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Taicang und Jülich: Wenn Chinas deutsche Musterstadt auf eine deutsche Kleinstadt trifft

Wei Hongchen  ·   2025-06-03  ·  Quelle:cdd-online.com.cn
Stichwörter: Taicang;Jülich
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Vor den Toren Shanghais, knapp 50 Kilometer nordwestlich in der Provinz Jiangsu, liegt die Stadt Taicang. Mit gut 800.000 Einwohnern ist der im Jangtse-Delta gelegene Ort für chinesische Verhältnisse zwar eine Kleinstadt. Doch der deutschen China-Community ist Taicang trotzdem bestens bekannt. Liebevoll bezeichnen ihn manche sogar als „Little Germany“ oder „deutsche Musterstadt“. Grund ist die hiesige Ansiedelung von über 550 deutschen Unternehmen – auch im großen China einmalig.  

 

Feierlicher Moment: Unterzeichnung des Städtepartnerschaftsvertrags in der Schlosskapelle mit Herrn Bürgermeister Axel Fuchs und Herrn Bürgermeister Wang Jianguo 

Die Zusammenarbeit zwischen Taicang und Deutschland begann bereits 1993. 2017 wurden die Bande dann noch einmal enger, als Taicang sich mit dem nordrhein-westfälischen Jülich verschwisterte, einem wichtigen Bildungs- und Forschungsstandort von Weltrang.  

In Jülich verschmelzen auf einzigartige Weise historisches Erbe, moderne Forschung, mutige Innovation und internationale Vielfalt. „Die Stadt zeichnet sich nicht nur durch wissenschaftliche Exzellenz und innovative Projekte aus, sondern auch durch ihre reiche Historie, ist bekannt für ihre Weltoffenheit“, beschreibt Bürgermeister Axel Fuchs die Kleinstadt. 

 

Beitrag zur Völkerverständigung: Geschenkübergabe in der Schlosskapelle der Zitadelle 

Wie alles seinen Anfang nahm 

Aber noch einmal zurück zum 11. Mai 2017. An diesem Tag nämlich unterzeichneten Wang Jianguo, damaliger Bürgermeister von Taicang, und Axel Fuchs während des zehnten „Taicang-Tags“ in Düsseldorf eine Absichtserklärung zur Aufnahme freundschaftlicher Beziehungen zwischen den beiden Städten. Der „Taicang-Tag“ wird seit 2008 jedes Jahr in Deutschland veranstaltet und hat sich zu einer Plattform für den deutsch-chinesischen Wirtschafts-, Handels- und Kulturaustausch gemausert. 

Im Anschluss daran, also Ende Juni 2017, brach Axel Fuchs dann mit einer Delegation nach China auf. Es war die erste China-Reise des Bürgermeisters. Schon damals habe er viele Anknüpfungspunkte zwischen Jülich und Taicang gesehen, es seien ideale Partnerstädte, sagt er. „Beide Städte sind wirtschaftlich stark, legen großen Wert auf Innovation und verfügen über eine ausgezeichnete Infrastruktur.“ Besonders erwähnenswert sei zudem die lebendige chinesische Community in Jülich, die das gesellschaftliche Leben der Stadt stark bereichere. Auch die starke Präsenz deutscher Unternehmen in Taicang sei ein verbindendes Element. 

Trotz ihrer Unterschiede – Jülich als traditionsreiche europäische Kleinstadt und Taicang als dynamische (wenn auch für chinesische Verhältnisse kleine) Großstadt – verbindet beide Städte ein gemeinsames Ziel: das Streben nach einer nachhaltigen Entwicklung für Wirtschaft und Gesellschaft. Ziel des Austausches sei daher, so der Bürgermeister, es beiden Seiten zu ermöglichen, voneinander zu lernen und gemeinsam wertvolle Impulse für Wirtschaft, Bildung und Kultur zu setzen. 

Seit Beginn der noch jungen Städtepartnerschaft haben Taicang und Jülich bereits zahlreiche erfolgreiche Austauschprojekte initiiert. Besonders hervorzuheben sind die gegenseitigen Delegationsbesuche, die sowohl auf politischer als auch auf wirtschaftlicher Ebene den Dialog und das gegenseitige Verständnis gefördert haben. Ein besonderes Highlight war ein Schüleraustausch im Jahr 2019, in dessen Rahmen Schülerinnen und Schüler dreier Jülicher Schulen die Gelegenheit hatten, Taicang persönlich kennenzulernen und wertvolle interkulturelle Erfahrungen zu sammeln.  

 

Delegationsbesuch in der Zitadelle: Der Besuch aus Taicang bei der Besichtigung des Museums Zitadelle in Jülich; vordere Reihe: Bürgermeister Wang Jianguo (3.v.l.), Vizegeneralkonsulin Tao Lili (4.v.l.) und Bürgermeister Axel Fuchs (5.v.l.) 

Auch im kulturellen Bereich gab es bedeutende Projekte, etwa die Fotoausstellung „Chinese-German Story – Start from Taicang“ des chinesischen Fotografen Steve Zhao im Schlosskeller der historischen Zitadelle Jülich und Veranstaltungen wie das chinesische Frühlingsfest in der Stadt. 

Seither nimmt die Kooperation der beiden Städte wechselseitig zunehmend an Fahrt auf und zeichnet sich durch ein lebendiges und vertrauensvolles Miteinander aus, das auf verschiedenen Ebenen stetig wächst. 

Hier lässt es sich leben 

Was für eine Stadt ist Taicang? Es gibt so manchen Deutschen, der auf diese Frage eine Antwort weiß und gar seinen eigenen Teil zum Lebensgefühl der Stadt beisteuert. So etwa Erwin Gerber aus Koblenz. Er lebt seit 2013 in Taicang und betreibt dort die deutsche Bäckerei „Brotecke“, die auf Chinesisch den sympathischen Namen „Deutscher Onkel“ trägt. In Taicang ist der Laden längst zu einem Aushängeschild geworden und auch den „deutschen Onkel“ Erwin Gerber kennen viele. 2023 ehrte die örtliche Regierung den deutschen Backmeister gar als einen der „zehn herausragenden deutschen Freunde“ der Stadt. 

 

Blick auf die Taicang High-Tech Industrial Development Zone: Bis heute haben sich hier über 550 deutsche Unternehmen niedergelassen. (Foto: 23. Januar 2024) 

„Saubere, breite Straßen, eine gute Infrastruktur mit nur wenigen Autos und Menschen, aber dafür viel Grün. Taicang ist genauso lebenswert wie eine deutsche Kleinstadt“, sagt Erwin Gerber. Schon bei seinem ersten Besuch in Taicang habe er sich in den Ort verliebt. Inzwischen betreibt Gerber insgesamt drei Bäckereien, die zu einem beliebten Treffpunkt avanciert sind und als Symbol des kulturellen Austauschs zwischen China und Deutschland gelten. „Mein Leben könnte nicht glücklicher sein. Ich liebe Taicang, auch meine Kinder kamen hier zur Welt. Und ich freue mich darauf, sie hier aufwachsen zu sehen. Taicang ist für mich Heimat.“ 

Auch Marieke Bossek, Geschäftsführerin des German Centre Taicang und zugleich Mitglied des Aufsichtsrats der Firma German Centre for Industry and Trade Taicang, wohnt in „Little Germany“. Die Deutsche lebt mittlerweile seit 13 Jahren in China und schon im achten Jahr in Taicang. 

Für sie liegen die Vorteile der chinesischen „Kleinstadt“ auf der Hand: „Taicang ist eine sehr schöne Stadt mit vielen Grünflächen und einer hohen Lebensqualität, was vor allem dem kleinstädtischen Charakter zu verdanken ist“, sagt sie. „Die gut ausgebaute Infrastruktur bietet eine bequeme Anbindung nach Shanghai, etwa zu den dortigen Flughäfen. In Taicang selbst und im Umland gibt es zudem viele Möglichkeiten für Unternehmungen und Ausflüge.“ 

Auch bei Bürgermeister Fuchs hat der Ort vor den Toren Shanghais bleibenden Eindruck hinterlassen: „Taicang ist ein leuchtendes Beispiel dafür, wie Tradition und Innovation erfolgreich zusammengehen“, sagt er. Er erlebe Taicang als moderne, aufstrebende Stadt mit beeindruckender Dynamik, die wirtschaftliche Stärke mit hoher Lebensqualität verbinde. Die Stadt sei gut organisiert, sauber und biete gleichzeitig ein vielfältiges kulturelles Leben. „Was mich aber besonders beeindruckt, ist, wie Taicang den internationalen Austausch, insbesondere mit Deutschland, aktiv fördert und so eine freundliche, weltoffene Atmosphäre schafft.“   

 

Wahre Freunde beweisen sich in der Krise“: Bürgermeister Axel Fuchs vor Hilfsgütern wie Masken und Schutzausrüstung, die Taicang Jülich in der Coronapandemie zur Verfügung stellte. 

Wechselseitige Zusammenarbeit 

In Taicang gibt es sogar eine „Deutschlandstrecke“ – ein Bus der von der Kern-Liebers-Haltestelle aus über eine Strecke von vier Kilometern mehr als 40 deutsche Unternehmen miteinander verbindet, wobei viele Stopps nach den jeweiligen Firmen benannt sind. Auch der Name der Ausgangshaltestelle kommt nicht von ungefähr. Denn Taicangs chinesisch-deutsche unternehmerische Erfolgsgeschichte begann einst mit der ersten deutschen Investition durch das Unternehmen Kern-Liebers, die später zahlreiche weitere Firmen aus der Bundesrepublik in den Ort zog. 

Laut Marieke Bossek sind etwa die Hälfte der deutschen Unternehmen in Taicang produzierende Betriebe. Besonders stark vertreten seien Automobilzulieferer und Anlagenbauer – viele davon Hidden Champions, wenn nicht gar Weltmarktführer in ihrem Bereich. Die deutschen Unternehmen belegen nur 0,24 Prozent der Fläche Taicangs, erwirtschaften aber rund acht Prozent des gesamten BIP der Stadt. Außerdem erzielt die Lokalregierung 20 Prozent ihrer Steuereinnahmen des öffentlichen Haushalts über den Beitrag der deutschen Unternehmen vor Ort. 

Wie wurde ausgerechnet Taicang zur Heimat deutscher Unternehmen? 

Bei der Veranstaltung des 16. deutschen Taicang-Tags 2024 gab Xu Huadong, stellvertretender Parteisekretär und Bürgermeister von Taicang, eine Antwort auf diese Frage. Deutsche Unternehmer schätzten demnach vor allem drei Hauptaspekte an Taicang: erstens die lebenswerte sowie arbeits- und gastfreundliche natürliche Umgebung, zweitens das ausgezeichnete Geschäftsumfeld und drittens das hohe Bewusstsein für interkulturelle Verständigung. Hinzu kämen die geografische Nähe zu Shanghai, die große Zahl an Fachkräften dank des dualen Ausbildungssystems sowie die starke Unterstützung der örtlichen Regierung, fügt Marieke Bossek hinzu. 

Laut Axel Fuchs schüfen das Klima der Offenheit, die wirtschaftsfreundliche Politik und die hervorragende Infrastruktur ideale Bedingungen für den Mittelstand sowie für große Unternehmen. „Auch für Jülich bringt dies viele Chancen. Es zeigt zudem, wie wichtig gegenseitiges Vertrauen und langfristige Partnerschaften zwischen deutschen und chinesischen Kommunen sind. Diese Entwicklung stärkt nicht nur die Wirtschaftsverbindungen, sondern auch das kulturelle Verständnis zwischen unseren Ländern.“ 

Als Pionier der Völkerverständigung gilt in China Zheng He (1371-1433). Vor genau 620 Jahren führte der berühmte chinesische Seefahrer eine Flotte auf sieben Expeditionen in die Weltmeere gen Westen und hinterließ dabei unauslöschliche Spuren in der Geschichte der menschlichen Schifffahrt. Und einer seiner Ankerpunkte war: Taicang. Heute, Jahrhunderte später und an einem neuen historischen Ausgangspunkt stehend, hat sich nun ein deutscher Bürgermeister aus dem kleinen Jülich der Mission verschrieben, diesen partnerschaftlichen Austausch lebendig zu halten und neue gemeinsame Perspektiven zu schaffen. „Wir blicken sehr positiv auf die künftige Zusammenarbeit und freuen uns auf viele weitere Impulse, die die Verbindung zwischen unseren Städten weiter stärken werden.“ 

(Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung des Büros für auswärtige Angelegenheiten der Volksregierung Taicang, des Amtes für Stadtmarketing Jülich sowie aller Interviewten. Wir bedanken uns bei allen Seiten herzlich für die große Unterstützung unserer Arbeit!) 

 

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