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Alpensound trifft Pekingoper: Musikalischer Austausch stärkt die Freundschaft zwischen China und Österreich |
Von Jia Jianxin · 2023-06-19 · Quelle:german.chinatoday.com.cn |
Stichwörter: Österreich;China | Druck |
China und Österreich blicken auf eine lange Geschichte des Kulturaustausches zurück. Insbesondere die Aufnahme offizieller diplomatischer Beziehungen am 28. Mai 1971 verlieh dem kulturellen und künstlerischen Dialog zwischen beiden Ländern neuen Schub. Gemeinsam haben die kleine Alpenrepublik im Herzen Europas und die ostasiatische große Volksrepublik darauf hingewirkt, geografische Distanzen zu überwinden und geistige und emotionale Nähe zu schaffen. Ganz im Sinne der alten chinesischen Weisheit, dass „Freunde meilenweit voneinander entfernt sein mögen, sich aber dennoch so nahe wie Nachbarn sind“.
Mit dem Eintritt ins 21. Jahrhundert haben sich die Bereiche des Austausches und der Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern kontinuierlich erweitert. Und auch die Tiefe und Qualität des Dialogs haben zugenommen. Ob national oder lokal, im öffentlichen oder privaten Sektor, im Unternehmens- oder Bildungsbereich – Kulturaustausch und Kooperationen im chinesisch-österreichischen Kontext florieren, und das in unterschiedlichsten Bereichen. Woran ich mich persönlich noch immer lebhaft erinnere, ist, dass ich in den 1980er Jahren zwei österreichische Volksmusikgruppen für mehrere Auftritte in China begleitet habe. Durch dieses Erlebnis wurde mir zutiefst bewusst, wie sehr Kulturaustausch und gegenseitiges Lernen zwei Völker näher bringen und emotionale Bande knüpfen können.
An einem warmen Frühlingstag im April 1983 war Wolfgang Wolte, der fünfte österreichische Botschafter in China, zu Gast im chinesischen Kulturministerium in Beijing. Wolte schlug vor, das Doppelsextett Velden und die Klagenfurter Volksmusik nach China einzuladen. Ein eher überraschender Vorschlag. Handelt es sich bei beiden Gruppen doch um künstlerische Laiengruppen, die sich aus ganz normalen Hobbymusikern zusammensetzen – ein Gesellschaftsquerschnitt vom Universitätsprofessor bis hin zu einfachen Arbeitern, Landwirten und Hausfrauen. In ihrer Freizeit, meist am Wochenende, kam diese bunte Truppe zusammen, um gemeinsam zu singen und zu musizieren und sich auf gemeinsame Auftritte vorzubereiten.
Österreich gilt als Wiege der Musik. Der einzigartige Volksliedgesang der Alpenrepublik ist weltbekannt und einzigartig. Zwar handelt es sich bei vielen Gruppen um Laienensembles, doch musikalisch können diese echten Profis problemlos das Wasser reichen. Von daher traf der Vorschlag des Botschafters auch auf ein positives Echo. Die Auftritte in China versprachen eine wichtige Referenz für den Volksliedgesang und die Kulturarbeit in China zu werden. Die Kulturämter der Provinzen Shaanxi und Gansu hießen den musikalischen Besuch entsprechend herzlich willkommen.
Am 25. August 1983 war es soweit: das Doppelsextett Velden, ein Ensemble der Klagenfurter Volksmusik und ein Filmteam von ORF Radio Kärnten trafen in Beijing ein, insgesamt umfasste die Delegation mehr als 40 Teilnehmer. Bereits am Flughafen bereiteten chinesische Musikerkollegen den Gästen einen herzlichen Empfang. Das große Hallo und die Blumen ließen die Musiker die Strapazen der langen Reise schnell vergessen, ja, sie ließen sich gar spontan dazu hinreißen, noch in der Flughafenhalle das österreichische Volkslied „A Bam is ka Grasle“ anzustimmen.
Am Folgetag gaben die Musikanten ihren ersten Auftritt im Beijinger Volkstheater. Die Nachricht, dass eigens aus Österreich angereiste Musiker die berühmten Werke von Mozart, Schubert und Strauss in der Hauptstadt aufführen würden, verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die mehr als 2000 Tickets für die Uraufführung waren im Handumdrehen ausverkauft. Das Volkstheater war an diesem Abend bis auf den letzten Platz gefüllt.
Die Musiker spielten und sangen berühmte Melodien und Lieder österreichischer Meister und führten auch viele in Österreich beliebte Volkslieder und Tänze auf. Nachdem der letzte Ton des Auftaktstücks „An der schönen blauen Donau“ von Johann Strauss jr. verklungen war, brach das Hauptstadtpublikum in begeisterten Applaus aus. Anschließend stimmten die Musiker alpenländische Volkslieder wie „Schau i vom Berglan“ an. Der tiefe und weiche Bariton, der helle und klangvolle Sopran sowie die ausdrucksstarken und rhythmischen Tanzbewegungen zogen das Publikum direkt in ihren Bann. Nach dem humorvollen und mitreißenden „Platter“, ein Tanz, der untermalt von harmonischen Gesangsklängen das Leben der Alpenbewohner zeigt, wollte der Applaus des Publikums gar nicht mehr abreißen. Nach der Premiere zeigte sich Hans Kraschl, Chorleiter des Doppelsextetts Velden, begeistert: „Wir hatten vor unserer Abreise gehört, dass das chinesische Publikum eigentlich nicht zu frenetischem Beifall neigt. Diese Aussage hat sich heute aber als völlig falsch erwiesen.“
Österreich trifft Beijing: Die Volksmusikkünstler beim Besuch des Himmelstempels. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Jia Jianxin)
Der spektakuläre Auftritt der österreichischen Musiker löste in Beijings Literatur- und Kunstkreisen starke Resonanz aus. Zhao Feng, Ehrendekan des Zentralen Musikkonservatoriums, sagte: „Diese Aufführung war wirklich eine große Inspiration und intellektuelle Bereicherung für die Menschen hier. Die Volksmusiker aus Österreich haben den Klang von Mozart, Schubert und Strauss zu neuem Leben erweckt. Wir sind mit den Stücken dieser Großmeister groß geworden. Von daher war die Aufführung für chinesische Musikliebhaber ein ganz besonderer Moment. Die wunderbaren Darbietungen haben uns tief im Herzen berührt.“
Als zweite Station steuerten die österreichischen Musiker dann die Stadt Xi'an an, die Heimat der berühmten Terrakottakrieger. Das Publikum in der Millionenmetropole im Nordwesten des Landes hat normalerweise eine Vorliebe für die Qinqiang-Oper und die klanggewaltigen lokalen Volksgesänge des Xintianyou. Doch die Xi'aner fanden auch an den himmlischen Klängen aus der Ferne schnell ihre Freude. Die österreichischen Musiker gaben in mehreren Gesangsrunden alpenländische Volkslieder zum Besten und das Publikum war ganz Ohr. Obwohl die chinesischen Zuhörer die Texte nicht verstanden, genossen sie doch die vollen, sanften und vielschichtigen Harmonien.
In der Heimat der Terrakottakrieger: Auftritt der österreichischen Künstlerinnen und Künstler in Xi'an. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Jia Jianxin)
Die österreichischen Musiker tauschten vor Ort auch Erfahrungen mit dem Stadtchor von Xi'an aus. Sie hörten sich den Gesang des „Partisanenlied“ an und besuchten eine Aufführung der Imitation von Musik und Tänzen aus der Tang-Dynastie des Gesangs- und Tanztheaters der Stadt. Besonderes Interesse weckten die bei der Aufführung verwendeten traditionellen chinesischen Musikinstrumente wie Guzheng, Pipa, Lusheng und Yangqin. „Ich habe hier die Vorfahren vieler in Europa gebräuchlicher Musikinstrumente gefunden“, sagte Dr. Guenther Antesberger, der damalige Leiter der Klagenfurter Volksmusik. „Die mehrstimmige Zither, die wir im Orchester verwenden, soll einst über die alte Seidenstraße ihren Weg nach Europa gefunden haben. Das überzeugendste Beispiel aber ist die Lusheng, ein chinesisches Mehrpfeifeninstrument aus Bambus aus der Tang-Dynastie, das sich nach seiner Einführung in Europa nach und nach zu den Pfeifenorgeln entwickelt hat, die wir in Europa heute oft in Kirchen und Konzertsälen verwenden.“
Keine Berührungsängste: Ein österreichischer Musiker experimentiert bei seinem Besuch in Xi’an mit dem Klang traditioneller chinesischer Instrumente. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Jia Jianxin)
Als die Musiker ihre dritte Station erreichten, die Stadt Lanzhou in Gansu, war dort gerade die Obsterntezeit. Die Österreicher besuchten kurzerhand einen örtlichen Bauernmarkt am Gelben Fluss und kosteten die berühmte Bailan-Melone und die bekannten Liangzhou-Honigpfirsiche.
Im Großen Theater in Lanzhou sangen sie nicht nur „An der schönen blauen Donau“ und das Alpenlied „Udler“, sondern performten auch chinesische Titel, unter anderem das nordwestchinesische Volkslied „Regenbogenschwester“ sowie das Volkslied „Jugendvogel“ aus Xinjiang. Auch in Lanzhou ernteten die Musiker mit ihrem wunderbaren Gesang und ihrer fulminanten Darbietung begeisterten Beifall. Und wie schon in Xi’an ließen es sich die Musiker nicht nehmen, in die lokale Musik- und Kunstszene einzutauchen. Sie sahen sich die Aufführung „Blumenregen entlang der Seidenstraße“ des Gesangs- und Tanztheaters Gansu an und beteiligten sich im Baitashan-Park an einer Party mit lokalen Literatur- und Kunstschaffenden, bei der sie lernten, Volkslieder wie „Blumen“ und „Die Mädchen von Alishan“ zu singen.
Beim Abschiedsbankett, das vom Kulturamt der Provinz Gansu für die Gäste veranstaltet worden war, hoben die Gäste und Gastgeber häufig die Gläser und stießen auf die kontinuierliche Entwicklung der chinesisch-österreichischen Völkerfreundschaft an. Der österreichische Künstler Manfred Heissenberger brachte es damals gut auf den Punkt: „Wir sind gekommen, um Freundschaft zu schließen und China kennenzulernen. Zwar mögen China und Österreich Tausende von Kilometern voneinander entfernt sein, doch das Band der Musik verbindet uns.“
Musik verbindet über Sprach- und Landesgrenzen: Österreichische Künstler tauschen sich mit Volkssängern aus Gansu aus. (Foto mit freundlicher Genehmigung von Jia Jianxin)
Mittlerweile liegt der erste Chinabesuch der österreichischen Musiker vier Jahrzehnte zurück. In der Zwischenzeit haben sich China, Österreich und Europa dramatisch verändert. Doch der Kulturaustausch und das gegenseitige Lernen zwischen China und Österreich sind nach wie vor von großer Vitalität geprägt. Drei Jahre nach dem Ausbruch der Pandemie traten die Wiener Symphoniker, eines der renommiertesten und traditionsreichsten Symphonieorchester Europas, vor kurzem in China auf. Vor dem Hintergrund, dass die europäische Kulturindustrie derzeit nicht gegen geopolitische Probleme gefeit ist, sagte Jan Nast, Intendant des Starensembles, jüngst in einem Interview mit der Nachrichtenseite Oushinet.com: „Der Zweck unserer Tournee ist es, Kontakt mit dem chinesischen Volk herzustellen und dem chinesischen Publikum die Stimme Wiens zu vermitteln. Die Rolle der Kunst als Katalysator für die Beseitigung politischer Vorurteile darf nicht unterschätzt werden.“
Auf Grundlage gegenseitigen Respekts und gegenseitiger Wertschätzung haben China und Österreich, die über herausragende und einzigartige kulturelle Traditionen verfügen, den interkulturellen Austausch seit jeher als den dynamischsten Teil ihrer Beziehungen betrachtet. Gute zwischenstaatliche Beziehungen hängen von der Freundschaft der Völker untereinander ab. Und Völkerfreundschaft beruht letztlich auf Völkerverständigung. Der enge Kontakt zwischen den führenden Persönlichkeiten Chinas und Österreichs hat eine solide Grundlage für den Kulturaustausch zwischen beiden Ländern gelegt. In Zukunft sollten wir noch mehr kulturelle Austauschaktivitäten zwischen China und Österreich durchführen und die bilaterale Zusammenarbeit in diesem Bereich weiter vertiefen, damit die Freundschaft zwischen beiden Ländern tiefere Wurzeln in den Herzen der Menschen schlägt und von Generation zu Generation weitergegeben wird.
*Der Autor war zweimal als Botschaftsrat der Kulturabteilung an der chinesischen Botschaft in Österreich tätig und wurde vom österreichischen Bundespräsidenten mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst ausgezeichnet.
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