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Wenn beim Nachbarn Krieg herrscht
Von Kathryn Lee & Mara Lee Durrell  ·   2015-11-16  ·  Quelle:Beijing Rundschau
Stichwörter: Flüchtlingskrise;Syrien
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Gefährdete Gesundheit 

Die Anstrengungen, humanitäre Hilfe und medizinische Versorgung für die syrischen Flüchtlinge zugänglich zu machen, treffen auf viele Hindernisse, die für Flüchtlingssituationen typisch sind. Aber die Organisationen treffen auch auf neue, nicht vorhersehbare Herausforderungen. Die Versorgung der Grundbedürfnisse, wie Nahrung, Wasser, Unterkunft und Treibstoff, ist wie in jeder anderen humanitären Krise eine Priorität, aber die syrischen Flüchtlinge leiden auch in großer Zahl an nicht übertragbaren Krankheiten, was das traditionelle Modell der Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge zusätzlich verkompliziert. 

„77 Prozent aller Todesfälle gehen auf nicht übertragbare Krankheiten zurück", sagt Jon Gunnarsson von Médecins Sans Frontières (MSF), der als Pfleger für Flüchtlinge in Jordanien arbeitet, in einem Interview mit der Webseite für Wissenschafts- und Technik SciDev.net. Er sagte, dass diese Krankheiten zu den dringendsten, doch am wenigsten finanzierten, Gesundheitsrisiken gehörten, mit denen die syrischen Flüchtlinge, die im Bürgerkrieg vertrieben worden seien, konfrontiert seien. Laut MSF gibt es gewöhnlich keine finanziellen Mittel für die langfristige Pflege von nicht übertragbaren Krankheiten. Denn typischerweise konzentriert sich humanitäre Gesundheitsversorgung auf Notfallversorgung und Infektionskrankheiten. 

MSF, die im deutschen Sprachraum als Ärzte ohne Grenzen bekannt sind, und deren Partner gehen davon aus, dass jährlich so viele Syrer an nicht übertragbaren Krankheiten wie im Krieg sterben. Sie arbeiten daran, ihre Pflege für diese Krankheiten, wie Diabetes und Herzkrankheiten, bereitstellen zu können. 

Laut den jüngsten vom UNHCR publizierten Daten, sind 5,6 Prozent aller syrischen Flüchtlinge in einer ernsten medizinischen Notlage, ebenso wie 8,5 Prozent der registrierten irakischen Flüchtlinge. Zugleich berichtet das CIA World Factbook, dass Jordanien nur 7,2 Prozent seines BIPs für Gesundheit bereitstellen kann. Es zeigt auch, dass es im Schnitt nur 2,5 Ärzte und 1,8 Krankenhausbetten für 1000 Bürger Jordaniens gibt. 

Behandlung notwendig 

Jordanische Gesundheitseinrichtungen, die am nächsten zur syrischen Grenze sind, sind überfordert damit, die Verwundeten zu versorgen und vernachlässigen daher die Pflege der Kranken. „Verletzungen werden behandelt, aber andere medizinische Probleme werden vollkommen ignoriert", schreibt der Forscher Talha Burki in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet. 

Die Bekämpfung von Infektionskrankheiten kann als einer der wichtigsten Schwerpunkte in der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen nicht ignoriert werden. Laut verschiedenen Quellen, einschließlich Burki, gab es zahlreiche bestätigte Fälle von Masern, Mumps sowie Hepatitis A und B unter den Flüchtlingen. Eine dokumentierte Typhusepidemie in Idleb, Syrien, weckte auch Befürchtungen, dass sich Typhus unter den Flüchtlingen in Jordanien verbreiten könnte. 

Andere, unter normalen Umständen leicht zu behandelnde Infektionen, verursachen aufgrund des erschwerten Zuganges zur medizinischen Versorgung mehr Schäden als notwendig. Beispielsweise können laut Burki viele Flüchtlinge die Hautkrankheit Cutaneous Leishmaniasis nicht behandeln lassen. 

Das UNHCR und seine internationalen Partner fordern mehr Ressourcen, um die notwendige Präventionspflege anbieten zu können, um Ausbrüche von Infektionskrankheiten eindämmen zu können. Impfkampagnen sind notwendig, um gefährdete Bevölkerungsgruppen zu schützen und gezielte Kampagnen können beachtliche Ergebnisse zeigen. 

Im November 2012 führte Jordanien eine erfolgreiche Masernimpfkampagne durch, die 125.000 Flüchtlinge in den Städten erreichte. Da kein Ende der Krise in Sicht ist und sich die Lebensbedingungen und das Gesundheitssystem weiter verschlechtern, warnen Experten, dass es zu deutlich mehr Fällen von Infektionskrankheiten kommen könne. Burki sagt voraus: „Je mehr Zeit vergeht, desto mehr wird das immer schlechter werdende Gesundheitssystem deutliche Folgen für die Verbreitung der Infektionskrankheiten haben." 

Gegenwärtig können nur 60 Prozent der Flüchtlinge in den Städten ihren Bedarf an Gesundheitsversorgung decken. Damit eingerechnet sind auch schwangere Frauen, die die Schwangerschaftsvorsorge und die Geburt gezwungenermaßen aus eigener Tasche bezahlen müssen, obwohl sie es sich eigentlich nicht leisten können, zeigt der 3RP Bericht. Die 3RP-Koalition schätzt, dass in den Flüchtlingslagern rund 20 Prozent der Schwangerschaftsvor- und -nachsorge nicht gedeckt sind. Auch bekommen nur rund 50 Prozent der kriegsverletzten Flüchtlinge in Jordanien die notwendige Pflege. 

Finanzielle Bedürfnisse 

Die syrische Situation ist die größte humanitäre Krise der letzten Jahre, die sich auch auf den weltweiten Frieden und die globale Sicherheitslage auswirkt. Dutzende von Organisationen unterstützen Jordanien dabei, die stetig wachsende Flüchtlingspopulation zu versorgen, aber immer mehr auch dabei, die gefährdeten Bevölkerungsgruppen des Gastgeberlandes. Die 200 Partner im 3RP glauben, dass „die internationale Gemeinschaft keine Wahl hat, als sich mit den stetig wachsenden Bedürfnissen der Flüchtlinge und denen der sie beherbergenden Gemeinschaften und Staaten, auseinanderzusetzen." 

Die Koalition berichtet, dass seitdem der erste Regional Response Plan im März 2012 veröffentlicht worden war, mehr als 5,8 Milliarden USD an Hilfsorganisationen gespendet wurden. Allein im Mai war es mehr als eine Milliarde USD. Aber die 3RP-Partner drängen: „Es werden mehr Mittel für dringende Eingriffe gebraucht, um die dringendsten humanitären Bedürfnisse zu decken und die Resilienz der Individuen, Gemeinschaften und Institutionen zu stärken." 

Die internationale Gemeinschaft hat 4,5 Milliarden USD für den 3RP zugesagt, aber bis zu diesem Sommer wurden erst 23 Prozent der Mittel zugänglich gemacht. Das macht es für die Organisationen unglaublich schwierig, ihre Dienste effizient zu gestalten, da sie mit der ständigen Befürchtung arbeiten müssen, dass ihre Pläne doch nicht finanziert werden. 

Um den Verlauf dieser komplexen humanitären Krise zu verändern, ist es eine enorm große Aufgabe, die Last, die auf der gefährdeten Bevölkerung liegt, zu verringern und die Standards der Pflege zu verbessern. Dies trifft besonders auf ein Land wie Jordanien zu, wo laut dem 3RP-Bericht rund 84 Prozent der 628.000 Flüchtlinge außerhalb der Flüchtlingslager leben. Sie wohnen in urbanen oder ländlichen Gebieten, über das ganze Land verteilt, in immer stärker überfüllten Substandardunterkünften. Die zu versorgen, die es am dringendsten brauchen, wird so immer schwieriger. 

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