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Feng Xingliang: „Das chinesisch-deutsche Kooperationspotenzial bei der Energiewende ist enorm“

Zhao Piao  ·   2025-06-05  ·  Quelle:cdd-online.com.cn
Stichwörter: Energiewende;China;Deutschland
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Angesichts des sich verschärfenden Klimawandels gilt die Energiewende als unverzichtbarer Weg zu nachhaltiger Entwicklung. Welche Erfahrungen kann Deutschland mit Blick auf die Energiewende international beisteuern? Wie lassen sich Chinas duale Kohlenstoffziele erreichen? Und welche Möglichkeiten zur bilateralen Zusammenarbeit bieten sich den beiden Ländern? Über diese Themen haben wir mit Feng Xingliang, Chief Representative China von NRW.Global Business, gesprochen. 

 

Feng Xingliang, Chief Representative China von NRW.Global Business (Foto mit freundlicher Genehmigung des Interviewten) 

Herr Feng, Deutschland engagiert sich bereits seit den 1990ern für die Energiewende. Gibt es Erfahrungen, von denen China lernen kann? 

Tatsächlich gilt die deutsche Energiewende als wichtige Referenz der globalen Energiewende, auch für China. Deutschland verfügt insbesondere bei den erneuerbaren Energien über langjährige Erfahrung. 2023 stammten in Deutschland 53 Prozent der gesamten Energieversorgung aus regenerativen Energieträgern. 

Ich nehme Nordrhein-Westfalen als Beispiel. Das Bundesland ist stark im Bereich erneuerbare Energien inkl. Wasserstofftechnologie. Die dortigen Erfahrungen haben für Chinas Energiewende daher einen großen Referenzwert. Um seine „dualen Kohlenstoffziele“ zu erreichen, sollte China die Wasserstoffindustrie auf vielschichtige Weise fördern, nicht nur durch politische Leitlinien und die Entwicklung von grünem Wasserstoff, sondern auch durch gezielten Infrastrukturaufbau und internationale Zusammenarbeit. Und hier hat NRW bereits vieles erreicht. Das Bundesland gilt etwa als Vorreiter bei der Schaffung von stabilen Rahmenbedingungen und gezielten Anreizen mit Langzeitcharakter. Hier kann sich China durchaus etwas abschauen. Auch mit Blick auf die internationale Zusammenarbeit ist NRW stark, hat gemeinsam mit den Niederlanden, Belgien und den skandinavischen Ländern eine grenzüberschreitende Wasserstoffversorgungskette entwickelt. Länderübergreifende Innovationszusammenarbeit zwischen Universitäten und Unternehmen wird großgeschrieben. Auch hier kann sich China ein Beispiel nehmen. 

Deutschland und NRW sind für China bei der Energiewende also ein klares Vorbild? 

Es versteht sich von selbst, dass die Entwicklung jeder Volkswirtschaft sowohl Erfahrungen als auch Lehren mit sich bringt. Das Feld der neuen Energien in Deutschland bildet hier keine Ausnahme. Persönlich glaube ich, dass Deutschland, vor allem in den letzten zehn Jahren dazu geneigt hat, nach schnellen Erfolgen zu streben. Die Entwicklung regenerativer Energien wurde dabei auch zum Politikum gemacht. So legte man etwa in aller Eile Kohle- und Kernkraftwerke still und verließ sich bei der konventionellen Energiegewinnung auf Erdgas. Infolgedessen fehlte es Deutschland nach Ausbruch der Krise zwischen Russland und der Ukraine an alternativen Energiequellen. Die Energiepreise blieben daher hoch, was die Kosten der deutschen Industrieproduktion stark in die Höhe getrieben und die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Produkte geschmälert hat. Die Folge war in den vergangenen zwei Jahren eine Wirtschaftsrezession. Dies ist ein Problem, dem auch China bei seiner Energieentwicklung Aufmerksamkeit schenken muss. Man lernt also sowohl von den positiven als auch den negativen Erfahrungen. 

China hat seine Energiewende in den letzten Jahren weiter vorangetrieben. Rasche Fortschritte sind etwa bei der Wasserstoffindustrie zu beobachten. Wo sehen Sie Chinas eigene Stärken in der chinesisch-deutschen Zusammenarbeit? 

In den letzten Jahren hat China tatsächlich erhebliche Fortschritte bei der Energiewende im Allgemeinen und der Entwicklung der Wasserstoffindustrie im Speziellen gemacht. Im Vergleich zu Deutschland und anderen EU-Ländern punktet China zum Beispiel durch komplette Produktionsketten und große Produktionskapazitäten. Genauer gesagt verfügt China über die weltweit kompletteste Produktionskette in der Wasserstoffindustrie, mit starken Produktions- und Lieferkapazitäten. Das reicht von der Wasserstoffproduktion aus erneuerbaren Energien über die Herstellung von Elektrolyseuren sowie Speicher- und Transporttechnologie bis hin zu Brennstoffzellenanwendungen. China ist beispielsweise der weltweit größte Hersteller von Elektrolyseuren. Die Kosten für alkalische Elektrolyseure, sogenannte AWE, aus China sind viel niedriger als aus Europa oder den USA, was dem Land einen klaren Kostenvorteil für Wasserstoffproduktion im großen Maßstab verschafft. 

  

Von links: Thomas Kralinski, Staatssekretär im sächsischen Wirtschaftsministerium, Gunar Schmidt, Geschäftsführer der Ontras Gastransport GmbH, Cornelia Müller-Pagel, Projektleiterin des Energieparks Bad Lauchstädt, und Prof. Dr. Armin Willingmann (SPD), Wirtschaftsminister des Landes Sachsen-Anhalt, posieren für ein Selfie nach der feierlichen Einweihung des ersten Leitungsabschnitts des Wasserstoffkernnetzes in Milzau, Sachsen-Anhalt, am 8. April 2025. Als Praxislabor für die Energiewende wurde hier eine 25 Kilometer lange Erdgasleitung für den Transport von grünem Wasserstoff umgerüstet. Im Energiepark Bad Lauchstädt soll künftig grüner Wasserstoff mit Hilfe von Windenergie und Elektrolyse erzeugt, unterirdisch gespeichert und in das Gasnetz eingespeist werden. 

Welche weiteren Vorteile sehen Sie? 

China verfügt auch über reichhaltige erneuerbare Energieressourcen bei Wind- und Solarenergie. Vor allem der Nordwesten und Nordosten des Landes eignen sich daher für die groß angelegte Produktion von grünem Wasserstoff. Dieser lässt sich beispielsweise mithilfe von Wind- und Solarenergie in der Inneren Mongolei, Xinjiang und Qinghai erzeugen und dann über spezielle Pipelines oder Ammoniaksynthese in die Industriegebiete in Ostchina befördern. Die Kapazitäten für eine großtechnische Entwicklung übersteigen hier bei weitem diejenigen Deutschlands, was China auch hier einen klaren Kostenvorteil verschafft. 

  

Am 1. Juli 2024 rollt in der Produktionswerkstatt der CRRC Railway Investment Rail Transit Industry Base in Yibin in der Provinz Sichuan eine intelligente Straßenbahn mit Wasserstoffantrieb vom Band. Das wasserstoffbetriebene Fahrzeug stammt aus unabhängiger chinesischer Entwicklung. 

Welche Rolle spielt denn die politische Weichenstellung? 

Die chinesische Regierung hat die Wasserstoffindustrie zur Chefsache gemacht und bietet der Branche starke Unterstützung. So fand die Wasserstoffindustrie etwa explizit Eingang in den 14. Fünfjahresplan sowie in Chinas Strategie zur Kohlenstoffneutralität. Auch auf kommunaler Ebene setzt man alle Hebel in Bewegung. Viele Lokalregierungen haben eigene Entwicklungspläne für die Branche erarbeitet. Gleichzeitig besteht in Chinas Automobil-, Strom-, Stahl-, Chemie- und auch in anderen Industrien eine starke Nachfrage nach Wasserstoffenergie. Der heimische Markt ist also riesig. China ist schon heute der weltweit größte Markt für Nutzfahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb und auch wasserstoffbetriebene Busse und Schwertransporter sind auf dem Vormarsch. Hier wurden politisch die richtigen Weichen gestellt. 

Welche Rolle spielt der Infrastrukturbau? 

China hat beim Aufbau von Wasserstoffinfrastrukturen, etwa Wasserstoffkorridoren, Wasserstofftankstellen oder Pipelinetransport, eine starke Leistung gezeigt. Vorreiter sind hier Regionen wie das Jangtse-Delta, die Provinzen Guangdong und Shandong sowie die Ballungsräume Beijing-Tianjin-Hebei und Chengdu-Chongqing. Hier entstehen gerade Wasserstoffversorgungsketten, die in Zukunft ein landesweites Wasserstoff-Energienetz bilden sollen. In Deutschland hingegen geht es aufgrund komplizierter Genehmigungsverfahren und längerer Bauzyklen deutlich langsamer voran, muss man sagen. 

Welche Vorschläge und Erwartungen haben Sie für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland bei der Energiewende? 

Fest steht: China und Deutschland haben hier definitiv großes Kooperationspotenzial. China punktet mit seinen Produktionsketten und Energieressourcen, der politischen Unterstützung und den Kapazitäten zum Infrastrukturaufbau. Mit seinen Stärken könnte China Deutschland bei technologischer Forschung und Entwicklung, industrieller Anwendung, den internationalen Lieferketten und wasserstoffbetriebenen Verkehrsmitteln ergänzen. In Zukunft sollten beide Länder bei Standardisierung, technologischer Innovation und Markterweiterung noch stärker an einem Strang ziehen, um die globale Energiewende zu beschleunigen und auf dem Weg zur Klimaneutralität gemeinsam voranzukommen. 

  

Ein Wasserstoffbus, ausgestellt im Rahmen der „European Hydrogen Week“ im November 2024 in Brüssel 

Wie genau könnte die technologische Zusammenarbeit denn aussehen? 

Nun, Deutschland ist weltweit führend in der Windkraft- und Photovoltaiktechnologie und unterhält hier bereits umfangreiche Kooperationen mit chinesischen Firmen, ich denke hier etwa an Windturbinen und Solarmodule. So arbeitet Siemens beispielsweise eng mit chinesischen Partnern bei der Offshore-Windkrafttechnologie zusammen. In den letzten Jahren haben beide Länder auch mit Blick auf Wasserstoffenergie und Energiespeicherung eng kooperiert, wobei sich die deutsche Wasserstofftechnologie und die chinesische Produktionskette gegenseitig gut ergänzt haben. Darüber hinaus bestehen für beide Seiten Kooperationsperspektiven bei intelligentem Stromnetz, dezentralem Energiemanagement und Big-Data-Analysen. 

Welche Rolle spielt das viel diskutierte Thema der Standardisierung? 

Derzeit gibt es weltweit noch keine einheitlichen technischen Standards für Wasserstoffenergie. China und Deutschland könnten hier etwa bei der Zertifizierung von grünem Wasserstoff, bei Sicherheitsstandards für Lagerung und Transport oder bei Leistungsspezifikationen für Brennstoffzellen zusammenarbeiten und gemeinsam internationale Standards entwickeln. Außerdem kann China von den deutschen Erfahrungen in zentralen Wasserstofftechnologien wie PEM-Elektrolyseure und hocheffiziente Wasserstoffspeicher lernen und den technischen Austausch sowie die gemeinsame Forschung und Entwicklung stärken.  

 

Aufnahme des 100-MW-Photovoltaik-Verbundprojekts in Holin Gol, Stadt Tongliao der Inneren Mongolei im Jahr 2024 

Die industrielle Produktion spielt bekanntlich eine Schlüsselrolle bei der Energiewende. Können China und Deutschland hier gemeinsam zu einer grünen Transformation beitragen? 

Definitiv! Deutschland verfügt bei den Wasserstoffanwendungen über einen Early-Mover-Vorteil. So fördert beispielsweise Nordrhein-Westfalen die Anwendung von Wasserstoffenergie in Bereichen wie Stahl und Chemie oder der Produktion synthetischer Kraftstoffe, während China in diesen Branchen mit einer größeren Marktnachfrage aufwartet. Es wäre daher denkbar, gemeinsam industrielle Demonstrationsprojekte im Bereich Wasserstoffenergie durchzuführen, um die globale industrielle Dekarbonisierung zu fördern. 

 

Dieses 200.000-Kilowatt-Demonstrationsprojekt zur Wasserstoffproduktion mit neuen Energien wurde von der China Huadian Baotou Hydrogen Energy Technology Co., Ltd. entwickelt und gebaut. 

Muss sich auch bei den internationalen Lieferketten etwas tun? 

Meiner Meinung nach ja. Deutschland besitzt nämlich nur begrenzte Wasserstoffressourcen und ist daher auf Importe angewiesen, während China über große Produktionskapazitäten für grünen Wasserstoff verfügt und sich daher in Zukunft als Versorgungszentrum für diese Energiequelle anbietet. Beide Länder könnten gemeinsam eine internationale Lieferkette für grünen Wasserstoff auf die Beine stellen, um Chinas kostengünstige grüne Wasserstoffressourcen zu nutzen und sie in Form von flüssigem Wasserstoff, Ammoniak und Methanol nach Deutschland zu exportieren. Das würde die Energiewende Europas merklich unterstützen. 

Wie sieht es mit der grünen Verkehrswende aus? Gibt es auch hier Anknüpfungspunkte? 

Deutschland ist führend bei Brennstoffzellen-Pkw und dem Einsatz von Wasserstoffzügen. Hier ist etwa der Wasserstoffzug Coradia iLint von Alstom zu nennen. China verbucht derweil rasche Fortschritte bei wasserstoffbetriebenen Nutzfahrzeugen und dem Bau von Wasserstofftankstellen. Es ergeben sich also auch hier zahlreiche Kooperationsschnittstellen. Denkbar ist etwa gemeinsame Forschung und Entwicklung bei Brennstoffzellen der nächsten Generation. Auch wäre eine Einführung der Wasserstoffzugtechnologie in China sinnvoll, um die Dekarbonisierung des chinesischen Schienenverkehrs voranzubringen. Und, last but not least, bietet es sich an, wasserstoffbetriebene Nutzfahrzeuge aus China in Deutschland zu verbreiten, was chinesische Kostenvorteile mit deutscher Nachfrage kombinieren würde. So ließe sich gemeinsam der europäische Markt erweitern. 

Arbeiten beide Länder denn auch bei Investitionen und in der Forschung zusammen? 

Auf jeden Fall. Deutsche Unternehmen wie Siemens, ThyssenKrupp, Evonik und Bosch investieren in China in den Feldern Photovoltaik, Windkraft und Wasserstoff. Auf der anderen Seite bieten chinesische Firmen wie Huawei, Sungrow Power Supply und CATL in Deutschland ihre Produkte und Dienstleistungen rund um das Thema neue Energien an. Auch eine noch stärkere Zusammenarbeit zwischen deutschen und chinesischen Forschungsinstituten und Universitäten könnte auf beiden Seiten Früchte tragen. Die Potenziale für die Zukunft sind also enorm. 

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