Genau wie Wörter haben auch einige Zahlen eine kulturelle Bedeutung. Wenn Chinesen die Zahl 25.000 hören, denken sie automatischen an den Langen Marsch der Roten Armee in den Jahren 1934 bis 1936. 

Wie kann eine so große Entfernung bemessen werden, mag man sich aus reiner Neugier fragen. Historische Berichte zeigen, dass die Strecke von 25.000 li (12.500 Kilometer) auf Grundlage militärischer Dokumente und der Tagebücher von Überlebenden berechnet wurde und weniger auf tatsächlichen kartographischen Entfernungen beruht. 

Genau gesagt bezieht sich diese Zahl auf den längsten Marschabschnitt, den die Zentrale Rote Armee zurückgelegt hat. 

Mit der Ankunft der Shaanxi-Gansu-Truppen im Kreis Wuqi in der nordwestchinesischen Provinz Shaanxi ging der Lange Marsch am 19. Oktober 1935 zu Ende. „Mao Zedong erzählte mir, dass die Einheit laut Daten des Regimenthauptquartiers des Ersten Korps die weiteste Entfernung, nämlich 25.000 li zurückgelegt hatte", schrieb Xiao Feng, Parteichef der Einheit, in seinem Tagebuch. 

Seitdem wurde der Begriff "Langer Marsch von 25.000 li" in die offiziellen Dokumente der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) aufgenommen. 

Gruppenbild des Ersten Korps bei Ankunft in Shaanxi im Jahr 1935. (Archivfoto Xinhua) 

In Kriegszeiten war es unmöglich, die gesammelten Dokumente zu schützen, die Wegstrecken, auf die wir uns heute beziehen, stammen hauptsächlich von den Einsatztruppen des Ersten Korps sowie aus Tagebüchern von Überlebenden wie Chen Bojun, Tong Xiaopeng und Xiao Feng. 

Trotz unvollständiger Statistiken und einer nur teilweisen Dokumentation beweisen die verfügbaren Dokumente, dass das Erste Korps mindestens 18.000 li marschiert ist, was auch von Edgar Snow in seinem Buch „Roter Stern über China" erwähnt wird. 

Gleichzeitig darf man folgende Faktoren bei der Berechnung nicht vergessen: 

Erstens praktizierte die Rote Armee eine mobile Kriegsführung. Sie musste Umwege zurücklegen und Aktionen wiederholen. Der Versuch des 37. Regiments des Fünften Korps, den das ganze Jahr über schneebedeckten Jiajin-Berg zu überqueren, war ein Beispiel dafür. Im Juni 1935 hatte das Regiment bereits den Berg überquert, als der Befehl erging, wieder umzukehren, um die Haupttruppen der Zentralen Armee zu decken und die feindlichen Angriffe aus dem Hinterhalt zu blockieren. 

Zweitens musste die Rote Armee Mittel auftreiben und sich in der örtlichen Bevölkerung bekannt machen, die vorher noch nie von ihr gehört hatte. Dafür mussten die Soldaten viele Kilometer zu Fuß zurücklegen. Laut seinem Tagebucheintrag vom 11. November 1934 war Xiao Feng  für die Anwerbung von neuen Soldaten und das Auftreiben von Mitteln zuständig, während sich die Armee im Kreis Baishidu in der Provinz Hubei von ihren Verlusten erholte. Allein an diesem Tag lief er 65 li. 

Drittens verlief sich die Rote Armee vor allem während der Frühphase des Langen Marschs häufig, weil Kartenmaterial fehlte. Einen solchen Fall schildert Chen Bojun am 8. Dezember 1934 in seinem Tagebuch, als das 38. Regiment die falsche Marschrichtung einschlug. 

Mit dem Mao-Zitat über die Einheit, die die größte Entfernung zurücklegte, könnten die Bodentruppen gemeint sein, die für Aufklärungsmissionen, den Kampf an der Front und die Deckung der Hauptstreitkräfte verantwortlich waren. Einige Regimenter könnten für dieselbe Strecke mehr als doppelt so große Entfernungen zurückgelegt haben wie andere. 

Seit der Lange Marsch vor 80 Jahren erfolgreich zu Ende ging, hat sich entlang der Marschroute der Roten Armee viel verändert. Wer also versucht, die Strecke des Langen Marsches nachzulaufen, wird niemals denselben Weg beschreiten oder dieselbe Entfernung zurücklegen wie die Rote Armee während der 1930er Jahre.