Startseite >> Wirtschaft |
Attraktivität für ausländische Investoren: Drei Experten bewerten Chinas Fortschritte bei der Außenöffnung |
· 2024-08-13 · Quelle:german.chinatoday.com.cn |
Stichwörter: Investitionen | Druck |
Die Nutzung auswärtigen Kapitals ist ein Kernbestandteil der chinesischen Reform- und Öffnungspolitik. Unternehmen mit auswärtiger Beteiligung bilden entsprechend einen wichtigen Motor für Chinas Volkswirtschaft. Kein Wunder also, dass China derzeit alles daran setzt, seine Stärken bei der Anziehung auswärtiger Investoren weiter auszubauen.
Von 2020 bis 2023 lag das Volumen der ausländischen Investitionen in China vier Jahre in Folge bei über einer Billion Yuan. Selbst im vergangenen Jahr, als die ausländischen Direktinvestitionen (ADI) global schwächelten und ihr Wachstum weltweit rückläufig war, blieb das ADI-Volumen in China stabil. Dennoch steht auch China bei der Nutzung ausländischen Kapitals vor zahlreichen Herausforderungen, insbesondere angesichts zunehmender Unsicherheiten im internationalen Umfeld und wachsender geopolitischer Risiken. Wie kann China diese Herausforderungen stemmen und das Vertrauen ausländischer Geldgeber stärken? In diesem Artikel geben drei Ökonomen Antworten auf diese Fragen.
Wang Xiaohong: China, ein Investitionsmagnet
Ein stabiles politisches Umfeld, eine positive Entwicklung der Gesamtwirtschaftslage, der riesige Markt, jede Menge Arbeitskräfte und eine fortschrittliche Infrastruktur – China verfügt zweifelsohne über viele Stärken bei der Anziehung auswärtiger Kapitalgeber. Die Investitionsrendite für multinationale Unternehmen ist also gesichert. Seit der Coronapandemie hat China außerdem seine Maßnahmen zur Förderung ausländischer Investitionen immer wieder intensiviert und das Geschäftsumfeld für ausländische Investoren verbessert, um die Attraktivität des Standorts weiter zu steigern.
Was das Volumen der tatsächlich genutzten ausländischen Investitionen und deren Wachstumsrate angeht, liegt China ohnehin auf dem Spitzenplatz. Zwischen 2012 und 2022 legten die ausländischen Investitionen jährlich im Schnitt um 4,6 Prozent zu. Damit lag das Wachstum über dem weltweiten Durchschnitt. Für das Jahr 2022 wurde das real genutzte ausländische Kapital in China auf 189,1 Milliarden US-Dollar beziffert – ein neues Rekordhoch. Während die grenzüberschreitenden Investitionen 2022 weltweit um zwölf Prozent zurückgingen, freute sich China über ein sattes Plus von 6,3 Prozent. Der Anteil der ADI in China an den globalen ADI betrug 14,6 Prozent. Gegenüber dem Jahr 2000 stellt dies ein Wachstum von 11,6 Prozentpunkten dar.
Stärken der Volksrepublik wie der riesige Markt, das vollständige Industriesystem sowie eine Fülle an hochqualifizierten Fachleuten machen das Land nach wie vor attraktiv für ausländische Kapitalgeber. Hinzu kommt, dass der chinesische Binnenmarkt eine wichtige Einnahmequelle für multinationale Firmen darstellt. Im vergangenen Jahrzehnt stieg der Anteil des in China erwirtschafteten Umsatzes ausländischer Industriebetriebe an ihrem Gesamtumsatz von 50 Prozent auf über 70 Prozent. In der Branche der Informations- und Kommunikationstechnologie erwirtschafteten ausländische Unternehmen sogar 56,3 Prozent ihres Umsatzes in China. Mehr als 30 Prozent der Umsätze von US-Halbleiterunternehmen stammen aus der Volksrepublik. Und auch ausländische Autohersteller freuten sich in den letzten Jahren über ein wachsendes Chinageschäft.
Dank der vollen Zuversicht ausländischer Geldgeber bleiben die Erwartungen an die chinesische Wirtschaft stabil. Trotz immer schärfer werdender Unterdrückung und Eindämmung durch westliche Staaten wachsen die auswärtigen Investitionen noch immer. 2023 verbuchte China landesweit ein Wachstum von 39,7 Prozent bei den neu gegründeten Unternehmen mit auswärtigem Kapital. Bei Projekten mit einem auswärtigen Kapitalvolumen von mehr als 100 Millionen US-Dollar gab es 2022 ein Plus von 15,3 Prozent. Derartige Projekte machten zudem 53 Prozent der real genutzten ausländischen Investitionen in China aus.
*Wang Xiaohong ist Forscherin am China Center for International Economic Exchanges.
Zhang Jianping: Große Wettbewerbsvorteile bei der Anziehung auswärtigen Kapitals
Mit Blick auf den Investitionszweck lassen sich grundsätzlich zwei Arten von Auslandsinvestitionen in China unterscheiden: nämlich kostengetriebene und marktorientierte Investitionen. Kostengetriebene ausländische Investitionen richten ihr Augenmerk vor allem auf Chinas vollständige Liefer- und Wertschöpfungsketten. Laut einem Bericht der Welthandelsorganisation ist China zweifellos eines der Kernländer der globalen Liefer- und Wertschöpfungskette. Denn China deckt über 99,9 Prozent der 666 Branchen der von den Vereinten Nationen gelisteten 41 Hauptindustrien ab, die noch einmal in 207 Unterkategorien unterteilt werden. Der Mehrwert der chinesischen Fertigungsindustrie macht heute 32 Prozent des globalen Mehrwerts der Fertigungsindustrie aus. In Sachen Organisations- und Koordinationseffizienz hat China damit weltweit die Nase vorn. Und das führt dazu, dass viele ausländische Unternehmen bei ihrer Suche nach Plattformen, die es ihnen erlauben, im Asien-Pazifik-Raum und weltweit wirtschaftlich mitzuspielen, letztlich nach China kommen.
Was die marktorientierten auswärtigen Investitionen anbetrifft, ist China mittlerweile nach den USA der weltweit zweitgrößte Konsumgütermarkt. Die Volksrepublik verfügt über einen riesigen Markt mit 1,4 Milliarden Menschen und ist bereits in die Phase des mittleren Einkommensniveaus eingetreten. 2023 trug der Konsum in China mit 82 Prozent wesentlich zum heimischen Wirtschaftswachstum bei. Es zeichnet sich also klar ab, dass die Inlandsnachfrage zunehmend zum Motor des Wirtschaftswachstums reifen dürfte.
Darüber hinaus legen ausländische Investoren traditionell auch großen Wert auf gute Infrastrukturbedingungen. Ein chinesisches Sprichwort lautet: „Wer reich werden will, muss zuerst Straßen bauen.“ In den letzten Jahren hat sich China diesen Gedanken klar zu Herzen genommen und kräftig in den Aufbau der heimischen Infrastruktur investiert. Bei Hochgeschwindigkeitszügen, Autobahnen, Flughäfen und Häfen und nicht zuletzt auch bei der Logistik- und Kommunikationsinfrastruktur spielt China heute weltweit in der ersten Liga.
Seit Jahren treibt das Land kontinuierlich und energisch die institutionelle Öffnung voran. Es wurden bereits 22 bilaterale und multilaterale Freihandelsabkommen mit 29 Ländern unterzeichnet. Besonders zu nennen ist hier die „Regionale umfassende Wirtschaftspartnerschaft“, kurz RCEP. Sie deckt 30 Prozent der Weltbevölkerung, 30 Prozent des globalen Wirtschaftsvolumens, über 30 Prozent der Kapitalströme und mehr als 30 Prozent des weltweiten Handelsvolumens ab.
Zu guter Letzt verfügt China schon heute über eine vielschichtige Ausstattung in Sachen Arbeitskräfte. Obwohl die demografische Dividende im Land allmählich schwindet, ist die Zahl an hochqualifizierten Fachkräften merklich gestiegen. Die durchschnittliche Ausbildungsdauer junger chinesischer Arbeitskräfte beträgt dabei elf Jahre, ist also deutlich länger als in anderen Entwicklungsländern wie Indien, Mexiko oder Vietnam.
*Zhang Jianping ist Vizepräsident der Social Economic System Analysis Research Association of China und Forscher des Handelsministeriums.
Tang Yihong: Herausforderung bei der Anziehung auswärtiger Investitionen
Seit der Finanzkrise 2008 verzeichnet der Economic Policy Uncertainty Index einen spiralförmigen Anstieg. China steht in diesem Zusammenhang vor enormen Herausforderungen. Zum einen hat sich der globale Investitionsfluss verlangsamt, zum anderen haben viele Länder aus Sicherheitsbedenken begonnen, ihre Lieferketten zu straffen. Der Trend zeigt eindeutig in Richtung vermehrter Regionalisierung und Lokalisierung sowie Near- und Friendshoring mit Blick auf die globalen Liefer-, Produktions- und Wertschöpfungsketten, was China bei den ausländischen Direktinvestitionen vor einige Herausforderungen stellt.
Gleichzeitig hat die Weltbank einen neuen Business Environment Index eingeführt, der größeren Wert auf den umfassenden Einfluss von Effizienz, Dienstleistungen und Institutionen legt. Der Einsatz digitaler Technologien, nachhaltige Entwicklung und Geschlechtergleichstellung fließen heute in alle wichtigen Indikatoren mit ein. Dies sind ebenfalls wichtige Herausforderungen, denen China Aufmerksamkeit schenken und aktiv begegnen sollte.
Mehr Anstrengung für ein besseres Geschäftsumfeld
China reagiert auf all dies durch eine gezielte Optimierung seines allgemeinen Geschäftsumfeldes zur Anziehung ausländischer Investitionen. Dennoch besteht international gesehen nach wie vor ein großer Abstand zu den besten Geschäftsumfeldern. Es bedarf daher einer weiteren Verbesserung des allgemeinen Geschäftsumfeldes, da einige Bereiche bis heute hinter anderen zurückbleiben. Geplant ist, bestehende Marktzugangsbarrieren in bestimmten Bereichen weiter abzubauen. Während alle Artikel der Fertigungsbranche auf der Negativliste der Pilot-Freihandelszonen bereits gestrichen wurden, bestehen im Dienstleistungssektor noch zahlreiche Beschränkungen für den Marktzugang. Und nicht zuletzt ist auch der Schutz des geistigen Eigentums im Vergleich zum internationalen Spitzenstandard noch ausbaufähig.
China sollte seine fiskalische Unterstützung verstärken und die Finanzierungskanäle für ausländische Firmen erweitern. Wir müssen Inländerbehandlung für ausländische Investoren gewährleisten, die Rolle der Sonderfördermittel für ausländische Investitionen stärken und die Einführung relevanter Finanzprodukte beschleunigen, um die Beteiligung ausländischer Kapitalgeber an den inländischen Investitionen zu verbessern sowie grenzüberschreitende Investitionen und Finanzierungen zu erleichtern. Darüber hinaus ist es notwendig, Verbindungsplattformen aufzubauen, besondere Zugänge für Finanzierungen einzurichten und die Kreditvergabe angemessen zu erhöhen, um die Finanzierungskanäle für ausländische Firmen zu erweitern.
Wir werden auch nicht umhinkommen, die Marktzugangsbeschränkungen im Dienstleistungssektor angemessen zu lockern und die Verwaltung der Negativliste für ausländische Investitionen weiter anzupassen. China wird sich stärker an internationalen Handelsregeln wie CPTPP und DEPA orientieren. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Entwicklungsstärken der einzelnen Provinzen, Pilot-Freihandelszonen und Freihandelshäfen wird China darauf hinarbeiten, seine Negativliste angemessen zu verkürzen und die Verwaltung dieser Liste im Hinblick auf ausländische Investitionen weiter zu optimieren.
Nicht zuletzt ist angedacht, den Schutz des geistigen Eigentums zu stärken und die Schutzmechanismen für ausländische Investitionen weiter zu verbessern. Hierzu zählen vor allem eine Erweiterung des Schutzbereichs des geistigen Eigentums und eine Komplettierung der relevanten Gesetze und Vorschriften, um den Anforderungen an eine nachhaltige und grüne Entwicklung im digitalen Zeitalter gerecht zu werden.
Wir brauchen zudem eine Reihe von Handlungsanweisungen in Bezug auf öffentliches Beschaffungswesen, Arbeitsstandards, Umweltschutz, grenzüberschreitenden Datenverkehr und grenzüberschreitende Steuergestaltungen. China sollte die Stärken seines riesigen Marktes besser entfalten, die institutionelle Öffnung fördern und einen national einheitlichen Markt aufbauen. Billige Arbeitskräfte könnten in Zukunft hochqualifizierten Fachkräften weichen, was noch mehr ausländische Investitionen anziehen dürfte.
*Tang Yihong ist Dekanin der Fakultät für internationale Wirtschaft und internationalen Handel an der University of International Business and Economics.
Die Ansichten in diesem Artikel sind dem China Macroeconomic Forum (CMF), dem Outlook Magazine und der Guangming Daily entnommen.
LINKS: |
|
Adresse: BEIJING RUNDSCHAU Baiwanzhuanglu 24, 100037 Beijing, Volksrepublik China