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Erst die Entschuldigung, dann die Vergebung |
Von Zhang Shusi · 2018-02-02 · Quelle:Beijing Rundschau |
Stichwörter: Deutschland;China;Japan | Druck |
Nur wenn man sich entschuldigt, kann einem vergeben werden (chin. “只有道歉了才会被原谅”) – diese Redewendung verwenden chinesische Eltern zur Erziehung ihrer Kinder. Dahinter verbirgt sich eine einfache Logik: Im Prozess der Versöhnung ist eine ehrliche Entschuldigung die grundsätzliche Voraussetzung. Vergebung kann nicht zur gleichen Zeit wie die Entschuldigung erfolgen, geschweige denn vor der Entschuldigung.
Diese Grundkenntnis im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen ist auch auf den Bereich der internationalen Beziehungen anwendbar: Im Prozess der Versöhnung kann eine Seite erst dann auf Vergebung hoffen, wenn sie sich bei der anderen Seite entschuldigt hat. Die Aussöhnung zwischen Deutschland und den Ländern Frankreich, Polen sowie Israel beruht auf einer aufrichtigen Entschuldigung von deutscher Seite. In China wird Deutschlands verantwortungsvolle Einstellung zu seiner Geschichte immer mit Japans Einstellung verglichen. Wenn
Währenddessen hat der deutsche Botschafter in China, Michael Clauss, vor kurzem beschlossen, uns Chinesen an dem für uns besonders wichtigen Nationalen Gedenktag zu Ehren der Opfer des Nanjing-Massakers zu „belehren“. Clauss sagte, dass zur Aussöhnung gleichzeitig der „Versöhnungswille der Täter“ und der „Wille der Opfer zur Vergebung“ erforderlich seien, was die logische Reihenfolge der Vorgänge völlig auf den Kopf stellt und für uns Chinesen weder auf intellektueller noch auf emotionaler Ebene akzeptabel ist. Warum? Weil die Entschuldigung immer zuerst kommen muss, und weil wir auf Japans Entschuldigung und Reue schon viel zu lange gewartet haben!
Blicken wir auf Deutschland im Jahr 1951 zurück. Der Ort des Geschehens: Bonn. Am 27. September gab Bundeskanzler Konrad Adenauer dort folgende Erklärung vor dem deutschen Bundestag ab: „Die im Namen des deutschen Volkes begangenen, unsagbaren Verbrechen verpflichten uns zur moralischen und materiellen Wiedergutmachung.“ Das deutsche Volk müsse „den Weg zur seelischen Bereinigung unendlichen Leides erleichtern.“ Einen Monat zuvor waren in der Bundesrepublik Deutschland Forderungen lautgeworden, dass die Bundesregierung Verantwortung für den Holocaust übernehmen und die Initiative zur Versöhnung mit Israel übernehmen müsse. Gerade diese miteinander im Einklang stehende Haltung von Bürgern und Regierung bildete den
Auf der anderen Seite des Mittelmeers reagierten die Religionsoberhäupter Israels lange Zeit mit der völligen Verbannung des „Deutschseins“: die Juden dürften die Sprache der „Nazi-Henker“ nie mehr sprechen, keine von den „Mördern ihrer Familien“ hergestellten Produkte kaufen, niemals das „mit jüdischem Blut befleckte Land“ betreten. Doch selbst vor diesem verständlichen, aber auch entmutigenden Hintergrund bestand die Bundesrepublik Deutschland weiter darauf, mit Israel und dem Jüdischen Weltkongress Kontakt aufzunehmen. Das Ziel war eindeutig: Deutschland wollte Israel und die Juden entschädigen. Bei der Erörterung der Frage, ob man die Entschuldigung und Entschädigung der Deutschen akzeptieren sollte, brachen in der Knesset hitzige Diskussionen aus: Sollten die Juden direkten Kontakt zu ihrem „Henker“ und „Scharfrichter“ aufnehmen, kann eine Blutschuld mit Geld bezahlt werden?
Die Opfer haben das Recht zu entscheiden, ob sie die Reue der Täter akzeptieren oder nicht! Was aber noch wichtiger ist: der Wille der Täter zur Entschuldigung muss fest und die Reue ehrlich sein.
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