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„Ehrlich und rein“: 70 Jahre deutsche Vergangenheitsbewältigung
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Von Gao Zhuan · 2015-09-24 · Quelle:China Heute |
Stichwörter: Partialvergleiche;Deutschland;Japan | Druck |
Wenn historische Partialvergleiche über die Vergangenheitsbewältigung in Deutschland und in Japan angestellt werden, dann fällt nichts deutlicher ins Auge als der Kontrast zwischen zwei Bauwerken: dem Denkmal für die ermordeten Juden in Europa in Berlin und dem Yasukuni-Schrein in Tokio. Das im Jahr 2005 eingeweihte deutsche Denkmal, auch Holocaust-Mahnmal genannt, verweist auf die dunkelste Epoche deutscher Geschichte und ist ein zentraler Ort der Erinnerung an die sechs Millionen europäischer Juden, die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus ermordet wurden. Im Yasukuni-Schrein wird hingegen japanischen Kriegsgefallenen einschließlich der Hauptkriegsverbrecher, die vom 3. Mai 1946 bis zum 12. November 1948 vom Internationalen Militärgerichtshof für den Fernen Osten verurteilt wurden, alljährlich bis in die Gegenwart hinein von japanischen ranghohen Politikern gedacht. Hinsichtlich der grotesken Verrenkungen der historischen Anschauungen und politischen Handlungen dieser Politiker drängt sich der Eindruck auf, als wölbe sich der Schatten einer unbewältigten Vergangenheit noch immer auf Japans politische Arena.
Blick auf das 2005 feierlich eingeweihte Denkmal für die ermordeten Juden in Europa in Berlin
Dreiste „Show“ von militaristisch gesinnten japanischen Rechten vor dem Yasukuni-Schrein in Tokio
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die von der japanischen Regierung initiierte Herausforderung der Weltordnung in der Nachkriegszeit durch den staatlichen Kauf der Diaoyu-Inseln im September 2012. Dieser stellt einen dreisten Verstoß gegen das Völkerrecht dar. Geschichte ist Gericht. Der Cecilienhof in Potsdam ist deshalb als Denkmal in die Weltgeschichte eingegangen, weil er vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 der Ort der Potsdamer Konferenz war. Auf dieser Konferenz wurde in Bezug auf Japan von den drei Siegermächten Großbritannien, den USA und der Sowjetunion die „Potsdamer Erklärung” beschlossen und damit das Schicksal des japanischen Kaiserreichs, das viele Länder und Regionen im asiatisch-pazifischen Raum während des Zweiten Weltkriegs in ein Inferno verwandelt hatte, besiegelt. Der „Potsdamer Erklärung“ war die „Kairoer Erklärung" vorausgegangen, die von US-Präsident Roosevelt, dem britischen Premierminister Churchill und dem Vorsitzenden der chinesischen Nationalregierung Chiang Kai-shek beschlossen worden war und die Japan zur bedingungslosen Kapitulation aufforderte. So bildete die „Potsdamer Erklärung“ ein Ultimatum zur bedingungslosen Kapitulation Japans. Das vom Mikado, dem japanischen Kaiser, in seiner Rundfunkrede am 15. August 1945 verkündete „Dekret zum Ende des Krieges“ beruht auf der „Potsdamer Erklärung“, in der in Punkt 8 deutlich festgelegt ist: „Die Bedingungen der ,Kairoer Erklärung‘ sollen erfüllt werden und die Souveränität Japans ist auf die Inseln Honschu, Hokkaido, Kyushu, Schikoku und die von uns bestimmten kleinen Inseln zu beschränken.“ Daraus geht hervor, dass die Diaoyu-Inseln, die historisch und völkerrechtlich einen Teil des Territoriums Chinas bilden, in keiner Weise zu Japans Staatsgebiet gehören. Durch ihre illegale Verstaatlichung hat die japanische Regierung von daher versucht, die hart erkämpften Ergebnisse des weltweiten antifaschistischen Krieges zu negieren.
Deutschland ist ein anderes im Zweiten Weltkrieg besiegtes Land, dessen politische und geografische Neuordnung in der Nachkriegszeit durch ein ebenfalls auf der Potsdamer Konferenz beschlossenes Dokument, nämlich das „Potsdamer Abkommen“, bestimmt wurde. Eine Darstellung einiger wichtiger Aspekte deutscher Vergangenheitsbewältigung bietet uns Einblicke in Deutschlands Umgang mit der Vergangenheit und lässt uns die gravierenden Defizite Japans erkennen.
Der renommierte französische Schriftsteller und Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels Alfred Grosser hat einen bemerkenswerten Satz geschrieben: „Wohl nirgendwo sonst auf der Welt hat eine Gemeinschaft in vergleichbarem Ausmaß akzeptiert und gewünscht, dass die dunkle Vergangenheit in der Gegenwart eine so zentrale Stellung einnimmt.“ 70 Jahre nach dem Kriegsende besteht sowohl in der internationalen Gemeinschaft als auch in der wissenschaftlichen Forschung ein breiter Konsens, dass die Bundesrepublik Deutschland bei der Vergangenheitsbewältigung internationale Anerkennung erlangt und „ein Modell für andere Fälle der Bewältigung“ dunkler Vergangenheit entwickelt hat und oft als „Vergangenheitsbewältigungs-Exportmeister“ zitiert wird. Es sei hier betont, dass die Vergangenheitsbewältigung in Deutschland längst nicht abgeschlossen und schon gar nicht zu idealisieren ist – allein das Wort „Vergangenheitsbewältigung“ löst in Deutschland noch immer Kontroversen aus. So heißt es etwa, eine „Bewältigung“ könne nicht mit einem Mal „wirklich vollendet“ oder „endgültig erledigt werden“. Dennoch ist die Vergangenheitsbewältigung in Deutschland zweifelsohne ein gelungener und aufschlussreicher Prozess.
In seiner Außenpolitik nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1949 setzte sich der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer das Ziel, verloren gegangenes Vertrauen in die deutsche Politik, in ihre Zuverlässigkeit und Wertgebundenheit wiederzugewinnen und strebte nach einer raschen Entwicklung des europäischen Integrationsprozesses. Zwischen der Regierung und der Opposition bestand nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland schon immer ein deutlicher Konsens über die Auseinandersetzung mit der Kriegsschuld. Der sozialdemokratische Abgeordnete Carlo Schmid, einer der Väter des Grundgesetzes der Bundesrepublik, betonte: „Nationale Würde besteht auch darin, sich zu seiner Geschichte zu bekennen.“ Im Jahr 1952 schlossen Bundeskanzler Adenauer und der israelische Außenminister Moshe Sharett ein Abkommen über Entschädigungsleistungen Deutschlands für die Ermordung der Juden in der NS-Zeit, wodurch der erste Schritt auf dem langen Weg zu einer Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen getan wurde. Nach der Barbarei der NS-Zeit signalisierte diese Vereinbarung aller Welt einen Neuanfang, der der Rehabilitierung Deutschlands den Weg bereiten sollte. Die Aussöhnung zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland durch den deutsch-französischen Vertrag von 1963 hat Deutschlands Westintegration gefördert. In seiner berühmten Rede am 8. Mai 1985 sagte der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker: „Erinnern heißt, eines Geschehens so ehrlich und rein zu gedenken, dass es zu einem Teil des eigenen Innern wird. Das stellt große Anforderungen an unsere Wahrhaftigkeit.“ „Wir gedenken insbesondere der sechs Millionen Juden, die in deutschen Konzentrationslagern ermordet wurden.“ Bei ihrem Japanbesuch im März dieses Jahres wies Bundeskanzlerin Angela Merkel darauf hin: „Die Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit war Teil der Voraussetzung dafür, auch Versöhnung schaffen zu können.“ Erst durch klare Worte und sichtbare Beweise aus Jahrzehnten der deutschen Außenpolitik wuchs unter den ehemaligen Gegnern Deutschlands im Zweiten Weltkrieg langsam die Bereitschaft, das „andere“ Deutschland, wie es sich seit 1945 entwickelt hat, zu respektieren und den guten Willen anzuerkennen.
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