17-08-2012
Chinas Anspruch auf Seltene Erden
Chinas Anspruch auf Seltene Erden
von Lan Xinzhen

In dem Dorf Xinguang der Stadt Baotou der Inneren Mongolei wird Müll mit seltenen Erden direkt abgeworfen und die Umwelt wird schwer verschmutzt.

Die chinesische Regierung hat dabei immer betont, dass die Politik der Seltenen Erden allein dem Umweltschutz und einer nachhaltigen Entwicklung diene, nicht aber durch Handelsmanipulationen die heimische Industrie schützen wolle. Dennoch haben sich die USA, die EU und Japan am 13. März wegen Chinas Exportkontrollen für Seltene Erden mit einer Beschwerde an die Welthandelsorganisation (WTO) gewandt. Am 23. Juli fand in Genf eine Sitzung der WTO zur Beilegung der Streitigkeiten statt. Dabei wurde die erneute Forderung der USA, der EU und Japan nach einem Expertenteam zur Untersuchung, Überprüfung und Entscheidung über Chinas Exportkontrollen für Seltene Erden angenommen.

Gao Yunhu, ehemaliger stellvertretende Direktor der Abteilung für Rohstoffe beim Ministerium für Industrie und Informatik und stellvertretender Direktor des Amts für Seltene Erden, behauptet, dass der Druck aus den Industriestaaten das Ziel habe, weiterhin günstige Seltene Erden aus China importieren zu können.

Die USA haben eigene Vorkommen an Seltenen Erden, aber wegen hoher Produktionskosten und Umweltschäden schließen sie die meisten Minen. Die EU besitzt keine eigenen Vorkommen und hängt fast völlig vom Import aus China ab. Japan will die Rohstoffe günstig einkaufen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Das Trio ist also von Chinas Exportkontrollen abhängig.

Laut Statistik des MITT ist China der größte Produzent und Exporteur Seltener Erden. Chinas Vorkommen umfassen zwar nur einen Anteil von 36 Prozent am Weltvorkommen, decken aber 95 Prozent des Angebots auf dem Weltmarkt ab.

Wegen der steigenden internationalen Nachfrage haben illegaler Abbau, illegale Verarbeitung und der Schmuggel Seltener Erden stark zugenommen. Von 1990 bis 2005 stieg der Export um das Zehnfache, der Preis sank dagegen um 50 Prozent. China hat sich zum Ziel gesetzt, diese Probleme zu bewältigen. Nun aber haben die Industriestaaten bei der WTO eine Beschwerde über seine Exportbeschränkungen eingereicht.

Gao Yunhu betont, dass Chinas verstärkte Regulierung des Marktes der Seltenen Erden absolut mit den Regeln der WTO übereinstimme. China behandle heimische und ausländische Unternehmen gleich, der Preis werde vom Markt geregelt.

Ma Yu, Wissenschaftler an der Chinesischen Akademie für internationalen Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit beim Handelsministerium, erläutert, dass das Expertenteam unfairen Wettbewerb durch Handelsmanipulationen vermeiden wolle. Wenn China ausschließlich seine Exporte beschränken würde und chinesische Abnehmer andere Preise zahlen müssten als ausländische, würde dies eine Verzerrung des Handels darstellen. China habe aber Kontrollmaßnahmen in allen Bereichen, von Abbau, Produktion bis hin zum Export, eingeführt. Diese Maßnahmen beträfen Chinesen und Ausländer in gleichem Maße. Für die gleiche Ware gelte der gleiche Preis. Somit würden keine WTO-Regeln verletzt, Handelsverzerrungen fänden nicht statt.

China zeigt Verantwortung

Su Bo erklärte, China werde den Umwelt- und Ressourcenschutz verstärken und weiterhin dem Weltmarkt Seltene Erden anbieten. Aber China hoffe auch, dass andere Staaten mit entsprechenden Vorkommen ebenso die Verantwortung zur Versorgung des Marktes übernehmen würden.

China werde weiterhin ausländische Unternehmen ermutigen, in diesen Industriezweig zu investieren, so Su. Bis jetzt haben die USA, Deutschland, Frankreich, Kanada und Japan in China Investitionen getätigt und bislang 38 Joint-Ventures oder ganz im ausländischen Besitz befindliche Unternehmen gegründet.

„In einem nächsten Schritt wollen wir ausländische Unternehmen anspornen, in Umweltsanierung, Recycling und Wiederverwendung von Abfällen, die beim Abbau entstehen, sowie in die Produktion von Maschinen zu investieren. Damit könnte China seine Kompetenzen beim Schutz von Ressourcen und Umwelt verbessern", so Su.

Die zuständigen chinesischen Ministerien würden den internationalen Austausch weiter verstärken und dabei Chinas Standpunkt verdeutlichen, dass man im Reich der Mitte mit diesem kleinen Industriezweig keine wirtschaftlichen oder politischen Interessen verfolge, so Su. China werde die Zusammenarbeit mit anderen Staaten als Produzenten und Abnehmer Seltener Erden intensivieren, damit Umweltprobleme besser gelöst werden können und sich dieser Industriezweig nachhaltig entwickeln könne.

Nachdenken ist nötig

Song Hong, Direktor der Abteilung für Internationalen Handel bei der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften erklärt, ein Kritikpunkt der drei Industriestaaten sei, dass China beim Eintritt in die WTO nicht versprochen habe, Seltene Erden in die Liste der Produkte mit Exportbeschränkungen aufzunehmen. Damals habe China nur Exportzoll auf 84 Produkte erhoben, Seltene Erden gehörten zum eigenen Nachteil nicht dazu. Aber im Produktionsbereich gebe es tatsächlich schwerwiegende Umweltprobleme, das solle China der WTO klar machen.

Warum aber hat die Bewältigung der Umweltprobleme internationale Streitigkeiten verursacht?

„Die Wurzel des Problems mit den Seltenen Erden liegt im Produktionsbereich. Viele Jahre lang hat man diesen kleinen Industriezweig schlecht gemanagt. Das muss uns zum Nachdenken anregen", erklärt Tu Xinquan, stellvertretender Präsident des China Forschungsinstituts der WTO an der Universität für internationalen Handel und Wirtschaft.

Um eine grundlegende Kontrolle ausüben zu können, müsse man den Abbau Seltener Erden mit einem Konzept für die weitere Entwicklung des gesamten Industriezweigs koordinieren, erklärt Tu. Außerdem müsse man die Schwelle für den Erhalt von Abbaurechten strategischer Ressourcen, einschließlich Seltener Erden, erhöhen. Abbaurechte, die nicht den Regeln entsprechen, sollten widerrufen oder integriert werden. Wenn sich die Industriedichte erhöhen würde, könnten große Unternehmen bei fehlenden Kontrollen durch die Regierung wegen ihrer Überlegenheit am Markt in der Lage sein, Produktionsmenge und Preis zu kontrollieren.

Ähnliche Praktiken seien in anderen Staaten ganz üblich, wie etwa beim Eisenerzabbau in Brasilien und Australien. Beide Länder profitieren von einer hohen Industriedichte. Ihre Exporte hängen stark von Preiskontrollen ab, aber dafür werden sie nur selten von der WTO juristisch belangt.

 

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