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Kommentar: China und die USA – ein Fall für Entkopplung und Entflechtung?

Von Gong Ting  ·   2023-09-05  ·  Quelle:german.chinatoday.com.cn
Stichwörter: USA;China;Entkopplung
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Die US-Regierung arbeitet neuerdings daran, den „strategischen Wettbewerb“ mit China weiter zu verschärfen, der darauf abzielt, die gegenseitige Abhängigkeit beider Volkswirtschaften zu verringern. In Washington ist gar die Rede von einer „Entkopplung und Entflechtung“. Ziel sei es, China aus dem bestehenden internationalen Wirtschaftssystem zu „verdrängen“.  

Seit der Trump-Regierung haben Abgeordnete des US-Kongresses immer wieder Gesetzesentwürfe zur Abkopplung und Unterbrechung der Lieferketten mit Blick auf China vorgeschlagen, mit immer extremeren Klauseln. Sie suchen damit vor allem öffentliche Aufmerksamkeit. Obwohl es sich bei der überwiegenden Mehrheit dieser Anträge bisher nur um Vorlagen handelt, die noch nicht in den Beratungsprozess in den beiden Kammern eingetreten sind, wird doch eines glasklar: dass dem Gesamtklima der chinesisch-amerikanischen Beziehungen durch derartige Vorstöße schwerer Schaden zugefügt wird. Der 118. Kongress, in dem sich rechtsextreme Kräfte und anti-chinesische Scharfmacher tummeln, die Nationalismus und Protektionismus propagieren, ist eindeutig noch gefährlicher und extremer als sein Vorgänger. Viele Abgeordnete trachten danach, die Entkopplung und Entflechtung von China in Schlüsselindustrien und Hightech-Branchen noch weiter und intensiver voranzutreiben.   

Seit seinem Amtsantritt hat der neue Kongress eine Reihe von Gesetzesentwürfen auf den Weg gebracht, die auf eine weitgehende oder sogar subversive Entkopplung und Entflechtung abzielen und die sich grob in vier Kategorien einteilen lassen: 

Erstens geht es um Gesetze, die konkrete Entkopplungsmaßnahmen ins Visier nehmen. Dazu zählen eine weitere Verschärfung der Exportkontrollen und die Einführung eines neuen Prüfmechanismus für Investitionen in China. Ein Beispiel hierfür ist der vom demokratischen Senatsvorsitzenden Chuck Schumer eingebrachte „China Competition Act 2.0“. In der Zwischenzeit breitet die Biden-Regierung seit Kurzem neue Vorschriften vor, die darauf abzielen, Direktinvestitionen in China einer kritischen Prüfung zu unterwerfen. Grundlage hierfür ist der „National Critical Capabilities Defense Act“, ein Gesetz, das der Vorgängerkongress bereits 2022 auf den Weg brachte und das ein Novum in 250 Jahren darstellt.  

Zweitens werden auch Gesetzesvorlagen zur Entkopplung in Bereichen formuliert, in denen traditionell eigentlich eine gute Kooperationsbasis zwischen beiden Ländern besteht, darunter die Landwirtschaft sowie die Energie-Branche. So wurde beispielsweise der „Promoting Agriculture Safeguards and Security Act of 2023“ unterbreitet oder der Antrag „Protecting America’s Strategic Petroleum Reserve“, der bereits vom Repräsentantenhaus verabschiedet wurde.  

Der dritte Typ von Novellen zielt darauf ab, unter „extremen Umständen“ in der Taiwanstraße Maßnahmen gegen China ergreifen zu können, einschließlich spezifischer Bestimmungen über wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen.  

Letztendlich handelt es sich in der Breite also um Gesetzesvorschläge, die darauf abzielen, in den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen China und den USA den Rückwärtsgang einzulegen. Bezeichnend ist hier etwa der „China Trade Relations Act“, ein Gesetz zur Beendigung des dauerhaften Status normaler Handelsbeziehungen mit China sowie der „PRC is not a Developing Country Act“, den das Repräsentantenhaus ebenfalls bereits verabschiedet hat.  

Es scheint, als beabsichtige der US-Kongress, die chinesisch-amerikanischen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen völlig auf den Kopf zu stellen, als wolle er nicht nur die Grundlage für die langfristige Entwicklung dieser Beziehungen „zerlegen“, sondern auch ihre zukünftige Ausrichtung „festzurren“, ja, als scheute er nicht, einen Wirtschaftskrieg zu provozieren. Anders als das Weiße Haus, das sich auf eine „präzise Entkopplung“ in wichtigen und neu entstehenden Bereichen fokussiert, neigt der Kongress dazu, diese Irrationalität auf ein breiteres Spektrum auszudehnen. Doch genauso wie zahlreiche Gesetzesentwürfe mit Bezug auf China in der Vergangenheit bereits auf Grund gelaufen sind, stehen auch die jüngsten negativen Schritte des US-Kongresses zur Abkopplung und Unterbrechung der Lieferketten noch immer vor vielerlei Schwierigkeiten. 

In erster Linie stellt sich die Frage, wie die Exekutive damit umgehen wird. Die Biden-Regierung steht beim Thema China-Entkopplung vor einem Dilemma. Einerseits setzen die USA alles daran, sich im Wettbewerb mit China zu behaupten. Andererseits aber können sie sich die hohen Kosten und Gegenreaktionen auf diese Entkopplungsversuche nicht leisten. 

Vor diesem Hintergrund haben die Vereinigten Staaten wiederholt betont, dass sie nicht gewillt sind, sich von China völlig zu entkoppeln, während sie zugleich immer wieder die sogenannte De-Risking-Rhetorik in ihren Beziehungen zu China propagieren. Im Wesentlichen will Amerika durch diese Gratwanderung vor allem eines: nichts verlieren. De-Risking bedeutet, dass die USA Chinas Entwicklung in den Bereichen Hightech und aufstrebende Industrien weiter eindämmen wollen, und zwar mittels Sicherheitsvorwänden, Politisierung und Blockbildung. Hingegen verrät die Anti-Entkoppelungs-Haltung, dass man ein Ausufern und eine irrationale politische Eskalation des Vorgehens vermeiden will. Denn ist ein Gesetzesentwurf, der extreme Maßnahmen vorsieht, erst einmal in Kraft, ist es schwierig, ihn kurzfristig zu widerrufen oder zu entkräften. Dies schränkt den Spielraum und die Flexibilität der künftigen Politik des Weißen Hauses gegenüber China letztlich beträchtlich ein. Überdies nimmt durch die besagten Vorstöße auch die Unsicherheit in den Vereinigten Staaten selbst zu. Die Reaktion des Weißen Hauses auf derartige Gesetzesentwürfe erweist sich damit als immer größere Herausforderung. 

Obendrein stellt sich die Frage, ob solche Gesetzentwürfe unter amerikanischen Industriellen und Geschäftsleuten auf Anerkennung stoßen. Seit Jahresbeginn sind Führungskräfte der US-Wirtschaft immer wieder nach China gereist. Sie haben damit gezeigt, dass sie Chinas wirtschaftliche Aussichten und den chinesischen Markt weiterhin positiv bewerten, und ihre Bereitschaft bekundet, die Geschäfte in China weiter auszubauen. Umfragen der amerikanischen Handelskammer im März und April haben ergeben, dass der Optimismus, was die Geschäftsaussichten in China in den nächsten zwei Jahren angeht, bei den befragten US-Unternehmen wächst. Gestiegen sind zudem die positiven Erwartungen an die wirtschaftliche Erholung Chinas und den chinesischen Binnenmarkt. In der US-Wirtschaft ist die Zurückhaltung gegenüber einer Abkoppelung von China also nach wie vor weit verbreitet, sei es bei Unternehmensgruppen in China oder im Finanzsektor, die beide traditionell aktiv mit China zusammenarbeiten, oder auch bei den Hightech-Unternehmen, ja, sogar bei kleinen und mittelständischen US-Betrieben herrscht dieser Tenor vor. 

Nicht zuletzt spricht auch die Reaktion der internationalen Gemeinschaft Bände. Der US-Kongress setzt sich sehr aggressiv für eine Entkopplung und Unterbrechung der Lieferketten mit China ein. In Wirklichkeit aber handelt es sich bei den Betreibern dieser Politik um eine sehr kleine Gruppe, die nicht den Mainstream der internationalen Gemeinschaft repräsentiert. Die wirtschaftliche Globalisierung bleibt nach wie vor der unumkehrbare Trend unserer Zeit. Und die Beibehaltung einer offenen Weltwirtschaft sowie eines liberalen Handelssystems stellt nach wie vor den allgemeinen Willen der internationalen Gemeinschaft dar. In jüngster Zeit haben die Leiter internationaler Organisationen wie der Vereinten Nationen und des Internationalen Währungsfonds immer wieder die Wichtigkeit von Solidarität bei der Bewältigung globaler Probleme betont und sich klar gegen eine Fragmentierung der Weltwirtschaft ausgesprochen. Auch die Staats- und Regierungschefs mehrerer Industrie- und Entwicklungsländer haben klar ihre Ablehnung gegenüber einer Abkoppelung von China zum Ausdruck gebracht, darunter auch zahlreiche Verbündete und Partner der USA, etwa die Europäische Union. 

Das Wesen der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen China und den USA besteht in gegenseitigem Nutzen und Win-Win. Es geht nicht um ein Nullsummenspiel mit Gewinnern und Verlierern. Die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern dürfen nicht politisiert werden. Wirtschaftliche Globalisierung ist nach wie vor der allgemeine Trend. Friedliche Entwicklung und Win-Win-Kooperation bilden noch immer den Zeitgeist und das Ziel der Weltgemeinschaft. China hält daran fest, seine Öffnung nach außen auf hohem Niveau fortzusetzen und der Welt mit seinem Modernisierungsmodell neue Chancen zu eröffnen. Dafür erntet China in der internationalen Gemeinschaft immer mehr Anerkennung und positives Feedback. Je extremer die politischen Kräfte in den Vereinigten Staaten werden, vor allem im Kongress, die sich für eine Entkopplung und Entflechtung einsetzen, desto mehr werden sie an den Rand gedrängt werden. 

*Gong Ting ist stellvertretende Forscherin an der Abteilung für Amerikastudien des Chinesischen Instituts für Internationale Studien. 

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