27-09-2010
Bremens „Carsharing“ auf Shanghaier EXPO

Reinhard Loske

 

 

In der „Urban Best Practice Area (UBPA)" auf der Weltausstellung 2010 in Shanghai stellen die teilnehmenden Städte ihre nachhaltigen Lösungen für die großen und kleinen Probleme des Lebens in der modernen Stadt vor. Bremen stellt sich den drängenden Fragen des Straßenverkehrs durch eine Vernetzung von Öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) mit „Carsharing". Ist die Kombination von ÖPNV und Carsharing auch eine gangbare Lösung für die immer größer werdenden chinesischen Städte mit ihrer immer schlimmeren Verkehrssituation? 

Vom 7. bis 9. September fand am Bremen-Stand der EXPO die Tagung „Nachhaltige Städtische Mobilität" statt. Die Beijing Rundschau hat den Bremer Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa, Reinhard Loske, interviewt, der an der Tagung teilgenommen hat.

 

Wie funktioniert die Vernetzung von Carsharing mit dem ÖPNV  in Bremen?

ÖPNV und Carsharing ergänzen einander hervorragend. Bereits 1998 wurde in Bremen die Kombination von Jahresabonnement für Busse und Bahnen („Bremer Karte") und dem Carsharing Angebot („AutoCard") angeboten. Wer jeden Tag mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fährt und ein Auto dann nur gelegentlich braucht, kann Geld und Nerven sparen, wenn er Carsharing nutzt, statt ein eigenes Auto zu besitzen.

Es gibt auch gemeinsame Werbekampagnen – so fährt derzeit eine Straßenbahn durch Bremen mit dem großen Logo „jederzeit das richtige Fahrzeug" und zeigt, dass das Fahrrad, der ÖPNV und Carsharing zusammengehören. Die Straßenbahn zeigt auch das EXPO Motto „Better City – Better Life".

 

Sehen Sie den ÖPNV  als perfekte Alternative zum Besitz eines eigenen Fahrzeugs oder immer nur als Ergänzung?

Der ÖPNV ist das richtige Verkehrsmittel für Alltagswege in der Stadt. Genau wie das Fahrrad in Bremen. Aber manchmal braucht man ein Auto, z.B. weil man weiter weg will oder Dinge zu transportieren hat. Deshalb ergänzt Carsharing so gut den ÖPNV. Carsharing ermöglicht ja den Zugriff auf ein Auto – und ist damit eine Alternative zum Autobesitz.

 

Der Mineralölkonzern Shell hat sich nach zwei Jahren aus einem Pilotprojekt zum Carsharing in Deutschland zurückgezogen. Gibt es Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit von Carsharing?

Die bestehenden Carsharing Unternehmen in Deutschland und vielen anderen Ländern zeigen, dass Carsharing als marktgerechte Dienstleistung funktioniert. Es erfordert aber ein gutes Management und ein richtiges Verständnis der Kundenwünsche.

Das Bremer Carsharing Unternehmen cambio hat seit Jahren Wachstumsraten von etwa 20 Prozent  – und arbeitet ja in Joint Ventures auch mit anderen Organisationen erfolgreich zusammen.

Ich bin mir sicher, dass sich hier in den nächsten Jahren  noch ein großer Wachstumsmarkt international aufzeigen wird.

 

Das Auto als Statussymbol scheint in China eine noch größere Rolle zu spielen als in Deutschland. Welche Aussichten räumen Sie einer Übertragung des Konzeptes Carsharing in China ein?  

In Deutschland war das Auto lange das Statussymbol Nummer Eins. Das hat sich bereits verändert. Für die jungen Leute ist das i-phone das wichtigste Statussymbol geworden. Viele junge Leute finden es sogar peinlich, wenn man mit einem großen Auto in der Stadt herumfährt. Das wird zunehmend als etwas für ältere Leute angesehen. Hier ist ein deutlicher Wandel abzusehen. Es ist eher cool und trendy, mit dem Rad oder Carsharing unterwegs zu sein.

China erlebt derzeit den direkten Sprung in die i-phone-Generation.

Wenn es in den Städten keinen Platz mehr gibt, um noch mehr Autos unterzubringen, wird auch das Auto kein Statussymbol mehr sein – sondern eher eine Last. Da wird sich auch in China in den Großstädten in den nächsten Jahren sicher viel verändern – zumal auch Benzin und Diesel teurer werden.

 

Carsharing betrifft in erster Linie den Stadtraum, den Gebrauch von Fahrzeugen auf Kurzstrecken. Würde sich hier nicht der Einsatz von Elektroautomobilen anbieten? Gibt es bereits Erfahrungen im Einsatz von Elektromobilen im Rahmen von Carsharing?

Es gibt derzeit erst sehr wenige und sehr teure Elektroautos, die zudem nur relativ geringe Reichweiten haben. Zudem können konventionelle Autos mit Benzin- oder Dieselantrieb auch sofort wieder nach jeder Ausleihe vom nächsten Kunden genutzt werden, während Elektroautos erst wieder aufgeladen werden müssten. Das ist angesichts der Platzprobleme in der Stadt nicht immer praktisch.

Auf der anderen Seite ergänzt gerade Carsharing das Elektroauto, weil mir im Carsharing ja verschiedene Autotypen zur Verfügung stehen. Wer also z.B. ein eigenes Elektroauto hat, aber eine weite Strecke fahren muss, kann dann im Carsharing auf ein konventionelles Auto zurückgreifen, Dabei ist es gut zu wissen, dass alle Carsharing-Autos niedrige Emissionswerte haben – also auch vergleichsweise sauber sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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