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Quo vadis, Welt? – Eine Pandemie wirft wichtige Fragen auf

Von Andrew Moody  ·   2020-04-07  ·  Quelle:Beijing Rundschau
Stichwörter: Globalisierung;COVID
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[Foto: Song Chen/China Daily] 

Eine Pandemie, die eine ganze Ära definieren wird 

Was ist denn nun mit der Globalisierung? Da sich ein Großteil der Welt teilweise oder vollständig unter Quarantäne befindet, wird die COVID-19-Pandemie ein Ereignis sein, das eine ganze Ära definiert – ähnlich wie die globale Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren.  

Eine der großen Fragen betrifft die Folgen für das seit den 1990er Jahren entstandene, vernetzte globale Wirtschaftssystem. 

Die Globalisierung hat den Lebensstandard vieler Menschen weltweit verbessert und insbesondere in China hunderte Millionen von Menschen aus der Armut befreit.  

Doch in den letzten Jahren gab es in vielen westlichen Ländern eine populistische Gegenreaktion, vor allem bei den Arbeitern in den ehemaligen industriellen Kernländern, von denen viele arbeitslos wurden oder zumindest seit vielen Jahren keine echten Lohnerhöhungen mehr erhalten haben. Andere wiederum haben einfach das Gefühl, nicht von der Globalisierung profitiert zu haben. 

Schon vor dem Ausbruch der Pandemie hatte sich der weltweite Handel deutlich verlangsamt. In den 30 Jahren vor der Finanzkrise (2008) war er durchweg doppelt so schnell gewachsen wie das globale BIP, aber seit 2012 konnte er mit der früheren Entwicklung kaum noch Schritt halten.  

Führende Persönlichkeiten wie der französische Präsident Emmanuel Macron haben eingeräumt, dass die Globalisierung vor einer großen Krise stehe.  

Einer ihrer standhaftesten Verteidiger ist jedoch Staatspräsident Xi Jinping. Er machte dies in seiner Rede vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos (Schweiz) im Januar 2017 deutlich.  

Xi räumte zwar ein, dass die Globalisierung neue wirtschaftliche Probleme geschaffen habe, sagte aber, dass die Menschheit nur durch Zusammenarbeit vorankommen könne.  

Xis Vision der Globalisierung geht über den reinen Handel hinaus und ist in seinem Konzept einer „Gemeinschaft der Menschheit mit geteilter Zukunft“ verankert, „in der die Länder zusammenarbeiten, um die menschliche Zivilisation voranzubringen“.  

Der singapurische Akademiker und ehemalige Diplomat Kishore Mahbubani glaubt, dass eine der dauerhaften Folgen der Pandemie eine Abkehr von einer auf die Vereinigten Staaten ausgerichteten Form der Globalisierung hin zu einer mehr auf China ausgerichteten Version sein könnte.  

Die Globalisierung habe unterstrichen, wie interdependent die Welt geworden sei, und deshalb sei das Konzept eines gemeinsamen Schicksals für unsere Zeit so relevant, so Mahbubani. 

„Ich benutze gerne die Analogie, dass die Erde wie ein Boot ist. Wir sitzen also im Grunde genommen alle im selben Boot, und es ist besser für uns, dies zu erkennen. Das gilt nicht nur für diese Krise, sondern auch für Themen wie die globale Erwärmung“, sagte er. „Wir müssen uns um das Boot als Ganzes kümmern. Es hat keinen Sinn, nur die eigene Kabine sauber zu halten. Das ist es eigentlich, was ein gemeinsames Schicksal ausmacht.“  

Wang Huiyao, Präsident und Gründer des „Center for China and Globalization“, einer unabhängigen Denkfabrik mit Sitz in Beijing, sagte, die Pandemie beweise vor allem, dass es bei der Globalisierung nicht nur um Handel gehe, sondern um ein viel größeres Konzept.  

„Wenn die Menschen es vorher nicht erkannt haben, dann wissen sie spätestens jetzt, dass wir nicht ohne einander leben können. Wir sind miteinander verflochten und beeinflussen uns gegenseitig so sehr, dass wir einen globalisierten Ansatz zur Bekämpfung von Katastrophen oder Krisen wie dieser benötigen. Die Pandemie ist ein Weckruf, um uns daran zu erinnern, wie globalisiert wir tatsächlich schon sind.“  

Wang, der unter anderem Berater des chinesischen Staatsrats ist, sagte, eines der Ergebnisse der Pandemie werde das offenlegen, was seiner Meinung nach eine Torheit ist, die einige Länder in den letzten Jahren begangen haben, indem sie Protektionismus und Unilateralismus betrieben und Handelskriege begonnen haben.  

„Unilateralistische, globalisierungsfeindliche Maßnahmen nützen uns jetzt nichts.  Was wir tun müssen, ist, uns gegenseitig zu helfen, bis diese Krise vorbei ist“, sagte Wang. 

Wang glaubt, dass China diesen Ansatz in den letzten Wochen gekonnt demonstriert hat. 

„Obwohl es selbst mit einer großen Krise konfrontiert ist, hat es der Weltgemeinschaft jede nur mögliche Unterstützung gewährt – von der frühestmöglichen Bekanntgabe der genetischen Sequenz des Virus bis hin zur Entsendung von medizinischen Teams nach Italien. Ich hoffe wirklich, dass dies, wenn die Pandemie vorbei ist, einige der Missverständnisse und Vorurteile gegenüber China ausräumen wird, die im Westen immer noch bestehen“, sagte er. 

Philippe Legrain, Gründer des internationalen Think-Tanks „Open Political Economy Network“ und ehemaliger Wirtschaftsberater des Präsidenten der Europäischen Kommission, ist nicht zuversichtlich, dass die gegenwärtige Krise zu einem erneuten Engagement für die Globalisierung führen wird. 

Seiner Meinung nach sei die internationale Reaktion diesmal viel weniger koordiniert als bei der globalen Finanzkrise, als die G20 gemeinsam ein beispielloses Rettungspaket schnürten. 

„Es hat während dieser Krise nur sehr wenig internationale Zusammenarbeit gegeben. Die meisten Regierungen haben unilateral gehandelt. Sogar innerhalb der Europäischen Union haben die Länder nicht auf Italiens dringende Bitte um medizinische Versorgung reagiert. Aber China hat reagiert“, sagte Legrain. „Die Schließung der Grenzen, die Handelsbeschränkungen – wie die Indiens bei den Arzneimittelexporten – und die Wahrnehmung von Ausländern als mögliche Überträger von Krankheiten führen zu nationalistischeren Volkswirtschaften und zu einer nationalistischeren Politik.“ 

Vor dem Ausbruch der Pandemie konzentrierte sich die Debatte über die Globalisierung auf den Handel, und die Tatsache, dass dieser sich im Verhältnis zum globalen BIP verlangsamte, wurde als Rückschlag und als eine Art Gegenbewegung angesehen. 

Parag Khanna, geschäftsführender Gesellschafter von FutureMap, einem strategischen Beratungsunternehmen mit Sitz in Singapur, und Autor von „The Future is Asian“, sagte, es sei immer falsch gewesen, die Globalisierung allein durch das Prisma des Handels zu betrachten. 

„Der Handel mit Dienstleistungen wird in den Handelsstatistiken oft vernachlässigt, ist aber vielleicht repräsentativer für die Globalisierung als der Warenhandel. Man sollte immer damit rechnen, dass der Anteil des Handels am BIP sinkt, wenn große Volkswirtschaften (wie China und Indien) in Bezug auf die Binnennachfrage wachsen. 

Der Handel ist nicht der wichtigste Indikator für die Globalisierung, er ist nur einer von vielen. Ausländische Investitionen, Kapitalflüsse, Migration und viele weitere Faktoren sind ebenso wichtig.“ 

Mahbubani, der Akademiker und Autor des neuen Buches „Has China Won?“, das sich auf die Beziehungen zwischen den USA und China konzentriert, sagte, es sei immer eine Übertreibung zu behaupten, die Verlangsamung des Welthandels bedeute das Ende der Globalisierung. 

„Wenn man von Verlangsamung spricht, meint man die Verlangsamung des Wachstumstempos. Von einer Umkehrung des Wachstums ist da nicht die Rede. Gut, in den 80er und 90er Jahren und auch danach wuchs der Handel viel schneller, aber er wächst ja immer noch, und ich denke, er wird auch weiterhin wachsen“, sagte Mahbubani. 

Die Pandemie hat jedoch die Frage aufgeworfen, ob die Globalisierung nicht zu stark auf weltweite Lieferketten und eine Just-in-Time-Fertigung angewiesen ist, die einen ununterbrochenen Fluss von Komponenten und anderen Lieferungen erfordert. 

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