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Entscheidender Augenblick - G20-Gipfel in Hamburg kann die Welt verändern

Von Kerry Brown  ·   2017-06-22  ·  Quelle:Beijing Rundschau
Stichwörter: G20;Hamburg
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 Weitreichende strategische Entscheidungen stehen an. Neue Stimmen lassen aufhorchen. Vielleicht erweist sich der Rollenwechsel der Vereinigten Staaten und deren Rückzug auf innenpolitische Fragen als die wichtigste weltpolitische Entwicklung der Gegenwart.  

Vor rund neun Monaten ist das letzte G20-Treffen über die Bühne gegangen. Was ist seitdem anders geworden? Was ist gleich geblieben? Es ist verführerisch, die Veränderungen hervorzuheben und die Kontinuitäten kleinzureden. Die auffälligsten Neuerungen haben sich in der Führungsriege der westlichen Welt ergeben: Am bemerkenswertesten: die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA und die Wahl von Emmanuel Macron zum französischen Staatspräsidenten. Die jäh veränderten Rahmenbedingungen, denen sich Theresa May ausgesetzt sieht, werden sicherlich dazu beitragen, dass sich die britische Premierministerin beim G20-Gipfel im kommenden Juli in Hamburg in einer deutlich anderen Verfassung präsentiert als letztes Jahr in Hangzhou. Im Gegensatz dazu ist die Führungsriege der Gipfelteilnehmer aus dem asiatisch-pazifischen Raum unverändert: Japan, Indien, China und Australien. Stabilität, so scheint es, hat sich ostwärts verlagert.  

Neues Führungspersonal 

Aber es handelt sich nicht nur um personelle Veränderungen. Die hat es immer gegeben. Heute scheinen selbst Grundwerte und Verhaltensmaßstäbe einem Wandel zu unterliegen. In dieser Hinsicht vollzieht sich ein bedeutender Wechsel. Trump ist eine politische Führungsfigur, wie sie die USA noch nicht erlebt haben. Aufstieg und Wahl Trumps kamen unerwartet und sorgten für Verwirrung in Expertenkreisen und unter Amerikas Leitmedien. Die einleuchtendste Erklärung für seinen unkonventionellen Führungsstil und seinen Wahlerfolg ist seine Selbststilisierung als Globalisierungsgegner und Feind der Eliten. Für Trump ist daher das Gipfeltreffen der G20 eine internationale Arena, in der er seiner Wählerschaft unbeugsame Stärke demonstrieren kann. Dabei wird das klare Wort „Amerika zuerst“ öfters fallen. Für Trump wird sich in Hamburg reichlich Gelegenheit bieten, gegen all das zu Felde zu ziehen, was er als unfaire Handelsbedingungen und ungleiche internationale Abmachungen ansieht. Darunter fällt zum Beispiel auch das Pariser Klimaabkommen, das aufzukündigen und neu zu verhandeln er bereits angekündigt hat. 

Einen Vorgeschmack der Diplomatie à la Trump erhielten die Europäer beim NATO-Gipfel im Mai. Sein Auftritt ließ keine Fragen offen. Die auf dem Gipfel versammelte europäische Führungsriege wurde wegen zu geringer Verteidigungsausgaben scharf von ihm kritisiert. Auch sprach Trump keine Beistandsgarantie auf der Grundlage von Paragraph 5 des NATO-Vertrags aus. Damit  verzichtete er auf etwas, was kein einziger seiner Vorgänger verabsäumt hatte: das Beschwören der unverbrüchlichen transatlantischen Waffenbrüderschaft. Sein Verteidigungsminister und sein Vizepräsident haben genauso wie sein nationaler Sicherheitsberater anschließend die Welt bereist, um den Verbündeten zu versichern, dass die USA in den wichtigen Fragen weiterhin am Regelwerk internationaler Beziehungen festhalten werden, ein Regelwerk, das sie selbst in dessen wesentlichen Zügen geprägt haben. Aber Trump ist ein Mann, dessen Handlungen schwer voraussehbar sind. Der bevorstehende G20-Gipfel wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von den Kommentaren des US-Präsidenten, der Ankündigung neuer Initiativen und die Bekräftigung bestehender Positionen bestimmt werden. Für manche der anwesenden politischen Führungsfiguren wird es nicht leicht sein zu verstehen, was Trump mit dem, was er sagt, überhaupt meint. 

Unter den Gipfelteilnehmern bietet der neu gewählte französische Präsident ein starkes Kontrastprogramm zu Donald Trump. Auf der Welle eines breiten Zuspruchs aus den Wahlkabinen bei der Präsidentenwahl wurde er im zweiten Wahlgang zur Nationalversammlung am 18. Juni unter historisch niedriger Wahlbeteiligung zur absoluten Parlamentsmehrheit getragen. „Absolute Mehrheit bedeutet absolute Verantwortung“, schreibt Alexis Brézet, Chefredakteur des „Figaro“ in seinem Leitartikel zum Wahlausgang. 

Frankreichs berühmteste Revolution – ein blutiges und in mancher Hinsicht tragisches Ereignis – fand im Jahre 1789 statt. Die gegenwärtige Revolution, mehr als zweihundert Jahre später, mag sich als ebenso wichtig herausstellen, auch wenn sie ohne das Vergießen eines einzigen Tropfen Blutes auskommt. Als Gegensatz zu Trump ist Macron internationalistisch eingestellt, ein überzeugter Anhänger der EU und der Globalisierung. Getragen wird er von einer Ideologie, die man schwerlich als links oder rechts bezeichnen kann. 

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