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He Jiahong: die chinesische Antwort auf John Grisham |
Von Eric Daily · 2015-07-24 · Quelle:Beijing Rundschau |
Stichwörter: Kulturrevolution;HeJiahong | Druck |
Das Buch "Black Holes" (Foto: Wei Yao)
He Jiahong (Foto: Wei Yao)
He Jiahong kann einen Raum genauso an sich fesseln wie seine Bücher die Leser. Aus Anlass der Veröffentlichung seines zweiten englischsprachigen Buches „Black Holes" fand am 26. März eine Diskussion im Rahmen des Beijing Bookworm Literaturfestivals 2015 statt, bei der der anerkannte Jurist und Schriftsteller gleich zu Beginn das Publikum mit dem Kommentar „Ich spreche Chinesisch ebenso wie Chinglisch", zum Lachen brachte. „Black Holes" ist die Übersetzung des zweiten seiner fünf Romane, die im Original auf Chinesisch veröffentlich wurden. Ihre Hauptfigur ist der Anwalt Hong Jun. Tags zuvor hatte sich bei einem Interview, in seinem mit Büchern vollgestopften Büro, im Labyrinth des Mingde Komplexes der Renmin-Universität, herausgestellt, dass er wohl der am wenigsten selbstbewusste Schriftsteller ist, den man sich nur vorstellen kann. Er betonte wieder und wieder, dass er kein Experte für Literatur wäre.
Der Professor wirkt sehr bescheiden. „Black Holes" zeigt aber, dass er ein selbstsicherer Schriftsteller ist, der Handlung und Charaktere souverän führt und dabei doch das Auge des Juristen fürs Detail behält. Ein Thema, bei dem der Professor nicht schüchtern wirkt, ist Strafrecht. Seine wissenschaftliche Karriere konzentriert sich seit vier Jahrzehnten auf Strafverfolgung und Forensik, er wirkte an der Weiterentwicklung der Strafprozessordnung mit, arbeitete mit dem „Innocence Project" und hatte Anteil an der Wiederaufnahme von Prozessen zu Unrecht Verurteilter. Der Professor half auch bei der Errichtung eines Postgraduate-Lehrganges für Korruptionsbekämpfung und trug zu Erstellung und Herausgabe von 100 rechtswissenschaftlichen Büchern bei.
Beziehungen zur Vergangenheit
1969 meldete sich der 16-jährige He freiwillig zur Arbeit auf einem Bauernhof in Helongjiang, einer Provinz im Nordosten Chinas, wo er als „gebildeter Jugendlicher" von den Bauern lernte Traktoren zu bedienen. Ein von ihm verfasstes Gedicht wurde 1971 veröffentlicht und ein Roman wurde mit den Worten, er solle bei Kurzgeschichten bleiben, bis er erwachsener sei, zurückgewiesen.
Als er 1977 in seine Heimat Beijing zurückgekehrt war, arbeitete er zunächst als Installateur und lernte seine Frau, eine Ärztin, kennen. Scherzend meint er, wenn er seine Arbeit als Juraprofessor verlieren würde, könne er immer noch als „qualifizierte Arbeitskraft" seiner früheren Beschäftigung nachgehen. Seine Schwiegereltern waren weder von seinen Klempnerfähigkeiten noch von seinen literarischen Ambitionen beeindruckt, daher nahm He an der Prüfung für die Universität teil und wurde, trotz eines Rückstaus von zehn Jahrgängen von Studienanfängern im Universitätssystem, das nach dem Ende der „Kulturrevolution" (1966-76) gerade erst wieder zu funktionieren begann, aufgenommen. Hes Wunschfach wäre Wirtschaft gewesen, doch aufgrund seiner schlechten Noten in Mathematik musste er Jura wählen, ein Thema mit dem er bis dahin kaum vertraut war.
Es stellte sich heraus, dass He und Jura gut harmonieren sollten. Nach seinem Abschluss praktizierte er 1985 kurz als Strafverteidiger. Doch er kehrte bald wieder zum Studium zurück und habilitierte 1993 an der Northwestern University in Evanston, Illinois. Er veröffentlichte eine vergleichende Arbeit über das US-amerikanische und das chinesische Strafverfolgungssystem. Während seiner Zeit in den USA entdeckte er die Schriftsteller des damals blühenden Genres der Justizthriller, wie Scott Turow. Die Tatsache, dass Titel wie „Aus Mangel an Beweisen", „Die Bürde der Wahrheit" und „Flucht" in der lesenden Bevölkerung als Synonym für Spannung galten, weckte sein Interesse.
Als He zurück nach China kam, beschloss er ein weiteres Mal Romane zu schreiben und seinen Jugendtraum zurückzuerobern. Er hatte auch das Bedürfnis, etwas zu veröffentlichen, das das sich entwickelnde Strafjustizsystem Chinas auf anschauliche Weise darstellen und ausloten würde. In der Folge schrieb er zwischen 1994 und 1998 fünf Romane, von denen der erste als gekürzte Fassung in der China Youth Daily als Fortsetzungsgeschichte erschien.
Obwohl China als Schauplatz für Justizthriller noch unverbraucht ist, ist die Handlung von „Black Holes" in die 1990er Jahre zurückversetzt. Bis dahin sei den Menschen nicht bewusst gewesen, dass sie arm waren, da jeder arm war, betonte He bei der Diskussion im Bookworm. Sogar unter seinen akademischen Kollegen war es üblich gewesen, einen Nebenjob zu haben oder in den Sommerferien zu arbeiten. An der Börse hatten Chinesen nun zum ersten Mal die Möglichkeit schnell reich zu werden. Der ursprüngliche Titel von „Black Holes" war „The Black Holes in Human Nature" und He sieht die 1990er und die turbulente „Kulturrevolution" als zwei Zeiten, in denen sich regelrechte Risse auftaten und Portale entstanden, in denen das Böse erleichtert und angezogen wurde.
Seiner gescheiterten Karriere als Ökonom zum Trotz gab „Black Holes" He Jiatong eine zweite Chance, Finanzen zu studieren. Um seiner Arbeit Authentizität zu verschaffen, erforschte er ein Gebiet, mit dem er nur vage bekannt gewesen war: Wertpapierhandel. So wie Hong auf den ersten Seiten des Romans, verbrachte er viel Zeit auf Beijings Börsenparkett, stellte sich auf den Fachjargon des Marktes ein und las Bücher über Finanzwirtschaft.
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