mit den Streitigkeiten verändert haben, ist Chinas Bereitschaft, entschlossen zu handeln, wie es die meisten Staaten tun würden, um bestehende Souveränitätsansprüche, die seit mindestens 67 Jahren existieren, zu verteidigen.
Es handelt sich um eine bearbeitete Version eines Artikels, der zuvor auf der Website der Zeitschrift The National Interest veröffentlicht wurde.
Der Autor ist ein Mitglied des Professorenkollegiums am East West Institute in New York.
Jegliche Annahme, dass China seine maritimen Ansprüche ausgeweitet habe, weil es sich nun mächtiger fühle, lässt sich nicht aus Fakten herleiten.
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