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Den Handel im Fahrwasser halten: Hamburg verbindet China und Europa

Von Sudeshna Sarkar*  ·   2022-02-17  ·  Quelle:China Heute
Stichwörter: Hamburg;Handel;Güterzug
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Jedes neue Jahr bringt Veränderungen mit sich und hat ein neues Antlitz. 2022 aber wartet mit einer Veränderung auf, der wir schon jetzt ein Gesicht geben können: Nach 16 Jahren Angela Merkel hat Deutschland zum Jahreswechsel einen neuen Bundeskanzler. Seit 8. Dezember ist Olaf Scholz im Amt. Eine Veränderung von großer internationaler Bedeutung, die auch für diesen Artikel einen wichtigen Kontext darstellt. Der 63-Jährige ist nämlich in einem Stadtteil von Hamburg aufgewachsen, in der norddeutschen Metropole, in der sich der drittgrößte Hafen Europas findet. Auch sein Studium absolvierte Scholz in der Hansestadt, studierte Jura an der Universität Hamburg. Ab 2011 fungierte er zudem sieben Jahre als Oberbürgermeister der Nordmetropole. 

Während sich Hamburg über den Aufstieg eines Vertreters aus den eigenen Reihen freut, verbindet auch China Erwartungen und Hoffnungen mit dem Regierungswechsel. Noah Barkin, China-Beobachter des Forschungsunternehmens Rhodium Group in Europa, twitterte am 6. Dezember einen Artikel der Wirtschaftswoche. Darin heißt es, Scholz habe den Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel, gebeten, dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping die Botschaft zu übermitteln, dass es keine Änderung der deutschen China-Politik geben werde. 

  

Premierenzug: Der erste China-Europa-Güterzug aus Shanghai rollte am 26. Oktober 2021 in Hamburg ein. Wang Wei (Mitte), Chinas stellvertretende Generalkonsulin in der Hansestadt, Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (links) und Axel Mattern (rechts), Geschäftsführer von Hafen Hamburg Marketing, hießen den ersten „Shanghai-Express“ gemeinsam willkommen.  

 

Der Amtsantritt von Scholz kommt in einer Zeit der Anti-China-Stimmungsmache seitens der Biden-Regierung in den USA und bei US-Verbündeten. Die Folge ist eine Reihe von Maßnahmen, die gegen die Volksrepublik gerichtet sind. Sie reichen vom Boykott ausgewählter chinesischer Unternehmen bis hin zum  diplomatischen Olympia-Boykott. Trotz dieses Gegenwindes ist Hamburg nach wie vor ein pragmatischer und zuverlässiger Geschäftspartner der Volksrepublik. 

China ist derzeit der größte Handelspartner Deutschlands. Der Hamburger Hafen spielt dabei eine Schlüsselrolle. Nach offiziellen Angaben aus der Hansestadt wickelt der Hamburger Hafen über 50 Prozent des deutschen Handels mit China ab. Das bedeutet, dass etwa ein Drittel aller Container, die den Hafen passieren, China als Ursprungs- oder Zielland haben. Fast 900 Hamburger Unternehmen treiben Handel mit China. Und in der Hansestadt sind mit rund 550 Unternehmen mehr chinesische Firmen ansässig als in jeder anderen europäischen Stadt. Das Handelsvolumen dürfte in diesem Jahr außerdem weiter steigen, schon allein aufgrund der Logistik. 

Mittlerweile verkehren wöchentlich über 200 Züge zwischen 20 chinesischen Städten und Hamburg. Dazu kommen mehr als elf Schifffahrtsverbindungen. Diese Verkehrsverbindungen machen die Nordmetropole für chinesische Firmen zu einem Tor nach Europa, sowohl auf dem Land- als auch auf dem Seeweg. Vor allem die Landverbindungen haben durch die Seidenstraßeninitiative neuen Schub erhalten. Im Oktober 2021 kam mit dem ersten Shanghai-Express eine weitere Bahnverbindung hinzu, die 50 Container mit Autoteilen, Kleidung und Solarzellen nach Hamburg brachte. Nach einer anfänglichen Testphase mit einem Zug pro Woche soll die Verbindung in Zukunft noch frequentierter befahren werden. 

Dies ist eine beruhigende Nachricht für den deutschen Einzelhändler TEDi, der Geschäfte in acht europäischen Ländern betreibt. Bis 2022 sollen es 5000 Ladenfilialen sein. Das Unternehmen TEDi, das in Hamburg seine 2000. Filiale eröffnete, verkauft eine breite Palette von Non-Food-Artikeln. Das Sortiment reicht von Badeartikeln und Schreibwaren bis hin zu Spielzeug und Accessoires. Ein Großteil der Waren stammt aus China. 

„Es gibt verschiedene Produktkategorien in unseren Geschäften, die wir alle aus China beziehen. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit unseren Partnern zu wachsen. Dabei bevorzugen wir langfristige Beziehungen und zuverlässige Partner”, erklärte Victoria Baykan, Einkaufs- und Beschaffungsmanagerin bei TEDi, vor drei Jahren gegenüber dem Portal Jinhanfair.com am Rande der jährlich stattfindenden Jinhan Fair for Home and Gifts. Die im südchinesischen Guangzhou beheimatete Messe ist für TEDi-Vertreter in Sachen Wareneinkauf ein Pflichttermin im Jahreskalender. 

„Die Sicherung des Warennachschubs hat für uns Toppriorität”, sagte Ingo Ricken, verantwortlich für Import, Zoll und Frachteinkauf bei TEDi, vergangenen November auf einer vom Hamburger Hafen organisierten Veranstaltung für Logistik- und Transportunternehmen. China bleibe einer der wichtigsten Beschaffungsmärkte für sein Unternehmen, so Ricken, da chinesische Firmen ihre Produkte stetig verbesserten. 

 

 

Auf der dritten China International Import Expo (CIIE) in Shanghai präsentierte der Hamburger Hafen am 10. November 2020 im Ausstellungsbereich für Dienstleistungshandel seine Leistungsfähigkeit. 

Seit 2004 veranstaltet die Hamburger Handelskammer im Zweijahresrhythmus eine Wirtschaftskonferenz, um die Beziehungen zwischen China und Europa zu stärken und Unternehmen, Investoren und Entscheidungsträger beider Seiten zusammenzubringen. Die Veranstaltung im November 2021, die aufgrund der Pandemie online stattfand, trug den Titel „Hamburg Summit: China Meets Europe” und bot einige interessante Ansatzpunkte.   

Zunächst das Positive: Seit 2020 ist China größter Warenhandelspartner der EU und überholte damit die Vereinigten Staaten. Europäische Unternehmen, die mit China Geschäfte machen, blicken Umfragen zufolge weiterhin optimistisch in die Zukunft.  

„Die meisten europäischen Firmen, mit denen ich spreche, bewerten die Geschäftsaussichten in China positiv”, sagte Clas Neumann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Außenhandelskammer in China, auf dem Hamburger Gipfel. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage unter deutschen Unternehmen ergab, dass 96 Prozent nicht die Absicht haben, China zu verlassen. 77 Prozent der befragten Betriebe erwarten zudem für 2021 bessere Geschäfte als im Vorjahr. 

Chinas zentrale Rolle im globalen Handel und in der Weltwirtschaft ist nach wie vor unbestritten. Der deutsche Altkanzler Gerhard Schröder, Ehrenvorsitzender des Hamburger Gipfels, sagte, es sei heute wichtiger denn je, ein besseres Verständnis für die Volksrepublik zu entwickeln und den Dialog zwischen China und Europa fortzusetzen. 

„Die globale wirtschaftliche und politische Landschaft hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert”, sagte Schröder im Vorfeld des Hamburger Gipfels. „China schickt sich an, bis 2049 die führende Industrienation der Welt zu werden. Der wirtschaftliche und geopolitische Aufstieg der Volksrepublik geht uns alle an. China ist ein unverzichtbarer Akteur bei der Lösung globaler Herausforderungen wie dem Klimawandel und dem Aufbau widerstandsfähiger Lieferketten”, so der Altkanzler. 

Doch der springende Punkt ist letztlich die Politik. Zwar gibt es zwischen China und Europa auch einige Meinungsverschiedenheiten über wirtschaftliche Fragen wie den Schutz geistiger Eigentumsrechte, den Marktzugang, nichttarifäre Handelshemmnisse oder Protektionismus. Doch handelt es sich dabei um ökonomische Belange, die sich leicht klären ließen, gäbe es da nicht tieferliegende politische Spannungen. Das Beharren der Vereinigten Staaten darauf, China als Konkurrenten, ja sogar als ihren größten Konkurrenten zu betrachten, hat das Wasser merklich getrübt. Und die europäischen Länder sehen sich wegen ihrer Geschäfte mit China Druck seitens der USA ausgesetzt. 

Ein Beispiel dafür ist das Umfassende Investitionsabkommen (Comprehensive Agreement on Investment, kurz CAI), über das China und die EU nun schon seit fast einem Jahrzehnt verhandeln. Die Ratifizierung steht bis heute aus. Das CAI würde die Märkte der jeweils anderen Seite weiter öffnen, Arbeits- und Nachhaltigkeitsstandards für China sicherstellen und einen Streitbeilegungsmechanismus schaffen. 

Allerdings drängte Washington die EU, das Abkommen zu überdenken. Das Europäische Parlament forderte später, es auf Eis zu legen, nachdem die EU einige chinesische Beamte wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen in der Uigurischen Autonomen Region Xinjiang im Nordwesten Chinas mit Sanktionen belegt hatte. Der Schritt wurde als Nachahmung des amerikanischen Beispiels und des Drucks der USA interpretiert und löste Gegensanktionen von chinesischer Seite aus. Wie Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen Handelskammer in China, auf dem Hamburger Gipfel sagte: „Wir werden politisiert, ob wir wollen oder nicht.” 

Eine Möglichkeit, im laufenden Jahr Fortschritte zu erzielen, könnte im Vorantreiben des besagten Investitionsabkommens bestehen. Der Vorgang würde zwar ein gewisses Geben und Nehmen mit sich bringen, doch nach der Ratifizierung wäre sichergestellt, dass die Handelsbeziehungen zwischen China und der EU in gutem Fahrwasser blieben. Da das CAI einige Anliegen der EU aufgreift, die denen der USA sehr ähneln, könnte die EU nach Meinung einiger Experten nach der Ratifizierung als Brücke zwischen Beijing und Washington fungieren. 

Nicht zuletzt kündigte die EU am 1. Dezember ihre neue Global-Gateway-Strategie an. Sie soll bis 2027 bis zu 300 Milliarden Euro mobilisieren. Ihr Zweck: „Intelligente, saubere und sichere Verbindungen in den Bereichen Digitaltechnik, Energie und Verkehr fördern und die Gesundheits-, Bildungs- und Forschungssysteme weltweit stärken”, so heißt es. 

Einige sehen darin eine Anti-China-Initiative, den Versuch, der Neuen Seidenstraße im „Buhlen um Einfluss, Bündnisse und vorrangigen Zugang zu strategischen Ressourcen in fernen Ländern” Konkurrenz zu machen. 

Ich persönlich glaube nicht, dass wir so pessimistisch sein müssen. Nachahmung ist schließlich die aufrichtigste Form der Bewunderung. Trotz des negativen Tenors vieler westlicher Medien in Bezug auf die Chinas Seidenstraße muss es sich in den Auge des Westens offensichtlich doch um eine gute und wirksame Initiative handeln, da die EU sich ihr nun anschließt, ebenso wie US-Präsident Joe Biden mit seiner “Build Back Better”-Initiative. 

Und da Chinas „Belt and Road“ bereits einige der Verbindungen geschaffen hat, die die Global-Gateway-Initiative zukünftig anstrebt, bietet sich letztlich doch nichts mehr an, als die beiden Visionen zu verbinden, so wie es die Seidenstraßeninitiative mit der Agenda 2063 getan hat – der Entwicklungsvision der Afrikanischen Union. Dies würde allen Beteiligten Geld, Zeit und Umstände ersparen. 

Zurück zum Hamburger Gipfel, auf dem sich sowohl die Kritiker als auch die Befürworter Chinas einig waren, dass es trotz aller Unterschiede einer engen Zusammenarbeit zwischen China und Europa bedarf, wenn man den aktuellen globalen Herausforderungen etwas entgegensetzen will. „Krisen wie der Klimawandel, Pandemien oder Migrationsströme machen nicht an nationalen Grenzen halt”, erklärte Gehard Schröder. „Die internationale Gemeinschaft wird derartige Herausforderungen nur gemeinsam bewältigen können.“ 

So plant China beispielsweise, bis 2060 klimaneutral zu werden. Doch mit der Unterstützung deutscher Unternehmen und Technologien könnte dies noch schneller erreicht werden, sagte Schröder. Andererseits, so Dennis She, Präsident für globalen Vertrieb und Marketing beim chinesischen Solartechnologieanbieter LONGi, verfügen chinesische Firmen über Fachwissen im Bereich der grünen Energietechnologie, insbesondere der Solarenergie, und können Europa bei der Bekämpfung des Klimawandels deshalb ebenfalls unter die Arme greifen. 

*Sudeshna Sarkar ist Journalistin und Redakteurin mit Lebensmittelpunkt in Beijing. Als ehemalige Kommentatorin für das Regionalhörfunkprogramm der Deutschen Welle verfolgt sie die Entwicklung Chinas, seine Kultur und seine internationalen Beziehungen. 

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