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Christian Y. Schmidt: So lebt es sich während einer Epidemie in Beijing |
Von Zhao Piao · 2020-02-18 · Quelle:Beijing Rundschau |
Stichwörter: Coronavirus;Beijing | Druck |
Der deutsche Schriftsteller Christian Y. Schmidt, der mit seiner Frau seit 15 Jahren in der chinesischen Hauptstadt Beijing lebt, hat in Zeiten des Coronavirus sein Tagebuch auf Facebook öffentlich gemacht, um seinen Landsleuten in Deutschland zu zeigen, wie es sich während einer Epidemie in China lebt.
Vor weniger als einer Woche ist Schmidt gerade nach Deutschland zurückgeflogen, um dort seinen neuen Kurzroman „Der kleine Herr Tod“ vorzustellen. Bis dahin war er mit seiner Familie in Beijing geblieben und hatte sein Leben während des Ausbruchs des neuen Coronavirus dokumentiert und seine Aufzeichnungen öffentlich gemacht.
„Alles ist ein bisschen anders, aber letztlich nicht so dramatisch“
Handschuhe, Kopfbedeckung, Halstuch, Atemschutzmaske – dies war Schmidts Outfit, wenn er in letzter Zeit seine Wohnung in Beijing verließ. Nach der Rückkehr nach Hause wurde alles in der richtigen Reihenfolge ausgezogen und dann desinfiziert und möglichst bald gewaschen. Zudem badete er jeden Abend möglichst heiß.
2. Februar, Beijing. Immer gut drauf und auf alles vorbereitet – das Outfit von Christian Y. Schmidt, wenn er dieser Tage seine Wohnung in Beijing verlässt. (Foto: Gong Yingxin)
„Wahrscheinlich wird unsere Strom-, Gas- und Wasserrechnung in den nächsten Wochen und Monaten deutlich höher sein als sonst. Dafür sparen wir beim Essengehen“, sagte Schmidt der Beijing Rundschau. „Sonst gibt es für mich kaum Unterschiede“, so Schmidt, denn als Schriftsteller schreibe er seine Bücher sowieso zu Hause.
Alle paar Tage unternahm Schmidt kleine Spaziergänge durch die Stadt, um sich über die reale Situation draußen zu informieren und auch die Dinge des täglichen Bedarfs zu kaufen.
6. Februar, Beijing. Auf seinen kleinen Spaziergängen findet Christian Y. Schmidt immer wieder erfreuliche Motive – wie zum Beispiel diesen Baum voller Lampions. (Foto: Gong Yingxin)
„Am meisten imponiert mir die Gelassenheit der Beijinger angesichts der Krise.“ Schmidt erzählt uns, dass er am Anfang der Krise seine Frau zum Schlittschuhlaufen auf einem zugefrorenen Fluss begleitet hatte, wo er etwa dreißig Leuten beim Eislaufen zusah. „Völlig entspannt. Das fand ich sehr beruhigend.“
26. Januar, Beijing. Krise ohne Krisenstimmung: Einige Leute laufen entspannt auf einem zugefrorenen Fluss Schlittschuh. (Foto: Christian Y. Schmidt)
Zudem habe er beim Einkaufen auch keine Hamsterkäufe bemerkt. „Hier in Beijing sind alle völlig cool geblieben.“
Rassismus befeuern? Unverzeihlich!
Völlig im Gegensatz zu der realen Situation in China, die er immerhin mit eigenen Augen gesehen habe, seien ihm jedoch im Ausland einige absurde und überzogene Reaktionen aufgefallen, so Schmidt.
Seiner Meinung nach seien die auf Angst beruhenden, diskriminierenden und auch rassistischen Reaktionen einiger Leute sehr unerfreulich und müssten mit Aufklärungsarbeit bekämpft werden. „Dass aber Medien wie ‚Der Spiegel‘ diesen Rassismus befeuern, ist unverzeihlich“, betonte Schmidt.
Aufgrund dieser Lage beschloss er, sein Tagebuch zu veröffentlichen, um den Leuten etwas von der irrationalen Angst zu nehmen, von der kaum jemand frei ist, wenn plötzlich irgendwo auf der Welt eine neue Krankheit auftaucht.
„Ich glaube, viele, die sich schon lange wünschen, China am Boden zu sehen, wittern jetzt Morgenluft“, sagte Schmidt. Als Beispiel nannte er den amerikanischen Handelsminister Wilbur Ross, der sich über das Virus freut, weil es – wie er meint – Arbeitsplätze in die USA zurückbringt.
„Aber ich denke, dass China nicht zu Boden gehen, sondern am Ende gestärkt aus dieser Krise hervorgehen wird“, meinte Schmidt zuversichtlich und fügte hinzu, dass es wirklich wichtig sei, dass alle etwas aus dieser Krise lernen – und nicht nach dem Sieg über die Seuche einfach wieder zur Tagesordnung übergehen.
„Wir haben es nicht mit dem Weltuntergang zu tun“
Zu den Gründen, warum Schmidt starke Zuversicht hat und China vertraut, zählen die Präventions- und Kontrollmaßnahmen, die bisher ergriffen wurden.
Um den Mangel an medizinischen Ressourcen in der am stärksten betroffenen Provinz Hubei zu beheben, wurde eine ganze Reihe an Maßnahmen ergriffen, darunter der schnelle Aufbau neuer Krankenhäuser, 24-Stunden-Schichtdienst in den designierten Fieberkliniken sowie Maßnahmen zur Beschleunigung der Erkennung und Diagnose der Krankheit.
Darüber hinaus haben landesweit viele Provinzen den Arbeitsbeginn nach dem Neujahrsfest nach hinten verlegt, was seiner Meinung nach sehr vernünftig und praktisch sei.
6. Februar, Beijing. Christian Y. Schmidt lässt sich am Parkeingang Körpertempuratur messen. (Foto: Gong Yingxin)
In seinem öffentlichen Tagebuch postet er auch viele Fotos von den mit Schutzmasken vermummten Mitarbeitern, die in den U-Bahnen, an den Eingängen zu den Parks und anderen Einrichtungen der Gemeinde arbeiten und dafür zuständig sind, die Körpertemperatur der Bewohner zu messen und die Ordnung aufrechtzuerhalten. „Man sieht, dass die ganze Bevölkerung im Kampf gegen die Seuche miteinbezogen wird“, so Schmidt.
Trotz der Tatsache, dass die chinesische Wirtschaft aufgrund der Auswirkungen der Epidemie und der Gegenmaßnahmen – wie etwa der Verschiebung der Wiederaufnahme der Produktion – Einbußen erleiden wird, ist Schmidt davon überzeugt, dass sich die Wirtschaft mittelfristig wieder von dem Rückschlag erholen werde.
„Man muss es ganz klar sagen: Wir haben es mit einem höchst ansteckenden Grippevirus zu tun, und nicht mit dem Weltuntergang.“
Obwohl die Epidemie momentan noch nicht zu Ende ist, will Schmidt an seinem ursprünglichen Rückflugtermin nach China am 1. April festhalten. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass dann das Schlimmste vorbei sein wird. Sehr sicher.“
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