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Altes Kulturerbe im neuen Jahrtausend: Der alte Cao und seine Laternen

Wang Ruying  ·   2024-02-29  ·  Quelle:german.chinatoday.com.cn
Stichwörter: Frühlingsfest;Laternenfest
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Jedes Jahr zum Frühlingsfest „Chunjie“ zieht es Einheimische wie Touristen an den Fluss Qinhuai in Nanjing. Denn hier findet alljährlich die farbenfrohe Qinhuai-Laternenshow statt, eine bekannte Touristenattraktion. Ein Spaziergang am Flussufer, besonders in den Abendstunden, fühlt sich dann an, als schreite man durch ein 3D-Leuchtgemälde: Allerlei kunterbunte Lampions erhellen das gurgelnde Nass und zeichnen eine pittoreske Landschaft. In diesem schönen Bild schlummern das Schönheitsempfinden der Nanjinger und ihre Liebe zum Leben. 

Im Vorfeld des Frühlingsfests bin ich eigens nach Nanjing gereist, um mich hier mit einer Koryphäe zu treffen: dem Laternenkünstler Cao Zhenrong. Der emsige 80-Jährige ist einer der erfahrensten Laternenbauer der Stadt. Jedes Jahr werkelt er aufs Neue hinter den Kulissen, um das berühmte Lampion-Festival möglich zu machen. 

   

Jedes Jahr vom Frühlingsfest bis zum Laternenfest zieht die quirlige Qinhuai-Lampion-Show zahlreiche Touristen an. (Foto: Wang Ruying)  

Jahrelange Anstrengungen für die Fortführung 

Cao Zhenrongs Werkstatt befindet sich im ehemaligen Wohnhaus von Gan Xi, einer Touristenattraktion im geschichtsträchtigen Nanjing. Am Nachmittag fällt warmes Sonnenlicht durch die rustikalen Holzfenster auf den Arbeitstisch des Handwerksmeisters. In der warmen Sonne geht der 80-jährige Senior voll in seiner Arbeit auf. Er bastelt gerade an einer drachenförmigen Laterne, passend zum diesjährigen Tierkreiszeichen. Mit geschickten Handgriffen fertigt er in kürzester Zeit eine knuffige goldene Drachenlaterne, die im Sonnenschein glänzt. 

Cao widmet sich seit über 70 Jahren der Laternenbastelei. Über die Jahre hat er seine ganz eigene Philosophie entwickelt. Das A und O für eine gute Laterne zum Drachenjahr sei es, dass sie den guten Wünschen der einfachen Leute zum Neujahrsfest Ausdruck verleihe, sagt er. „Frühlingsfest-Lampions dienen schließlich als Symbol für Glück und Wohlstand. Daher kauft man sie. Niemand will ein fauchendes und furchteinflößendes Ungeheuer, sondern einen freundlichen und friedlichen Kuscheldrachen.“ Der Laternenmeister muss schmunzeln. Stolz zeigt er uns im Anschluss sein neuestes Kunstwerk: „Schauen Sie sich den Drachenkörper genau an. Er ist nicht einfach steil gebunden oder zusammengerollt. Die Kunst ist es, den Drachenkörper zum Tanzen zu bringen, sodass der Drache lebendig und liebenswert anmutet.“ 

Um eine kleine Laterne wie diese zu basteln, braucht man vor allem Fingerspitzengefühl. Der Weg zum fertigen Lampion ist komplex, die Arbeitsschritte vielfältig. Da wird gehackt und gesägt, geschnitten und zerkleinert, geräuchert und geröstet, gebügelt und gefärbt, gebunden und dekoriert. Von dem alten Meister erfahre ich, dass es neben handwerklichem Geschick auch eines gewissen Innovationsgeistes bedürfe, eines Gespürs für neue Trends eben. Für die diesjährigen Drachenlaternen hat der engagierte Künstler vorab mehrere Entwürfe ausgearbeitet, bevor er sich für die letztliche Version entschied.

Er gibt einen Einblick in den Schaffensprozess: „Ganz am Anfang habe ich mich von antiker chinesischer Jadekunst inspirieren lassen. Ich wollte zunächst einen C-förmigen Drachen fertigen. Aber nachdem ich es ausprobiert hatte, fand ich das Ergebnis nicht so faszinierend. Dann habe ich diesen tanzenden Drachen designt. Zuerst war der Hals etwas zu kurz, sodass das Fabelwesen nicht so munter aussah. Schließlich habe ich den Hals etwas verlängert, damit der Drache seinen Kopf hochhalten kann. Beim Laternenmachen steckt der Teufel eben im Detail“, sagt Cao und lacht. 

   

Mit Kennerblick: In seiner Werkstatt im ehemaligen Wohnhaus von Gan Xi bastelt Cao an seinen Drachenlaternen. (Foto: Wang Ruying)  

Cao ist nicht nur bestrebt, seine eigenen Fähigkeiten stetig zu verfeinern. Er nimmt sich auch bewusst die Zeit, das immaterielle Kulturerbe fortzuführen und Nachwuchskünstler heranzubilden. In den letzten Jahren hat die chinesische Regierung eigens Programme angestoßen, um alte Handwerkskünste und anderes immaterielles Kulturerbe an die Schulen und Universitäten zu bringen. Mit Erfolg. Im Rahmen dieser Initiative begann auch Cao, junge Menschen an Schulen und Hochschulen in Nanjing in die Geheimnisse des Laternenbastelns einzuweihen. Außerdem versucht er, mit einigen Berufsschulen zusammenzuarbeiten und die Laternenherstellung als eigenes Fach zu etablieren, um die Handwerksmeister von morgen auszubilden. 

Um seinem Unterricht mehr Struktur zu geben, hat der erfahrene Senior gar ein eigenes Lehrbuch verfasst, mit dem Titel „Basteltechniken für Qinhuai-Laternen“. Darin fasst der 80-Jährige seine lebenslange Erfahrung zusammen, gibt wertvolle Hinweise, von der Materialauswahl über das Binden bis hin zum Dekorieren. Der Leser erhält so eine anschauliche und ausführliche Einführung in die Kunst der Lampion-Herstellung. „Mittlerweile schätzen immer mehr junge Leute unser immaterielles Kulturerbe. Ich hoffe, dass die neue Generation ein besseres Verständnis von Chinas Kulturerbe bekommt und unser Handwerk weiterführt“, so sein Wunsch. 

   

In Meister Caos Werkstatt tummeln sich Laternen in allen Formen und Farben. (Foto: Wang Ruying)  

Von Qinhuai auf die internationale Bühne 

Die Qinhuai-Laternenshow findet jedes Jahr vom Frühlingsfest bis zum Laternenfest statt. Historischen Aufzeichnungen zufolge gab es solche Ausstellungen in Nanjing bereits zu Zeiten der Südlichen Dynastien (420-589 n. Chr.). Ihren Höhepunkt erreichte die Kunstform während der Ming-Dynastie (1368-1644 n. Chr.). Damals wurden die Lampion-Kreationen immer vielfältiger. So gab es beispielsweise Laternen in Form von Tieren, Blumen, Vögeln, ja sogar Figuren aus Theaterstücken, was Nanjing den Ruf als Chinas Laternenhauptstadt einbrachte. Qinhuai-Laternen galten als die schönsten im ganzen Land. Kein Wunder also, dass man die Qinhuai-Laternenshow 2006 in die Liste des nationalen immateriellen Kulturerbes aufnahm. Jedes Jahr zieht die quirlige Ausstellung Scharen von Touristen an, was nicht nur die lokale Wirtschaft ankurbelt, sondern auch zur Verbreitung der traditionellen Kultur beiträgt. 

Kleine handgefertigte Glücksbringer-Laternen mit exquisitem Design erfreuen sich nicht nur in China großer Beliebtheit, sondern gewinnen auch zunehmend die Gunst ausländischer Freunde. Das zeigte sich auch bei der Olympischen Jugend-Sommerspielen 2014 in Nanjing. Damals habe Cao ehrenamtlich eine Ausstellung von Qinhuai-Laternen veranstaltet, bei der er den jungen Athleten aus aller Welt Einblicke in die örtliche Laternenkunst gegeben habe, was erstaunlich gut ankam. Die jungen Sportler waren von den kunterbunten Lampions begeistert und baten sogar darum, selbst Hand anlegen zu dürfen und eigene Exemplare zu basteln. Während des internationalen Sportevents schenkte Cao auch dem ehemaligen Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees, Jacques Rogge, eine kleine und exquisite Pferdelaterne. 

   

Eine kleine Laterne verstärkt die Freundschaft: Cao mit Jacques Rogge, dem er eine exquisite Pferdelaterne als Geschenk überreichte. (Foto: Cao Zhenrong)  

Cao schwärmt, dass die Begeisterung der Ausländer für die Qinhuai-Laternen „unvorstellbar“ sei. In der Vergangenheit lud man ihn ein, einen Monat lang öffentliche Vorlesungen an der Universität von Canberra in Australien zu halten. Die Vorlesungen seien stets gut gefüllt gewesen, erinnert sich der Senior zurück. Darüber hinaus habe er auf der internationalen Konferenz für immaterielles Kulturerbe Vorträge zur Erforschung der Besonderheiten chinesischer Laternen gehalten, um der Welt die berühmten Qinhuai-Laternen vorzustellen. 

„Unsere bunten und glänzenden Laternen hier sind ein Sinnbild der Lebensfreude und Prosperität. Und dies sind schließlich gemeinsame Wünsche aller Menschen“, so Cao. 

Der Liebe wegen 

Längst sind Caos Laternen ein kulturelles Aushängeschild von Nanjing. Auch der passionierte Künstler selbst ist zu einem landesweit bekannten Idol in der immateriellen Kulturerbe-Szene aufgestiegen. Unter seinen vielen Auszubildenden findet sich auch eine ganz besondere Gruppe – Menschen mit Behinderung. 

Vor einigen Jahren wurde Cao von einem Behindertenzentrum eingeladen, den Menschen dort beizubringen, wie man Laternen bastelt. Jede Woche war er von nun an dort. Anfangs hoffte der Laternenkünstler, mit seinen Kursen einfach etwas Abwechslung in den Alltag der Menschen zu bringen. Im Kontakt mit den Behinderten stellte er denn auch fest, dass die Lebensumgebung der Menschen eher eintönig und wenig inspirierend war. „Nachdem ich mir des Problems bewusst geworden war, war mein Ziel, die handwerklichen Fähigkeiten der Behinderten dauerhaft zu fördern. Ich begann daher, sie langfristig einzuspannen und bezahlte sie dafür. Ich wollte ihnen einen Ansporn geben und ein Gefühl des Gebrauchtwerdens. Das ist sowohl für die Behinderten als auch für unser Land eine gute Sache“, so der 80-Jährige. 

Inzwischen hat Cao in vielen Gemeinden Laternenbastelkurse für Menschen mit Behinderung angeboten und den Menschen so eine berufliche Qualifikation verschafft. Bereits 180 Behinderte in 18 Wohnvieteln habe er geschult, erzählt er. So hätten diese Menschen nun die Chance, sich durch eigene Arbeit etwas dazuzuverdienen. „Ich fertige die Gestelle an und lasse die Behinderten diese dann bespannen und dekorieren. Wenn sie es gut machen, bezahle ich sie dafür. Auf diese Weise löse ich das Problem des Personalmangels und verschaffe den Menschen eine sinnstiftende und erfüllende Tätigkeit. Es ist eine Win-Win-Situation“, sagt Cao. 

Und was treibt einen Menschen dazu, 70 Jahre lang dem gleichen Handwerk nachzugehen? Die Antwort sei ganz einfach: „Aus Liebe“. Dank dieser großen Liebe hat Laternenmeister Cao sein Leben in den Dienst der Fortführung der alten Handwerkskunst gestellt, sie auf die internationale Bühne gebracht und ihren sozialen Nutzen entfaltet. Das Licht der Qinhuai-Laternen brennt seit tausend Jahren. Die Laternenliebe des alten Meisters hält es am Lodern und leuchtet dem Handwerk den Weg in die Zukunft. 

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