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Staatengruppe BRICS: Eine Vorhut für den Globalen Süden

Von Jiang Shixue  ·   2023-08-24  ·  Quelle:german.chinatoday.com.cn
Stichwörter: BRICS
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Entwicklungsmäßig unterteilt sich unsere heutige Welt grundsätzlich in zwei große Gruppen: Die alten Industrienationen, auch Globaler Norden genannt, und die Entwicklungsländer, also der Globale Süden. Beide Gruppen wünschen sich, ihre Position auf der Weltbühne zu stärken. Der Globale Norden, vertreten durch die G7, hat bisher eindeutig das größte Mitspracherecht in allen globalen Angelegenheiten. Andere Organisationen wie die G77 oder die Bewegung der Blockfreien Staaten treten unterdessen für die Interessen des Globalen Südens ein, und das schon seit mehreren Jahrzehnten. Relativ neu sind dagegen die BRICS, eine „Gruppe der Fünf“ gewissermaßen.  

Seit der Gründung vertritt der BRICS-Mechanismus hörbar die Stimme der südlichen Hemisphäre und macht sich für eine gerechtere, ausgewogenere internationale Wirtschaftsordnung stark. Das wurde schon beim ersten BRIC-Gipfel im russischen Jekaterinburg 2009 deutlich. Auf der Agenda standen damals keine geringeren Themen wie die Reform der internationalen Währungsinstitutionen, die Ernährungs- und Energiesicherheit, der Klimawandel sowie die Multipolarität des internationalen Währungssystems. 

Bisheriger Clou der Zusammenarbeit zwischen den BRICS-Mitgliedern war sicherlich die Gründung der Neuen Entwicklungsbank (NDB) im Jahr 2015, eine gemeinsame, multilaterale Entwicklungsbank. Mit dieser neuen Institution setzen die BRICS-Staaten darauf, Ressourcen für Infrastruktur und nachhaltige Entwicklungsprojekte in Schwellen- und Entwicklungsländern zu mobilisieren. 

Ausgesprochenes Ziel der BRICS ist es, in erster Linie die Zusammenarbeit in drei Bereichen zu fördern: politischer, wirtschaftlicher und zwischenmenschlicher Austausch. Aus den gemeinsamen Kommuniqués, die nach jedem Gipfel veröffentlicht werden, geht hervor, dass eine Zusammenarbeit in vielerlei Hinsicht besteht vom Klimawandel bis zu COVID-19, von der Verhinderung der Wüstenbildung bis hin zur internationalen Abrüstung, von Energie bis E-Commerce. Hinzu kommen Bereiche wie Hunger, Menschenrechte, Investitionen und IWF-Quoten, aber auch Handel, Technologie, Sicherheit und nachhaltige Entwicklung. 

Doch abgesehen von der Einrichtung der NDB ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit der BRICS ganz offenkundig noch ausbaufähig. Das liegt vor allem daran, dass die Ländergruppe bisher noch keine substantiellen Maßnahmen zur Erleichterung von Handel und Investitionen zwischen den fünf Mitgliedern ergriffen hat. Indien hat sogar einige Hindernisse für chinesische Unternehmen errichtet, die auf dem indischen Markt Fuß fassen wollen. 

In Bezug auf die Vertiefung der BRICS-Zusammenarbeit kommt dem zwischenmenschlichen Austausch zweifelsohne eine Schlüsselrolle zu. Denn ohne sich besser kennenzulernen, ist es unmöglich, Missverständnisse und Fehleinschätzungen im Prozess der Vertiefung der Zusammenarbeit aus der Welt zu schaffen. Man darf jedoch nicht vergessen, dass die Organisation eines Sportmatches oder die gemeinsame Produktion eines Films zwar hilfreich sein mag, aber nicht wirklich ein Allheilmittel darstellt. Auch hier gilt zudem, dass der Austausch zwischen den Menschen besser auf bilateraler anstatt auf multilateraler Ebene erfolgen sollte. In dieser Hinsicht haben die BRICS also noch einen langen Weg vor sich. 

Die obige Analyse führt dennoch zu dem Schluss, dass sich die BRICS in Zukunft wohl noch stärker in Richtung eines Blocks für den Globalen Süden bewegen dürften. Das heißt, angesichts der Schwierigkeit, die wirtschaftliche Zusammenarbeit und den zwischenmenschlichen Austausch unter den fünf Mitgliedsländern als Ganzes zu fördern, sollte die Staatengruppe ihren Schwerpunkt zukünftig vermehrt auf die politische Zusammenarbeit verlagern. Ein Vorbild wäre hier die G7, die jedes Jahr einen Gipfel einberuft, von Zeit zu Zeit Ministertreffen abhält und dann ein gemeinsames Kommuniqué veröffentlicht, in dem sie der Welt ihre gemeinsame Position darlegt. 

   

Wichtige Schaltstelle: Das Hauptgebäude der New Development Bank der BRICS in Shanghai (Foto: Xinhua)  

Um die politische Zusammenarbeit zwischen den BRICS-Mitgliedern zu stärken, sind meines Erachtens die folgenden Maßnahmen von entscheidender Bedeutung: 

Erstens muss die BRICS-Mitgliedschaft erweitert werden. Eine Hand kann bekanntlich mehr verrichten, als einzelne Finger. Eine Aufstockung der Mitgliederzahl ist daher unerlässlich. Berichten zufolge haben fast 20 Entwicklungsländer bereits ihr Beitrittsinteresse bekundet. Die Herausforderung für die aktuellen Mitglieder wird nun darin bestehen, eine Schwelle für die Aufnahme neuer Mitglieder festzulegen. Da sich die BRICS zunehmend zu einem politischen Block mausern, wäre wohl die politische Affinität zum Globalen Süden das wichtigste Kriterium für eine Aufnahme. 

Zweitens ist es wichtig, dass die BRICS mit einer Stimme sprechen. Zweifellos verfolgt jedes BRICS-Mitglied seine eigenen Bestrebungen und nationalen Interessen. Um den Erwartungen des Globalen Südens jedoch gerecht zu werden, müssten die alten und neuen Mitglieder Meinungsverschiedenheiten abbauen und ein Signal der Einheit aussenden. Zollt jedes Mitglied den anderen Respekt, kann die Idee einer Einheit in Vielfalt gelingen.  

Nicht zuletzt ist es vonnöten, sich dem negativen Einfluss der USA zu entziehen. Für die Vereinigten Staaten wäre die Entstehung einer Ländergruppe, die die Interessen des Globalen Südens vertritt, sicher keine Freundesnachricht, sondern würde als Herausforderung des Globalen Nordens verstanden. Unabhängig davon, ob Indien sich damit wohlfühlt, im Verhältnis zu China und den USA zweigleisig zu fahren, sprich sowohl Mitglied der BRICS als auch der QUAD zu sein, müssen sich die BRICS generell vor jedem Versuch der USA hüten, einen Keil zwischen Indien und andere BRICS-Mitglieder, insbesondere China, zu treiben. 

Kurzum: Die BRICS haben nun die Chance, auf Basis ihrer bisherigen, 17-jährigen Zusammenarbeit in eine neue Entwicklungsphase einzutreten, indem sie mehr Mitglieder aufnehmen und sich zu einem stärkeren Block entwickeln. Dieser Block sollte jedoch kein „Kaffeekränzchen“ sein, sondern ein echtes „Aktionsteam“, das mit einer Stimme für den Globalen Süden spricht. 

*Professor Jiang Shixue ist Senior Research Fellow der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften und lehrt zudem an der Universität Shanghai, der Fremdsprachenuniversität Sichuan und der Technischen Universität Macao. Seine Forschungsgebiete umfassen unter anderem chinesische Außenpolitik, Global Governance, Lateinamerika, Europa, die BRICS und die Schwellenländer.  

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