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Frauenpower auf dem Land: Wie eine Tsinghua-Absolventin ihre eigene Farm gründete

Von Wang Ruying  ·   2024-03-13  ·  Quelle:german.chinatoday.com.cn
Stichwörter: Frauenpower;Landwirtschaft
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Tsinghua-Postdoktorandin, Gründerin der Shared-Harvest-Farm, Co-Vorsitzende der Organisation URGENCI für nachhaltige Landwirtschaft, Young Global Leader die Liste der Titel, mit denen man Shi Yan beschreiben kann, ist lang und eindrucksvoll. Sie selbst bezeichnet sich allerdings immer noch am liebsten als eine „Neubäuerin“. Seit Jahren lebt und arbeitet die bescheidene junge Frau der Generation Y nämlich auf dem Land. Ihr großer Traum: Chinas ländlichem Raum neues Leben einhauchen, das Land wieder ordentlich in Schwung bringen. In jahrelanger Arbeit hat sie sich mit viel Liebe und Herzblut auf dem Land eine eigene Bio-Farm aufgebaut und sich damit einen Traum erfüllt. Damit inspiriert die 42-Jährige auch andere junge Menschen, ihr Glück auf dem Land zu finden. 

   

Erntezeit! Stolz präsentiert Shi das frisch geerntete Gemüse. Die Geschäfte laufen gut, die Farmgründerin hat daher gut lachen. (Foto zur Verfügung gestellt von Shi Yan)  

Von der Elite-Uni aufs Feld 

Im Bachelor studierte Shi Yan Agrarwirtschaft und ländliches Management an der Universität für Agrikultur in Hebei. Anschließend absolvierte das junge Energiebündel ihr Masterstudium an der renommierten Renmin-Universität, wo sie letztlich auch promovierte. Nach ihrer Promotion wechselte Shi an die Tsinghua-Universität, wo sie drei Jahre als Postdoktorandin arbeitete. Trotz ihres hohen Bildungsabschlusses traf die smarte Kreative letztlich eine unkonventionelle Lebensentscheidung, die mancher kaum nachvollziehen konnte: Landwirtin zu werden! 

Die Idee reifte aber keineswegs über Nacht. Schon während ihres Studiums erkannte Shi, dass es in Chinas ländlichem Raum viele Herausforderungen gab. Eine überalterte Bevölkerung, zurückgelassene Kinder, übermäßiger Pestizid- und Düngemitteleinsatz Probleme wie diese brachten die intelligente junge Frau zum Nachdenken. Gab es denn kein Modell, um eine nachhaltige Entwicklung auf dem Land zu erreichen? Um Antworten zu finden, beschloss die junge Doktorandin kurzerhand, selbst aufs Land umzusiedeln und sich vor Ort ein eigenes Bild zu machen. 

Während ihres Masterstudiums hatte Shi die Chance erhalten, in die USA zu gehen und dort auf einem Bauernhof in Minnesota mitanzupacken. Ein halbes Jahr arbeitete sie dort Seite an Seite mit den örtlichen Landwirten. Die Betriebskonzepte der US-Farm inspirierten die Masterstudentin. Nach und nach erkannte sie: Mit dem gesellschaftlichen Fortschritt wächst die innere Kluft zwischen Mensch und Land. Immer weniger Leute wissen, woher die Lebensmittel auf ihrem Teller eigentlich stammen, ob sie sicher sind oder nicht. „Auf der anderen Seite erhalten die Produzenten der Agrargüter, sprich die Landwirte in der klassischen Landwirtschaft, oft nur zehn bis 20 Prozent des Endverkaufspreises ihrer Waren“, kritisiert sie.Es ist also sowohl für die Bauern als auch für die Verbraucher schwierig, von der traditionellen Landwirtschaft zu profitieren.“ 

Um dieses Problem zu lösen, beschloss Shi, eine eigene Farm zu gründen, gestützt auf ein neues Landwirtschaftsmodell: die Solidarische Landwirtschaft (Community Supported Agriculture, kurz CSA). Das CSA-Modell schlägt gezielt eine Brücke zwischen Verbrauchern und Landwirten. „Die Konsumenten bezahlen den Bauernhof im Voraus für die Agrarprodukte und die Bauern liefern ihnen dafür jede Woche verlässlich gesunde und pestizidfreie Bio-Qualitätswaren“, beschreibt sie das Konzept. 

„Durch dieses Modell wissen die Verbraucher nicht nur, woher die Aromen auf ihrem Tisch stammen, sondern sie erhalten auch frische Bioprodukte zu vergleichsweise günstigen Preisen“, erklärt uns die energiegeladene Gründerin. „Außerdem haben die Leute bei uns die Chance, etwas über den Anbau zu lernen und selbst mit anzupacken. Das hilft, besser zu verstehen, wie wir mit dem ländlichen Raum verbunden sind“, sagt sie. Auch die Bauern profitierten von dem neuen Modell. „Zum einen müssen sie sich nicht mehr selbst um die Vermarktung ihrer Erzeugnisse kümmern“, sagt Shi, und könnten sich so mehr auf den Anbau konzentrieren. „Zum anderen erhalten sie ein üppigeres Einkommen, da es beim CSA-Modell keine Zwischenhändler gibt. Die Bauern auf unserem Hof verdienen sich so ein gutes Auskommen.“ Darauf ist die 42-Jährige stolz. 

   

Landidylle zum Anfassen – Die Shared Harvest-Farm (Foto zur Verfügung gestellt von Shi Yan)  

Shi selbst bezeichnet sich selbst gerne als „Neubäuerin“ oder Landwirtin der neuen Generation. Es sei auch die Liebe zur Natur, die sie aufs Land geführt habe. Neubauern wie sie seien Menschen, die bewusst aufs Land gingen, um dort zu leben und zu arbeiten, sich eine Existenz aufzubauen, erklärt sie. Die 42-Jährige versteht etwas von Landwirtschaft und bringt zudem die nötige Portion Herzblut mit. Als Teil der Neubauer-Community hat Shi ihren Traum zur Realität gemacht. Sie nutzt heute ihr Know-how, um dem ländlichen Raum frische Ideen und neues Leben einzuhauchen. 

Chinas neue Bauern kurbeln die Landwirtschaft an 

Erst einmal ausgesät, trieb die Saat des CSA-Modells rasch stattliche Triebe. Heute ist sie zu einem imposanten Baum mit unzähligen Zweigen herangewachsen, strotzt vor Vitalität und Lebenskraft. Als CSA-Vorreiterbetrieb erwirtschaftet Shis Bauernhof schon heute einen Jahresumsatz von über zehn Millionen Yuan. Derzeit gebe es in China landesweit etwa 2000 Höfe, die auf das Modell der Solidarischen Landwirtschaft setzten, sagt Shi. 

Mit dem Wachstum des CSA-Netzwerks hat sich auch die von den Bio-Bauernhöfen angebotene Produktpalette stetig erweitert. Shi sagt: „Zu Beginn boten viele Höfe nur Obst und Gemüse aus biologischem Anbau an. Heute bekommt man quasi alle Güter des täglichen Bedarfs, etwa Reis, Mehl, Öl, Sojasauce, Essig, Tee und sogar Pfeffer, alles organisch angebaut.“ Darüber hinaus böten die Höfe auch Snacks aus organischen Rohstoffen an. „Das hat die Landwirtschaft hier merklich belebt. Die Verbraucher können beruhigt eine Vielzahl von Bio-Produkten von Höfen ihres Vertrauens genießen und die Bauern erhalten ein höheres Einkommen.“ 

   

Qual der Wahl: Das Sortiment an Bio-Produkten ist so groß, dass die Kaufentscheidung manchmal schwer fällt. (Foto zur Verfügung gestellt von Shi Yan)  

Neben den enormen wirtschaftlichen Vorteilen, die das CSA-Modell bringt, ist Shi besonders stolz darauf, dass die Solidarische Landwirtschaft auch Abhilfe in Sachen Verschmutzung und Verschwendung schafft. In diesem Aspekt war die traditionelle Landwirtschaft vielerorts lange ein Sorgenkind. Die engagierte Doktorandin erklärt uns: „Normalerweise erfodert der Markt die Standardisierung landwirtschaftlicher Produkte, was zwangsläufig zu einem erheblichen Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden und Desinfektionsmitteln führt. Erzeugnisse, die den sogenannten ‚Standard‘ verfehlen, landen nicht selten im Müll. Weltweit wird so ein Drittel der Lebensmittel verschwendet. Die Kosten dieser Verschwendung und Umweltverschmutzung trägt am Ende aber jeder Einzelne.“ 

Shis erfolgreicher CSA-Betrieb dagegen eröffnet der Agrarentwicklung neue Perspektiven. Da ihr Bauernhof völlig auf den Einsatz von chemischen Mitteln verzichte, gebe es während des Anbauprozesses keinerlei Umweltverschmutzung, gibt Shi stolz zu Protokoll. Es handele sich um einen absolut umweltfreundlichen und nachhaltigen Ansatz. „Meine Philosophie ist, nicht die höchste Produktionsmenge anzustreben, sondern die optimale Produktionsmenge“, sagt die junge Farmbetreiberin. „Sprich: Unser Ziel ist es, die Produktionsmenge unter Voraussetzungen zu optimieren, die die Umwelt nicht zerstören und die Gesundheit der Menschen nicht beeinträchtigen.“ 

Beim Landwirtschaftsbetrieb nutze man eine Vielzahl öffentlicher Güter, sagt die 42-Jährige. Damit seien zum Beispiel natürliche Ressourcen wie Boden, Luft und Wasser gemeint. Die Bauern wandelten diese Naturressourcen in Nahrungsmittel um. „Dabei müssen sie Verantwortung für die Qualität und Sicherheit der Lebensmittel übernehmen“, betont die Bio-Farmbetreiberin. 

   

Mensch und Natur in Harmonie: Shis Farm setzt auf ökologischen Anbau. (Foto zur Verfügung gestellt von Shi Yan)  

Frauenpower auf dem Feld 

Frauen seien ein wichtiger Teil des ländlichen Aufschwungs in China. Sie engagierten sich als Erbauerinnen der ländlichen Gemeinschaft, seien Teilnehmerinnen des ländlichen Wirtschaftsaufschwungs und Gestalterinnen der ländlichen Kultur, sagt Shi. Es sei daher wichtig, auch weiterhin das Engagement der Frauen auf dem Land zu entfalten. 

Neubäuerin Shi lebt und arbeitet mittlerweile schon seit einigen Jahren auf dem Land. In der weiblichen Community vor Ort ist sie längst bestens vernetzt. Frauen könnten im landwirtschaftlichen Bereich mit vielen Stärken punkten, sagt sie. Ihre Geduld und Sorgfalt führten dazu, dass sie mehr Wert auf Details legten und so bessere Ergebnisse in der Landwirtschaft erzielten, ist sie überzeugt. Dass landwirtschaftlicher Arbeit oft der Ruf harter körperlicher Arbeit anhafte, weshalb sie als Männerdomäne gelte, hält Shi für ein Klischee. „Frauen haben das gleiche landwirtschaftliche Geschick wie Männer und arbeiten auf demselben hohen Niveau“, betont die Powerfrau. 

Darüber hinaus übernähmen Frauen ganz selbstverständlich soziale Verantwortung. „Frauen neigen zu umweltfreundlicheren Anbau- und Managementmethoden und legen großen Wert auf Nachhaltigkeit“, sagt die Gründerin. „Gleichzeitig achten Frauen stärker auf wirtschaftlichen Nutzen beim Landwirtschaftsbetrieb. Ihr smartes Engagement schlägt sich daher oft in höheren landwirtschaftlichen Erträgen und Verkaufszahlen nieder“, schwärmt sie. Shi Yan weiß, wovon sie spricht. Schließlich ist sie seit vielen Jahren selbst als Frau in der Landwirtschaft tätig. 

   

Ausgelassene Stimmung: Frauen tanzen mit Shi auf dem Bauernhof (Foto zur Verfügung gestellt von Shi Yan)  

Die Postdoktorandin selbst setzt ein Zeichen in Sachen chinesischer Frauenpower. Sowohl mit Blick auf ihre akademische Laufbahn als auch die Unternehmensgründung ist sie für viele Frauen zum Vorbild geworden. Ihr Engagement dürfte dazu beitragen, mehr ihrer Geschlechtsgenossinnen dazu anzuspornen, die „gläserne Decke“ zu durchbrechen und Frauenpower zu leben. Zum Internationalen Frauentag am 8. März ermutigt Shi ihre Geschlechtsgenossinnen, das eigene Potential zu entfalten: „Jeder Mensch ist einzigartig. Macht euch also keine Sorgen, lauft nicht dem Trend hinterher, seid einfach ihr selbst“, gibt sie anderen Frauen mit auf den Weg. Sie selbst geht hier mit gutem Beispiel voran. 

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