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Herzen für den Exzentriker: Chinesische Netizens trauern um David Bowie |
Von Miriam Nicholls · 2016-01-14 · Quelle:Radio China International |
Stichwörter: David Bowie;Künstler;Musiker | Druck |
Ein Blumenmeer aus Rosen-Emoticons, ein Haufen gebrochener Herzen und eine Armee aus weinenden Smileys. Auch Chinas Internetuser trauern um David Bowie, der am 10. Januar mit 69 Jahren seinem Krebsleiden erlag. Zu ihnen gehören mitunter Tian Si und andere Musiker, die mit eigenen Interpretationen von Bowie-Songs ihre Anteilnahme zum Ausdruck brachten.
Als einer der weltweit erfolgreichsten Künstler der jüngeren Musikgeschichte hinterließ David Bowie tiefe Eindrücke in China. Die Eigenheit des Briten faszinierte und schockierte die chinesische Musikszene zugleich, die ab Ende der 1970er Jahre grundlegende Prozesse der Selbstfindung durchlief. Musiker Kaki Toutou rekapituliert auf Weibo:
„Mit der Öffnungspolitik begann die Geschichte des chinesischen Rock. In hohem Maße politisiert, öffneten wir uns für Inspiration aus dem Westen. Unkonventionelle Musikergruppierungen experimentierten mit der Musik des großen Idols David Bowie, der sich scheinbar in keine Schublade stecken ließ. Durch ihn lernten wir, was Rock, Pop, Soul und schließlich elektronische Musik ausmachte. Das werden wir nie vergessen. Ruhe er in Frieden!"
Großen Einfluss hatte Bowie sowohl auf die Rock-Szene von Beijing als auch auf die Elektromusik von Hongkong. Unverkennbar knüpften Anthony Wong und die Band Tat Ming Pair an das britische Vorbild an. Der Einfluss machte sich ab Mitte der 1980er sowohl musikalisch als auch bei der avantgardistischen Bühnengestaltung der Band aus Hongkong bemerkbar. Die Arrangements knüpften an das Spiel mit verschiedenen Identitäten und Kunstfiguren sowie an die androgyne Erscheinung an, die als Markenzeichen des Briten galten.
David Bowie trug international maßgeblich dazu bei, dass sexuelle Mehrdeutigkeit in Mainstream-Sphären salonfähig wurde. In China imponierte und verstörte sein öffentliches Bekenntnis zur Bisexualität allerdings gleichermaßen. Die chinesische Tongzhi-Szene, die Gruppe der bekennenden Homosexuellen, betrachtete ihn als Vorbild, wie der User Fellow Follower beschreibt:
„David Bowie setzte seine sexuelle Ausrichtung stilvoll in Szene. Homosexuelle in China fühlten sich durch seine Auftritte als ‚Rainbow-Man' ermutigt, sich selbst ebenfalls zu outen. Das, was viele als anstößig betrachten, vermittelte er in der Öffentlichkeit mit äußerster Eleganz, mit Stil und Schönheit. Für Unverständnis sorgte allerdings, dass er dann doch heiratete, gleich zwei Mal."
Seiner in jeder Hinsicht bemerkenswerten öffentlichen Erscheinung verdankte Bowie bis zuletzt anhaltende Popularität unter den chinesischen Fans. Yuen Chi-chung, Herausgeber des Musikmagazins Music Colony Bi-weekly, schreibt in einem Editorial:
„Viele Musiker in seinem Alter greifen auf seichte Balladen und andere Lieder zurück, nur um ihre Stimme bestmöglich zur Geltung zu bringen. Bowie hingegen konnte bis zu seinem Tod einen hohen Grad an Coolness bewahren – was auch daran liegt, dass er ungleich seiner Kollegen nie einen Bierbauch ansetzte."
Als Teil seiner immerwährenden Aktualität sieht die chinesische Öffentlichkeit, dass er trotz seines pompösen Äußeren stets auch politische Nachrichten vermittelte – am besten verdeutlicht durch die allseits bekannte Single „China Girl", die er zusammen mit Iggy Pop bereits im Jahr 1977 als Teil des Albums „The Idiot" veröffentlichte. In dem Online-Nachruf „Adieu, David!" würdigt Malila angesichts des Originalclips zum Lied:
„Das Lied ‚China Girl' wird in alle Ewigkeit ein deutliches Statement gegen Ausgrenzung und Rassismus sein. Ganz einfach, klar und direkt. Das zugehörige Musikvideo parodiert die Stereotypisierung der asiatischen Frau. Über viele Jahrzehnte hinweg hat diese Thematik nicht die Spur an Aktualität verloren. Wir werden diesen einzigartigen Künstler vermissen."
Der Thread hinterfragt keineswegs, ob und inwiefern politische Botschaften in der Kunst des David Bowie tatsächlich im Vordergrund standen. Vielmehr wird mit jedem der Worte und Video-Memorials zum Ausdruck gebracht, dass der Exzentriker und Ausnahmekünstler auch in China nie in Vergessenheit geraten wird. (Quelle: Radio China International)
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