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Thomas Rabe: Bewahrer und Botschafter der chinesisch-deutschen Freundschaft |
Wei Hongchen · 2025-07-11 · Quelle:german.chinatoday.com.cn |
Stichwörter: Orchid Awards;Preis;Rabe | ![]() |
„Im Namen der Familie Rabe möchte ich meinen herzlichsten Dank für diese hohe Auszeichnung aussprechen, die die 117-jährige Freundschaft unserer vier Generationen mit China würdigt.“ Diese Worte fand Thomas Rabe, Enkel des berühmten John Rabe, jüngst in seiner Laudatio in Beijing. Am 10. Juli wurde der 74-Jährige im Rahmen der zweiten „Orchid Awards“ in der chinesischen Hauptstadt mit dem Freundschaftsbotschafterpreis ausgezeichnet.
Die Orchid Awards wurden 2023 von der China International Communications Group (CICG) ins Leben gerufen. Mit dem Preis ehren die Veranstalter ausländische Staatsbürger und Organisationen, die sich um den Kulturaustausch mit China und die Völkerverständigung verdient gemacht haben. Die Auszeichnung steht im Zeichen der von Xi Jinping initiierten Globalen Zivilisationsinitiative (GCI). Sie soll dazu beitragen, das kulturelle Fundament für den Zusammenschluss der Menschheit zu einer Schicksalsgemeinschaft zu festigen, den kulturellen Austausch zwischen China und dem Rest der Welt zu fördern und gegenseitiges Lernen im interkulturellen Kontext anzustoßen.
Thomas Rabe hat sich über die Jahre als Mittler zwischen den Kulturen hervorgetan. Die Liste der Gründe für die Auszeichnung des gebürtigen Hamburgers und Professors für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Universitätsklinik Heidelberg ist lang. Doch wer die Geschichte von Thomas Rabe erzählen will, kommt natürlich nicht umhin, auch einige Worte über seinen berühmten Großvater zu verlieren – John Rabe.
Preisverleihung: Am 10. Juli erhielt Thomas Rabe (1.v.l) in Beijing bei den zweiten „Orchid Awards“ der CICG den Preis des Freundschaftsbotschafters. Hier ist er mit den anderen Preisträgern zu sehen. (Foto: Sekretariat der Orchid Awards)
Das Familienerbe lebendig halten
John Rabe lebte und arbeitete von 1908 bis 1938 in China. Während des japanischen Angriffs auf Nanjing in den Jahren 1937 und 1938 rettete der Deutsche gemeinsam mit weiteren ausländischen Freunden über 200.000 chinesischen Zivilisten das Leben – durch die Einrichtung einer Sicherheitszone in der Stadt. 650 Schutzsuchende fanden gar Unterschlupf auf seinem privaten Anwesen – in seinem Haus, dem Garten und der dahinterliegenden deutschen Schule. Den Chinesen ist John Rabe bestens bekannt, man nennt ihn auch den „Oskar Schindler Chinas“. Seine Nanjing-Tagebücher zählen zu den umfassendsten Zeugnissen der damaligen Gräueltaten.
Die Geschichte des Großvaters ist auch dem Enkel Thomas Rabe fest ins Gedächtnis gebrannt, obwohl sich die beiden nie getroffen haben. Angesprochen auf seinen Opa sprudelt es dennoch regelrecht heraus aus dem 74-Jährigen. Er kennt die Geschichten seines Großvaters bis ins kleinste Detail. Stolz und Begeisterung sind ihm beim Interview ins Gesicht geschrieben. Geduldig erzählt er sie immer wieder – die bewegende Geschichte seines Großvaters. „Es ist meine Aufgabe, die historische Verantwortung fortzuführen, die aus den Tagebüchern meines Großvaters erwächst“, sagt er. Eine Verantwortung, die sich bis heute wie ein roter Faden durch sein Leben und Wirken zieht.
Er, der Enkel, war es, der John Rabes „Nanking-Tagebücher“ einst den chinesischen Staatsarchiven übergab, wo sie nun Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind. Gemeinsam mit seiner Frau hat er bis dato weltweit sechs John-Rabe-Austausch- und Friedenszentren eingerichtet: in Deutschland, Rumänien, Spanien und China. Dazu sagt er: „Ziel dieser Zentren ist es, das Leben meines Großvaters und seine humanitäre Hilfe während der japanischen Aggression und der Besetzung Nanjing (damals im Westen häufig als Nanking bekannt) zu würdigen sowie die Ideale von Frieden und Humanität weiterzutragen.“ Wie er das Erbe seines Großvaters weiterführt, erzählt er uns schnell im Detail: humanitäre Hilfe für Waisen, Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge, Medizin-Konferenzen zur Förderung des interkulturellen Verständnisses – die Liste ist lang.
Enkel Rabe sagt, sein Familienstolz und sein Antrieb wurzelten im Handeln seines Großvaters. In der heutigen Welt sei es wichtiger denn je, den Geist der Mitmenschlichkeit, wie ihn sein Großvater einst pflegte, sprich Zivilcourage, Nächstenliebe und Friedenswille weiterzutragen. Diesem Erbe widmete der Hamburger auch sein Buch „Rabe und China“, das 2023 erschien und die langjährige China-Verbindung seiner Familie dokumentiert. Es enthält auch viele erstmals veröffentlichte Fotos. Die gesamten Einnahmen fließen in humanitäre Projekte. „Es ist wichtig, sich für andere Menschen einzusetzen. Man darf nicht wegschauen, wenn Unrecht geschieht, sondern muss versuchen, anderen auf irgendeine Weise zu helfen“, beschreibt er sein Credo.
Thomas Rabe und seine Ehefrau (Mitte) beim Stadtbesuch in Beijing am 9. Juli (Foto: Chen Jian)
Brücken auch im Medizinbereich
In China ist Thomas Rabe vor allem als Rabe-Enkel bekannt, in Deutschland kennt man ihn eher für seine Verdienste als erfahrener Professor für Gynäkologie und Geburtshilfe. Auch diese medizinische Expertise bringt der Deutsche mit nach China. Seit 2001 hat er mehrfach gemeinsame Forschung mit chinesischen Ärzten betrieben.
2013 schloss er sich dem internationalen Expertenteam des Frauen- und Geburtshilfekrankenhauses Peking an, das zur renommierten Capital Medical University gehört, wo Rabe über 40 Jahre medizinische Expertise mit chinesischen Kolleginnen und Kollegen teilte. Zusammen mit bekannten Ärzten wie Ruan Xiangyan förderte er die chinesisch-deutsche Zusammenarbeit in der gynäkologischen Endokrinologie und Reproduktionsmedizin. Er half dabei, wesentliche Fortschritte in Sachen klinische Praxis, Lehre, Forschung und Ausbildung in diesen Fachgebieten zu erzielen. Besonders nennenswert sei hier die Errichtung Chinas erster Kryobank für Eierstockgewebe im Jahr 2015, sagt der Mediziner. Dadurch seien bereits zwei erfolgreiche Geburten nach Krebstherapien ermöglicht worden. 2018 wurde ihm wegen seines Engagements im medizinischen Bereich bereits der „Chinese Government Friendship Award“ verliehen, die höchste Auszeichnung für ausländische Staatsbürger in China.
Trotz seines hohen Alters sprüht Thomas Rabe vor Leidenschaft und Energie. Er versucht zudem, mit der Zeit Schritt zu halten. Sein neuestes Projekt ist eine virtuelle Medizinakademie. Über eine KI-gestützte Plattform bietet das Projekt Patientinnen und Patienten weltweit Hilfe an. Per virtuellem Rundgang können sie sich über Krankenhäuser informieren – Ambulanzen, Krankenzimmer, klinische Labore und Medikamentenausgabe – und so mehr über Diagnose- und Behandlungsverfahren erfahren. Dem Professor zufolge nutzt das innovative Programm digitale Technologien, um medizinische Expertise grenzüberschreitend verfügbar zu machen und dadurch humanitäre Hilfe zu leisten.
Immer auf Achse
Unser Gespräch mit Thomas Rabe fand die meiste Zeit im Bus statt. Während er geduldig unsere Fragen beantwortete, beobachtete er durch das Wagenfenster das vorbeiziehende Stadtbild, fast als fürchtete er, irgendetwas zu verpassen. „Gucken Sie mal die Elektroautos auf der Straße an!“, sagt er dann zum Beispiel plötzlich. Sie seien der beste Beleg für Chinas Entwicklung. Das Land habe sich über die Jahre stark verändert, mache große Sprünge in Raumfahrt, Biomedizin, KI und Umweltschutz. „Deutschland kann von China sehr viel lernen“, so sein Fazit.
2025 markiert 80 Jahre Sieg über die japanische Aggression und über den Faschismus in China. Laut Thomas Rabe ist geplant, das historische John-Rabe-Haus aus Nanjing originalgetreu in einer Beijinger Hutong-Gasse nachzubauen, als öffentlich zugängliches Museum. Auf die Feierlichkeiten am 3. September ist das deutsche Ehepaar besonders gespannt, da es zu der Parade eingeladen ist. „Es ist für uns natürlich eine große Ehre, bei einem so bedeutenden Anlass dabei zu sein. Wahre Freundschaft ist wie ein Zuhause in der Fremde. Für meine Familie war und ist China wie eine zweite Heimat.“
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