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Die Bedeutung der Entwicklung der VR China für die Menschheit

Von Wolfram Adolphi  ·   2020-03-09  ·  Quelle:Beijing Rundschau
Stichwörter: China;Entwicklung
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Im Juni 1935 – in Deutschland herrschte seit über zwei Jahren das faschistische Hitler-Regime – konnten die Leser der in Prag, Zürich und Paris erscheinenden kleinen, von deutschen Antifaschisten in der Emigration herausgegebenen Zeitschrift „Die neue Weltbühne“ folgende Sätze über China lesen: „Es stehen noch schwere Kämpfe bevor. In Sowjetchina haben Arbeiter und Bauern ihre revolutionäre Diktatur errichtet, um das Feudalsystem abzuschaffen, die demokratische Agrarrevolution durchzuführen, ganz China gegen die imperialistischen Eindringlinge zu vereinigen und dies alles allmählich mit dem Kampf um den Sozialismus zu verbinden. In diesem Augenblick werden die Fundamente für den großen, epochemachenden Neubau Chinas gelegt. Die rote Armee marschiert …“ 

Die Sätze stammen aus der Feder von Asiaticus. Asiaticus – das war ein Pseudonym des polnisch-deutschen kommunistischen Journalisten Heinz Grczyb. Grczyb hatte schon als Augenzeuge von der chinesischen Revolution 1925-27 berichtet, war 1932 erneut nach China gegangen und kam im November 1941 an der Seite der von der KP Chinas geführten Achten Armee im Kampf gegen die japanischen Aggressionstruppen ums Leben. Man kennt und verehrt ihn in China bis heute unter dem Namen Xi Bo, und in englischsprachigen antiimperialistischen Zeitungen und Zeitschriften hat er als Hans Shippe Anerkennung gefunden. 

Asiaticus‘ Sätze vom Juni 1935 verdienen es, mehrmals gelesen zu werden. Man bedenke doch den Zeitpunkt. Es war mitten im Langen Marsch. Der hatte im Oktober 1934 im Jiangxi-Sowjetgebiet begonnen und sollte im Oktober 1935 in Yan’an seinen Abschluss finden. Aber schon im Juni, als der Erfolg des Unternehmens noch längst nicht sicher war, sprach Asiaticus davon, dass mit ihm „die Fundamente für den großen, epochemachenden Neubau Chinas“ gelegt würden. Woher nahm der Autor diese Zuversicht? Wie konnte er ahnen, dass der Lange Marsch tatsächlich zur Keimzelle des neuen China werden würde? Sein historischer Optimismus macht über alle Maßen staunen. Und so auch sein Blick auf das Geschehen des Marsches selbst. Mit großer Gewissheit formulierte er, was eigentlich erst in der Rückschau wirklich klar geworden ist. Es finde sich – so notierte er – „in den Annalen der revolutionären Kriege kein ähnlich tapferer Feldzug“, und jetzt – im Juni 1935 – eile „diese rote Armee, die von Chu Te [Zhu De] kommandiert und von Mao Tse-tung [Mao Zedong], dem Vorsitzenden der chinesischen Sowjetregierung, geführt wird, der anderen roten Armee entgegen, die vom Nordwesten Szechuans [Sichuans] nach dem Süden strebt. Eine dritte rote Armee bricht von Hunan nach Hupeh [Hubei] durch und deckt die Flanke vom Osten her. Nach sehr zuverlässigen Schätzungen der konservativen Seite sind da zweihunderttausend bis zweihundertfünfzigtausend Mann auf den Beinen; sie bilden eine Armee, die in jahrelangen Kämpfen erprobt ist und auch nach Meinung der europäischen Militärexperten im Hauptquartier Tschiangkaischeks [Jiang Jieshis] das tapferste, geschulteste und disziplinierteste Heer Chinas darstellt.“ 

So schrieb es Asiaticus, und so lasen es in Prag, Zürich und Paris Antifaschisten, denen es gelungen war, sich vor dem faschistischen Terror in Deutschland in Sicherheit zu bringen, und sie lasen es mit großer Hoffnung, denn es war ihnen ein Beweis dafür, dass sie sich als Teil einer weltweiten Bewegung verstehen durften. Einer Bewegung, die auf die Überwindung des Imperialismus, des Militarismus und des Faschismus gerichtet war und den Aufbau einer neuen, sozialistischen Gesellschaft zum Ziel hatte. 

Diese weltweite Bewegung hatte ihre Hoffnung seit der 4.-Mai-Bewegung 1919, der revolutionären Politik von Sun Yatsen und der Revolution von 1925-27 nicht mehr allein auf die Sowjetunion, sondern eben auch auf China gerichtet, und sie wollte von dieser Hoffnung auch in ihrer überaus schwierigen Lage Mitte der 1930er Jahre nicht lassen. Wenn im riesigen China eine revolutionäre Umwälzung möglich war – so dachten Kommunisten und andere revolutionäre Kräfte und Parteien überall auf der Welt –, dann musste sich das früher oder später auf das weltweite Kräfteverhältnis zwischen den vorwärtstreibenden, auf Veränderung hinarbeitenden Klassen auf der einen und den reaktionären, die nationalen und internationalen Ausbeutungsverhältnisse mit Waffengewalt aufrechterhaltenden Klassen auf der anderen Seite auswirken. Der Verlauf erst des antijapanischen Befreiungskampfes 1937-45 und dann des Bürgerkrieges 1946-49 bestätigte sie in dieser Erwartung. Mit seinem Kampf gegen die japanische Aggression focht China nicht nur einen nationalen Befreiungskrieg, sondern wurde es auch ein Bestandteil der weltweiten, das faschistische Deutschland und das militaristische Japan in die Knie zwingenden Anti-Hitler-Koalition, und mit dem Sieg der Volksrevolution 1949 erwies sich die überlegene Kraft eines Programms, das auf die vollständige Überwindung der kolonialen Unterdrückung und der Unterwerfung unter imperialistische Interessen gerichtet war. 

Je größer der Triumph, desto stärker die weltweiten Reaktionen. Und zwar – wie könnte es anders sein – in diametral entgegengesetzter Weise. Die USA und die anderen westlichen imperialistischen Mächte reagierten auf die Gründung und den erfolgreichen Weg der VR China in den 1950er Jahren mit dem Koreakrieg, der Strategie des Containment und des Roll Back sowie der Unterstützung Taiwans, das sie als das „eigentliche“ China betrachteten. Die sozialistische Welt hingegen sah in der Volksrepublik einen überaus wichtigen Bündnispartner, es entwickelten sich umfassende freundschaftliche Beziehungen, und für die noch immer kolonial ausgebeutete Welt wurde die Volksrepublik zum Signal für nationale Befreiung und Frieden. Auf der Bandung-Konferenz im April 1955, deren 23 asiatische und 6 afrikanische Teilnehmerländer mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung verkörperten, zeigte sich erstmals in solch einem internationalen Rahmen die ungeheure Kraft der aus dem Kolonialismus und der Rassendiskriminierung ausgebrochenen Völker der sogenannten „dritten Welt“. Schon ein Jahr zuvor – im Jahre 1954 – hatten die VR China, Indien und Burma mit der Erklärung der Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz ein weltweit beachtetes Friedenszeichen gesetzt und der Entwicklung der weltweiten internationalen Beziehungen eine neue Perspektive gegeben.  

Warum soll heute – im Jahre 2020 – an all dies erinnert werden?  

Heute ist die VR China zur Weltmacht aufgestiegen. Nachdem sie von 1959 bis 1978 fast zwei Jahrzehnte einer überaus dramatischen, turbulenten und oft tragischen Entwicklung durchschritten hatte, erlebt sie seit Dezember 1978 einen in der ganzen Welt als einzigartig erkannten wirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Aufschwung. Und wieder gilt: Je größer der Triumph, desto stärker die weltweiten Reaktionen. 

Und hier nun ist der Fokus in neuer Weise auf die ganze Menschheit gerichtet. Die alles entscheidende Frage ist, ob sich die neue Weltmacht China ebenso verhält, wie sich die imperialistischen Weltmächte immer verhalten haben, oder ob sie einen neuen Weg zu gehen bereit und in der Lage ist. Der alte Weg: das ist der der Konkurrenz, des Konflikts und des Krieges. Ein neuer Weg kann nur der des Friedens, der Verständigung und des weltweit gemeinsamen Ringens um einen vernünftigen Umgang mit den immer knapper werdenden natürlichen Ressourcen der Erde sein.  

Die Chancen für einen solchen neuen Weg stehen derzeit nicht gut. Die USA und die westeuropäischen kapitalistischen Großmächte reagieren auf Chinas Entwicklung mit den uralten Mitteln und Methoden. Sie beschwören die oft schon erprobten Feindbilder herauf, verbreiten die Mär von der „gelben Gefahr“, suchen den politischen Konflikt, verhängen Wirtschaftssanktionen, führen einen Propagandakrieg, versuchen, ihre seit dem Beginn der Kolonialzeit vor 500 Jahren bestehende Vorherrschaft über die Erde und über die Menschheit, zu der von den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts bis 1949 auch mehr als 100 Jahre Vorherrschaft in China gehörten, zu bewahren. 

Die friedliebende Menschheit aber erwartet etwas anderes. Sie will, dass es keinen neuen „Kampf der Systeme“ gibt. Will keinen neuen Ost-West-Konflikt, keinen neuen Kalten Krieg, keinen Wirtschaftskrieg. Und schaut daher nach China in der Hoffnung, dass aus dem Programm der KP Chinas, das bis zum 100. Jahrestag der Gründung der VR China im Jahre 2049 reicht, mit dem wachsenden Wohlstand für das chinesische Volk zugleich auch Wege geöffnet werden für eine neuartige, konsequent friedliche Entwicklung der internationalen Beziehungen. Ein neuerliches Wettrüsten, eine neuerliche Konfrontation sich kriegsbereit gegenüberstehender Blöcke würde unweigerlich zu einer existentiellen Infragestellung der Menschheit führen.  

Das Programm der VR China heißt Sozialismus chinesischer Prägung. Was dieser Sozialismus für weltweite Wirkungen zu entwickeln vermag – das ist nicht eine nationale, sondern eine Menschheitsfrage. 

Anmerkung: Die Zitate sind entnommen: Asiaticus, Die Roten in Szechuan, in: Die neue Weltbühne, Prag-Zürich-Paris, XXXI. Jahrgang, Nr. 24 vom 13. Juni 1935, S. 753-758 

(Der Autor ist ein bekannter deutscher Gelehrte für Angelegenheiten mit China-Bezug, Experte der Rosa-Luxemburg-Stiftung und  Politologe. Er hat viele Bücher über China geschrieben und die Kommunistische Partei Chinas und den Marxismus jahrelang und eingehend studiert.)

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