09-12-2011
10 Jahre in der WTO
Chinas WTO-Beitritt: Für alle Seite ein Gewinn
von Zhang Zhiping

Zehn Jahre ist es her, dass China in die Welthandelsorganisation eingetreten ist. Seither hat sich viel verändert: Die Regierung hat die Märkte kontinuierlich geöffnet und ein attraktives Umfeld für Handel und Investitionen geschaffen. Auch Chinas Verbraucher spüren die Veränderungen: Vor allem das Angebot an ausländischen Produkten hat sich seit 2001 rasant vergrößert. Unstimmigkeiten gibt es allerdings noch immer, wenn es um die Anerkennung von Chinas Status als Marktwirtschaft geht.

 
Das hochrangige Forum zum zehnjährigen WTO-Beitritt Chinas hat am 11. Dezember in Beijing stattgefunden.
 

Was bedeutet Chinas WTO-Betritt für die chinesische Bevölkerung? Die politische Entscheidung schlägt sich auch sichtbar im Alltag der Verbraucher nieder – Chinas Markt ist internationaler geworden: Heute stellt sich in Sachen Autokauf nicht mehr nur die Frage nach dem „Ja" oder „Nein", sondern vielmehr – welche Marke und welches Modell darf es sein? Chinesische Verkaufsregale sind längst prall gefüllt mit einem reichen Sortiment an internationalen Produkten. Und nicht nur, dass es den Chinesen zunehmend möglich ist, immer mehr Länder der Welt zu bereisen, im Ausland können sie nebenbei gleich zusehen, wie fern der Heimat immer mehr Produkte „Made in China" über die Ladentische gehen. Dabei ist Chinas WTO-Beitritt, der sich in diesem Jahr zum zehnten Mal jährt, bei weitem mehr als das: Er ist von großer Bedeutung für China und die gesamte Weltgemeinschaft.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich China massiv verändert. Nicht nur was die Handelsbeziehungen mit anderen Ländern, sondern auch seine Rolle auf dem internationalen Parkett anbelangt. „Chinas Eintritt in die Welthandelsorganisation ist für alle Seiten ein Gewinn", erklärt Pascal Lamy, WTO-Generaldirektor.

Seit dem Beitritt 2001 hat China seine Versprechen gegenüber der WTO klar erfüllt: Zölle für Importwaren wurden schrittweise reduziert und zahlreiche nationale Gesetze überarbeitet, um sie an das WTO-Regelwerk für internationalen Handel und Wirtschaft anzupassen. Seit 2001 hat China jedes Jahr durchschnittlich Waren im Wert von 750 Milliarden Dollar, rund 560 Milliarden Euro, importiert und damit über 14 Millionen Arbeitsplätze für seine Handelspartner geschaffen. Im gleichen Zeitraum haben ausländische Unternehmen in China Gewinne in einer Gesamthöhe von 261,7 Milliarden Dollar eingefahren, umgerechnet rund 195,5 Milliarden Euro, mit jährlichen Wachstumsraten von durchschnittlich 30 Prozent.

Und auch für China hat sich der WTO-Beitritt gelohnt: Die vergangenen zehn Jahre sind für das Land zum wirtschaftlich fettesten Jahrzehnt seit Gründung der Volksrepublik geworden. China ist zu einer gigantischen Wirtschaftmacht aufgestiegen, dessen BIP von rund 11 Billionen Yuan (1,3 Billionen Euro) 2001 auf über 40 Billionen Yuan (4,7 Billionen Euro) 2010 geklettert ist. Damit rückte das Land in Sachen BIP weltweit vom sechsten auf den zweiten Platz vor.

Auch Chinas Frachthandel hat im gleichen Zeitraum deutlich zugelegt: Zwischen 2001 und 2010 schwoll er von 509,8 Milliarden Dollar (380,8 Milliarden Euro) auf gegenwärtig fast 3 Billionen Dollar (2,2 Billionen Euro) an. China ist damit heute nicht nur Exportweltmeister, sondern auch das zweitgrößte Importland der Welt.

Kontrovers diskutiert wird weiterhin die Frage von Chinas Status als Marktwirtschaft. Seit dem WTO-Beitritt hat China mit einer wachsenden Zahl von Handelsstreitigkeiten zu kämpfen, die Chinas Wirtschaft zusehends verunsichern. Bereits 16 Jahre in Folge, von 1995 bis 2010, ist China das Land, das sich weltweit den meisten Anti-Dumping-Untersuchungen stellen muss, fünf Jahre in Folge (2006-2010) sieht sich China weltweit mit den meisten Anti-Subventions-Untersuchungen konfrontiert.

Seit langem kämpft China international um die Anerkennung seines Status als freie Marktwirtschaft. Hierfür hat das Land seine marktorientierten Reformen energisch vorangetrieben; vor allem in Sektoren mit staatlichem Monopol. Die chinesische Regierung wirbt außerdem gezielt um private und ausländische Investoren, in Sektoren wie Erdöl, Luftfahrt, Schienenverkehr und Telekommunikation setzt sich die Regierung für eine Trennung von Produktmanagement und Unternehmensführung ein. Über 98 Prozent aller Preise werden mittlerweile vom Markt bestimmt. Zusätzlich hat China seinen Finanzsektor sowie das Zins- und Wechselkurssystem reformiert.

Und auch bei der Öffnung nach außen macht das Land kontinuierlich Fortschritte: Die Reformen im Außenwirtschaftssystem wurden intensiviert und das Handels- und Investitionsumfeld noch attraktiver gemacht. Zusätzlich hat die Regierung die Bestimmungen für den Außenhandel gelockert und die Handelszölle in großem Maße herabgesetzt. Darüber hinaus wurden Importquoten und -lizenzen sowie andere nicht-zolltarifgebundene Hürden abgeschafft. Auch auf dem Dienstleistungssektor, etwa im Bereich Banken, Handel und Telekommunikation, setzt die Regierung auf eine immer stärkere Öffnung nach außen. Außerdem wurde die Struktur der Im- und Exportwaren schrittweise optimiert, sowie die Nutzung auswärtigen Kapitals verbessert.

Um die Entwicklung des chinesischen Binnenmarktes zu fördern, hat die Regierung Unternehmen den Marktzugang erleichtert, seine Marktschranken kontinuierlich abgebaut sowie die Ordnung seiner Märkte standardisiert.

Bis heute haben bereits 97 der insgesamt 153 Mitglieder der Welthandelsorganisation Chinas Status als Marktwirtschaft anerkannt. Die wichtigsten Handelspartner des Landes aber – darunter die EU, die USA, Japan und Indien – zögern noch immer nachzuziehen. Und das, obwohl die Anerkennung des Status letztlich nur eine Frage der Zeit ist: Spätestens 2016, 15 Jahre nach Chinas WTO-Betritt, wird China international automatisch als Marktwirtschaft eingestuft werden, so sieht es die Regelung der WTO vor.

Eine frühere Anerkennung allerdings würde vor allem Chinas Exporteuren viele der derzeitigen Sorgen ersparen. Sie hätte letztlich für alle Seiten konkrete Vorteile und würde die Zusammenarbeit und Partnerschaft zwischen China und dem Ausland deutlich stärken.