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Globalisierungsgegner Trump kommt nach Davos |
Von Marc-Stephan Arnold · 2018-01-23 · Quelle:Beijing Rundschau |
Stichwörter: Davos;Weltwirtschaftsforum;WEF;Deutschland | Druck |
Unter dem Motto „Für eine gemeinsame Zukunft in einer zersplitterten Welt“ beginnt heute das Weltwirtschaftsforum (engl. World Economic Forum, WEF) in Davos. Laut dem WEF-Management sollen sich Dutzende Staatsoberhäupter angekündigt haben – darunter auch der mächtigste Globalisierungsgegner der Welt, US-Präsident Donald Trump.
Ein echter Kracher
Allein schon von den Zahlen her ist das Weltwirtschaftsforum in Davos auch in diesem Jahr wieder ein echter „Kracher“: mehr als 50 Staats- und Regierungschefs sowie die Bosse der 900 wichtigsten globalen Megakonzerne werden zum WEF in die Schweiz reisen. Ein echtes, globales Eliten-Treffen also, bei dem sich reiche Bankiers, mächtige Konzernchefs und einflussreiche Lobbyisten – bürgerfern und rund um die Uhr von knapp 5.000 Polizisten und Soldaten in dem hermetisch abgeriegelten Davos beschützt – die Klinke in die Hand geben.
„Krachen“ dürfte es auch, wenn dann in dieser Woche die Demonstranten mit der Polizei zusammenstoßen. Denn überall in der Schweiz haben Globalisierungskritiker bereits Protestmärsche angekündigt – deutlich mehr als in den letzten Jahren. Und während in vielen Städten der Schweiz sowie draußen vor den Toren des WEF die Demonstranten der Polizei einheizen wollen, will sich „Sturmtief Donald“ (Neue Zürcher Zeitung) im Innern die globalen Eliten zur Brust nehmen.
König Donald hält Hof
Dass das WEF wieder in den Mittelpunkt des globalen Interesses rückt, liegt in diesem Jahr somit weder an den Spitzenmanagern, Weltklasse-Wissenschaftlern oder den zahlreichen Globalisierungsgegnern, ja noch nicht einmal den anderen Regierungs- und Staatsoberhäuptern – zu denen immerhin Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Kanadas Justin Trudeau, Indiens Ministerpräsident Narendra Modi und Großbritanniens Premierministerin Theresa May gehören sollen. Doch angesichts der Ankunft von „Donald dem Großen“ werden sie alle zu Nebenfiguren. Zumindest für die schweizerischen Medien, die schon seit zwei Wochen kaum noch über etwas anderes berichten als die Gewohnheiten des US-Präsidenten, sein Lieblingsessen (Cheeseburger!), die Zahl der Sicherheitskräfte (26!) allein in der Vorhut, die Davos und das Hotel Trumps auskundschaften und überprüfen sollen, sowie die genaue Anzahl der Kabinettsmitglieder und Berater, die den amerikanischen Sonnenkönig Donald I. (Regierungsdevise: „America First!“ bzw. „Make America Great Again!“) begleiten.
Und Deutschland?
Hatte es in einer früheren Meldung des Handelsblatts noch geheißen, dass weder das Bundeswirtschaftsministerium noch die Bundesregierung Mitarbeiter nach Davos entsenden würden, weil „(…) die Bundesregierung nur noch geschäftsführend im Amt“ sei, gibt es inzwischen Meldungen, laut denen Bundeskanzlerin Angela Merkel die Koalitionsverhandlungen kurz ruhen lassen will, um mit einer großen Delegation nach Davos zu reisen. Ein Treffen mit Trump sei aber laut bisherigen Berichten nicht geplant.
Europäischer Führungsanspruch?
Die deutsche Tageszeitung Die Welt schreibt in einem aktuellen Artikel, dass Europa in Davos seinen Führungsanspruch geltend machen wolle. Eine „Schmach“ sei es gewesen, als „die aufstrebende Großmacht China dem wichtigsten Treffen der politischen und ökonomischen Elite ihren Stempel aufdrückte“. Von einer „symbolträchtigen Niederlage für den Westen“ ist da noch die Rede.
Entweder kapiert man es bei der WELT nicht, oder Europa kapiert es nicht.
Denn ein wie auch immer gearteter „Führungsanspruch“ Europas in Sachen Globalisierung wird sich nicht verwirklichen lassen – und wäre auch überhaupt nicht sinnvoll. Denn weder in Europa noch in den USA scheint man bisher wirklich begriffen zu haben, dass die Zeit, in der ein Land – oder eben ein Länderblock – allein den Ton angibt, endgültig vorbei ist.
Eine neue Phase der Globalisierung hat längst begonnen. In dieser Phase werden sich weltweit mehrere Wirtschafts- und Machtzentren bilden, die gleichberechtigt mit- und nebeneinander agieren werden. Die Vereinigten Staaten werden ein solches Machtzentrum sein, keine Frage. Und die EU auch. Aber dann wären da auch noch China, Russland, die südostasiatischen Staaten, Indien, Afrika und Südamerika sowie die islamischen Länder. Natürlich werden einige dieser Machtzentren etwas „stärker“ sein als andere. Doch die Zeiten, in denen eine Supermacht oder maximal zwei Weltmächte den Ton angaben und die anderen Regionen und Länder nach Belieben dominieren konnten, sind vorbei.
Europa kann seinen Platz am runden Tisch dieser Mächte einnehmen, genau wie die USA oder China. Ob Europa aber als vereinigte Großmacht oder als Sammelbecken zerstrittener Mittelmächte auftreten wird – das haben die Europäer selbst in der Hand.
Möglicherweise wird sich diese Woche in Davos zeigen, ob es „der Westen“ endlich kapiert hat – oder ob er auch weiterhin ein Gefangener seines eigenen „Führungsanspruchsdenkens“ bleiben will.
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